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Dossier<br />
>>> Praxis oft, dass es mehrheitlich<br />
die Väter sind, die gerne mehr<br />
leisten möchten, aber nicht dürfen<br />
– weil man ihnen ihr Engagement<br />
rigoros abspricht oder sie brutal blockiert.<br />
Von den Müttern?<br />
Ja, oft. Die Väter werden aus Kränkung<br />
oder Eitelkeit seitens der<br />
Kindsmutter oft ausgeschlossen<br />
aus Prozessen, die wichtig wären<br />
für das Kind, nämlich insofern, als<br />
dass sich beide Elternteile damit<br />
befassen. Anstatt auf das Wohl des<br />
Kindes zu achten, bestrafen diese<br />
Mütter nach einer Trennung – für<br />
die es notabene immer zwei<br />
braucht! – lieber den Mann damit,<br />
dass er die Kinder nicht sehen darf<br />
und dass er kein Mitspracherecht<br />
kriegt. Das sind emotionale Folterspiele,<br />
die zu Lasten der Kinder<br />
ausgefochten werden.<br />
Bleiben wir bei den Fakten: Es ist doch<br />
nach wie vor Realität, dass nach einer<br />
Trennung an der Mutter viel mehr<br />
hängen bleibt als am Vater. Sie geht<br />
Teilzeit arbeiten, organisiert die<br />
Betreuung und den Alltag, während er<br />
ausschliesslich an den Wochenenden<br />
für die Kinder da ist.<br />
Genau da liegt die Krux. Denn dieses<br />
Bild ist in der Gesellschaft sehr stark<br />
verbreitet. Aber glauben Sie mir, es<br />
gibt sehr viele Väter in der Schweiz,<br />
die nicht einfach den «Zahl-Papi»<br />
mimen wollen und die sich gerne<br />
intensiver an der Kinderbetreuung<br />
beteiligen möchten. Leider wird<br />
ihnen genau das oft von der Mutter<br />
verweigert. Es ist genauso eine Realität,<br />
dass es immer noch Mütter gibt,<br />
die es darauf absehen, dass der<br />
Kindsvater in erster Linie Alimente<br />
bezahlt und sie ihn damit aus dem<br />
Alltag mit den Kindern erfolgreich<br />
entfernt haben.<br />
«Erfolgreich entfernt»? Das tönt nach<br />
Kriegsvokabular.<br />
Es ist ein harter Begriff, aber er trifft<br />
in vielen Fällen, die ich kenne, zu.<br />
Auch gewissenhaften Vätern, die<br />
sich nicht einfach aus der Verantwortung<br />
stehlen, wird unter dieser<br />
Prämisse das Leben sehr schwer<br />
gemacht. Darunter leiden viele Väter.<br />
Das führt so manchen in Depressionen<br />
und in Verlustängste, die er nur<br />
schwer bewältigen kann.<br />
Wen machen Sie dafür verantwortlich?<br />
Es sind die Behörden und die<br />
Gerichte, die nicht anerkennen, dass<br />
es sehr viele kooperative Väter gibt<br />
da draussen, die sich ihrer Aufgabe<br />
stellen und die das Feld nicht einfach<br />
der Mutter überlassen wollen. Leider<br />
würdigen viele Mütter nicht, dass es<br />
auch für ihren persönlichen Alltag<br />
ein Vorteil bedeuten kann, wenn sie<br />
einen engagierten Ex-Mann zur Seite<br />
haben. Sie priorisieren Autonomie<br />
gegenüber Entlastung. Wenn Eltern<br />
den Karren gemeinsam ziehen, ist<br />
das für alle Beteiligten eine Bereicherung.<br />
Insbesondere für die Kinder,<br />
die damit erfahren, dass Mami<br />
und Papi sich gemeinsam um ihre<br />
Anliegen kümmern. Das ist für die<br />
Entwicklung eines Kindes von grosser<br />
Bedeutung, weil es geprägt wird<br />
dadurch und sein Urvertrauen<br />
stärkt.<br />
Sie implizieren damit, dass die Gerichte<br />
und die Kinderschutzbehörden häufig<br />
falsch entscheiden und auf einem<br />
Auge blind sind, indem sie die Väter<br />
partout nicht einbeziehen wollen?<br />
Das ist leider so. Ich muss fairerweise<br />
aber auch sagen, dass sich langsam,<br />
aber stetig auch ein Paradigmenwechsel<br />
abzeichnet und dass es<br />
immer mehr Behörden gibt, die den<br />
Mut haben, ausgewogen zu entscheiden.<br />
Das ist ein Gewinn für unseren<br />
Verein und seine Anliegen.<br />
Seit Juli 2014 wird in der Schweiz die<br />
elterliche Verantwortung im Trennungsfall<br />
(ungeachtet, ob Scheidung<br />
oder Trennung) neu geregelt. Was bislang<br />
schriftlich beantragt werden<br />
musste, wird neu zum Regelfall, nämlich<br />
die gemeinsame elterliche Sorge<br />
für die gemeinsamen Kinder.<br />
Dafür haben wir hartnäckig gekämpft,<br />
und ja, es ist eine erfreuliche<br />
Entwicklung. Es stärkt die Situation<br />
der engagierten Väter. Aber der<br />
Schein soll nicht trügen, es gibt<br />
«Ich kenne viele Väter, denen<br />
nach einer Trennung<br />
verweigert wird, sich an der<br />
Kinderbetreuung zu beteiligen.»<br />
immer noch viel zu tun. Solange wir<br />
Richterinnen und Richter haben, die<br />
Väter und ihre Anliegen nicht gebührend<br />
berücksichtigen, müssen wir<br />
immer wieder intervenieren.<br />
Sind es denn in Ihrer Wahrnehmung<br />
vor allem die feministischen Richterinnen,<br />
die bei Scheidungsurteilen zu<br />
Lasten von Vätern entscheiden?<br />
Meine Antwort wird Sie vermutlich<br />
erstaunen, denn: nein. Es sind bei<br />
Weitem nicht nur die weiblichen<br />
Richterinnen, die zu Lasten von<br />
Vätern entscheiden, weil sie in erster<br />
Linie auf der Seite der Frau stehen.<br />
Viel öfters sind es konservative und<br />
verbohrte männliche Richter, die<br />
finden: Die Frau muss um jeden Preis<br />
die Kinder kriegen, der Vater kann<br />
gefälligst bezahlen. Dies hat vermutlich<br />
viel öfter mit der persönlichen<br />
Lebensrealität des jeweiligen Richters<br />
zu tun als mit derjenigen der<br />
Menschen, die vor dem Gericht stehen.<br />
Und das bedeutet für Sie?<br />
Dass wir weiterhin sehr viel Arbeit<br />
haben, denn es geht uns immer um<br />
die Sache. Bei Scheidungen geht es<br />
in erster Linie um das Wohlergehen<br />
der gemeinsamen Kinder. Gender-<br />
Gedanken oder der sogenannte<br />
«Geschlechterkampf» haben in diesen<br />
Situationen nichts verloren. Das<br />
verstehen wir unter elterlicher Verantwortung.<br />
>>><br />
28 SEPTEMBER <strong>2015</strong>