Dokumentation - Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe
Dokumentation - Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe
Dokumentation - Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Projektkoordination zum Aufbau eines sozialen<br />
Frühwarnsystems eine Anschubfinanzierung<br />
gewährt.<br />
Die Landesförderung richtete sich dabei<br />
nach der Anzahl der Kinder (bis einschließlich<br />
sechs Jahre), die in der jeweiligen<br />
Kommune leben. Für die 61<br />
Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf<br />
gab es 2.000 Euro extra.<br />
J Zusätzlich zum Handlungskonzept für einen<br />
wirksamen Kinderschutz fördert das<br />
Land das Modellprojekt „Risikomanagement“.<br />
Den Jugendämtern kommt in diesem<br />
Projekt eine Schlüsselposition zu. Im<br />
Mittelpunkt dieses Modellprojekts steht<br />
die handelnde Fachkraft vor Ort, die,<br />
wenn sie einen Fall von Vernachlässigung<br />
oder Verwahrlosung erkennt, schnell handeln<br />
muss.<br />
Ich sehe auch, dass die Jugendämter<br />
teilweise mehr Personal brauchen, auch<br />
wenn das für die Kommunen nicht immer<br />
einfach zu schultern ist.<br />
Doch auch bei besserer Ausstattung können<br />
die Behörden die Aufgabe nicht alleine<br />
bewältigen. Wir sind auf die Hilfe aller<br />
Bürger angewiesen. Ich betone: Wer dem<br />
Jugendamt einen Tipp gibt, ist weder<br />
Spitzel noch Denunziant! Wir brauchen<br />
die Unterstützung von aufmerksamen<br />
Nachbarn und Bürgern, wir brauchen vorbeugende<br />
Einzelprojekte, Gründung von<br />
tragfähigen Netzwerken, Hinzuziehung<br />
von Trägern der Kinder- und Jugendhilfe,<br />
des öffentlichen Gesundheitsdienstes<br />
und in Extremfällen auch die Herausnahme<br />
des Kindes aus der Familie.<br />
Dazu müssen die Fachkräfte gut geschult<br />
sein und möglichst viele Beratungsansätze<br />
kennen und anwenden können.<br />
Deshalb haben wir im vergangenen Jahr<br />
gemeinsam mit den Landesjugendämtern<br />
eine Workshop-Reihe für das Risikomanagement<br />
initiiert mit dem Ziel, eine praxisorientierte<br />
Handreichung zu erstellen.<br />
Eine Veröffentlichung ist geplant.<br />
J Ein wichtiges Instrument der Früherkennung<br />
und Hilfe sind auch die Familienzentren.<br />
Deutlich wird das, wenn man sich<br />
die Angebote der bislang fast 1.000 Familienzentren<br />
anschaut: Beinahe alle Fa-<br />
milienzentren (78 Prozent) halten ein niedrigschwelliges<br />
Angebot der Beratung und<br />
Unterstützung von Kindern und Familien<br />
vor. Weitere wichtige Angebote der Familienzentren<br />
sind die Familienbildung und<br />
Angebote der Erziehungspartnerschaft,<br />
Unterstützung bei der Suche nach einer<br />
qualifizierten Kindertagespflege und damit<br />
die Erleichterung bei der Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Familie.<br />
Beinahe 88 Prozent der Familienzentren<br />
richten ihre Angebote nach dem be-sonderen<br />
Bedarf des Umfeldes aus. Fast alle<br />
(95 Prozent) kooperieren mit lokalen Partnern<br />
und sorgen dafür, dass die Angebote<br />
des Familienzentrums bekannt sind.<br />
Früherkennungsuntersuchungen<br />
Eine Frage wird immer wieder sehr kontrovers<br />
diskutiert: Sollen Früherkennungsuntersuchungen<br />
für Kinder zur gesetzlichen<br />
Pflicht gemacht werden? Einige Bundesländer<br />
wie Bayern, Saarland, <strong>Rheinland</strong>-<br />
Pfalz sind diesen Weg gegangen. Ich habe<br />
an der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme<br />
meine Zweifel. Gesetzlich verpflichtende<br />
Früherkennungsuntersuchungen sind<br />
sehr aufwendig und nutzen wenig, wenn es<br />
darum geht, Gewalt gegen Kinder zu verhindern.<br />
Die bisher bekannten Fälle wären<br />
durch eine gesetzliche Verpflichtung<br />
der Eltern nicht zu verhindern gewesen.<br />
Eine Teilnahmeverpflichtung wäre schwer<br />
zu überwachen, und es stellt sich auch die<br />
Frage nach Sanktionen bei einer Nichtteilnahme.<br />
Die Kürzung oder der Entzug von Kindergeld<br />
ist für mich – auch wenn verfassungsrechtliche<br />
Bedenken überwunden werden<br />
könnten – keine Option. Deshalb haben<br />
wir in Nordrhein-<strong>Westfalen</strong> einen anderen<br />
Weg eingeschlagen und eine Meldepflicht<br />
für Ärztinnen und Ärzte beschlossen,<br />
die Früherkennungsuntersuchungen<br />
bei Kindern durchführen. Das heißt, dass<br />
diejenigen Eltern den Kommunen gemeldet<br />
werden müssen, deren Kinder trotz Erinnerung<br />
nicht an einer Früherkennungsuntersuchung<br />
teilnehmen. Ich weiß, dass damit<br />
praktische Probleme, z. B. datenschutzrechtlicher<br />
Art, verbunden sind. Aber diese<br />
Probleme müssen und können überwunden<br />
werden.<br />
Eröffnung J Armin Laschet<br />
„Gesetzlich verpflichtendeFrüherkennungsuntersuchungen<br />
sind<br />
sehr aufwendig und<br />
nutzen wenig, wenn<br />
es darum geht, Gewalt<br />
gegen Kinder zu<br />
verhindern.“<br />
9