Ausstellung „Gebrannte Kunst. Künstlerische Keramik der polnischen Keramikakademie Breslau/Wroclaw“ Kunstverein Villa Streccius, Landau Künstlerische Keramik ist keine Selbstverständlichkeit innerhalb der Kunstszene – ganz im Gegenteil: zwar waren der Tontopf und der Becher eine der großartigsten Erfindungen der frühen Menschheit und die Geschichtswissenschaft hat sogar wie bei den „Glockenbecher“- oder „Bandkeramikern” ganze <strong>Kultur</strong>epochen nach den Schmuckelementen der Scherben benannt. Dennoch war damit bereits auch <strong>für</strong> Jahrtausende der Entwicklungsweg der Keramik vorgezeichnet: sie wurde zum dienenden, zweck gebundenen Handwerk, welches Töpfe, Vasen und Becher produzierte. Mit freier Kunst hatte dies höchstens insofern etwas zu tun, als die Keramik wie bei vielen antiken Vasen als Malfläche dienen konnte. Es sollte bis in unsere heutige Zeit dauern, dass sich die keramische Gestaltung von ihrer Dienerfunktion lösen und sich eine Ästhetik frei gestalteter künstlerischer Keramik entwickeln konnte – es ist bis heute eine seltene und anspruchsvolle Kunstgattung geblieben, bei der profunde chemische und technische Kenntnisse mit großem künstlerischen und handwerklichen Talent zusammen kommen müssen. Vor fast drei Jahren hatte der Landauer Kunstverein Villa Streccius begonnen, zu der einzigen „Fakultät <strong>für</strong> künstlerische Keramik und Glas” in ganz Polen, angesiedelt an der Breslauer bzw. Wroclawer Kunstakademie, Kontakte aufzubauen, um die besten Künstler des Faches zum 60. Jahr des Bestehens der Fakultät 2006 zu einer großen Ausstellung nach Landau zu laden. Zwar erwies sich die Organisationsarbeit zwischen Polen und Deutschland als wesentlich komplizierter als angenommen, nur durch die mittlerweile in der <strong>Pfalz</strong> ansässigen Breslauer Künstlerin Maryla Hampel war dies zu meistern. Doch dann war es soweit: vom 8.12.2006 - 21.1.2007 konnte der Landauer Kunstverein Villa Streccius in der Städtischen Galerie Werke von 17 der international renommiertesten Keramikkünstlerinnen und -künstler unseres Nachbarlandes ausstellen. Folgende Künstlerinnen und Künstler der Akademie waren beteiligt: Doz. Adam Abel, Krystina Cybinska, Doz. Dorota Cychowska, Grazyna Deryng, Wladyslaw Garnik, Ewa Granowska, Maryla Hampel, Doz. Maciej Kasperski, Prof. Przemyslaw Lasak, Prof. Irena Lipska-Zworska, Anna Malicka-Zamorska, Edyta Orlinska, Prof. Gabriel Palowski, Prof. Grazyna Plocica, Prof. Krzysztof Rozpondek, Doz. Bozena Sacharczuk, Anna Specylak-Skrzypecka. Dass der Ministerpräsident des Landes <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Kurt Beck, die Schirmherrschaft übernommen hatte, fand in Breslau große Sympathie und machte deutlich, dass hier ein ambitionierter grenzüberschreitender kultureller Brückenschlag realisiert wurde, was angesichts der aktuell eingetrübten politischen Beziehungen des EU-Landes Polen zu Deutschland als hoffnungsvolles Zukunftssignal verstanden wurde. Die Akademie hatte denn auch rückhaltlos die Ausstellung als bilaterales Kooperations- und Pilotprojekt bejaht und gewichtige eigene Leistungen erbracht. Begeisterung löste aus, dass es Frau Prof. Grazyna Plocica als Kuratorin der polnischen Seite trotz zeitlicher Engpässe noch gelungen war, einen brilliant gestalteten Hochglanzkatalog mit allen Künstlern der Ausstellung <strong>für</strong> Landau zu erstellen. Verblüffend die ästhetisch-konstruktive Vielfalt, die irritierenden Farbgestaltungen und die technische Raffinesse der Werke selbst, die von der komplexen abstrakten Form über phantastische Visionen bis zur lebensgroßen Körperplastik und symbolischen raumfüllenden Installation reichte. Und es wurde deutlich, wie kompliziert, langwierig und interdisziplinär das keramische Schaffen sein muss, wenn es höchsten künstlerischen Ansprüchen genügen soll. Nicht ohne Grund zählt zur 12-semestrigen Ausbildung der Akademie nicht nur Zeichnen, Malen, Bildhauerei, Mineralogie und Chemie, sondern sogar Literatur und Philosophie. 28
Blick in den Raum mit Arbeiten von Agata Zworska-Story (Vordergrund) und Irena Lipska-Zworska (Hintergrund) 29 Kreuzinstallation von Grazyna Deryng (Kreuz) und Anna Malicka-Zamorska (Wölfe)