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Dokumentation - Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe

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Zum Inhalt der Erörterungen in Kinderschutzfällen<br />

schreibt § 50 f Abs. 1 FGG-E<br />

vor: „In Verfahren nach den §§ 1666, 1666a<br />

BGB soll das Gericht mit den Eltern und in<br />

geeigneten Fällen auch mit dem Kind erörtern,<br />

wie einer möglichen Gefährdung des<br />

Kindeswohls begegnet werden kann, insbesondere<br />

durch öffentliche Hilfen, und<br />

welche Folgen die Nichtannahme notwendiger<br />

Hilfen haben kann. Das Gericht soll<br />

das Jugendamt zu dem Termin laden.“<br />

Die Frage der Vertretung des Kindes durch<br />

einen eigenen Beistand (Verfahrenspfleger)<br />

ist im Rahmen des § 50 FGG in jeder Lage<br />

des Verfahrens zu überprüfen und ggf.<br />

vom Gericht anzuordnen.<br />

Mit den angeführten Vorschriften wird die<br />

herausragende Bedeutung eines effektiven<br />

Kinderschutzes unterstrichen. Es fragt<br />

sich jedoch, ob allein mit diesen Vorgaben<br />

des Gesetzes im Einzelfall hinreichend<br />

gewährleistet ist, dass das Kind und seine<br />

konkrete Bedürftigkeit auch tatsächlich<br />

im familiengerichtlichen Verfahren stets im<br />

Mittelpunkt stehen.<br />

2. Die Situation und personelle Ausstattung<br />

der Familiengerichte<br />

Mit den genannten Vorschriften sind die<br />

Handlungsanweisungen für einen effektiveren<br />

Kinderschutz verfeinert worden, bzw.<br />

befinden sich entsprechende Vorgaben in<br />

Vorbereitung.<br />

Was bisher allerdings nicht verbessert wurde,<br />

ist die Situation der Familienrichter.<br />

2.1. Die Ausbildung<br />

Der Jurist – und dies gilt auch für alle FamilienrichterInnen<br />

– hat in seiner Ausbildung<br />

gelernt, in der Vergangenheit liegende abgeschlossene<br />

Sachverhalte (Retrospektive)<br />

mit den Mitteln des Beweisrechtes aufzuklären,<br />

diese dabei durchgängig auf das<br />

rechtlich Beachtliche zu reduzieren (Selektion)<br />

und Streitfragen der Bewertung mit<br />

statischer Wirkung (Statik) zu entscheiden.<br />

Über Entwicklungsverläufe, Belastbarkeit<br />

von und Risikofaktoren bei Kindern aus<br />

psychologischer Sicht ist er zielgerichtet<br />

ebenso wenig geschult, wie darin ausge-<br />

Forum 4 J „Kindesschutz vor Gericht“<br />

bildet, zukünftige Entwicklungen bei Kindern<br />

unter den jeweils vorhandenen oder<br />

möglichen Rahmenbedingungen entsprechend<br />

vorauszusehen (Prospektive), dabei<br />

gewissermaßen mit den Augen des Kindes<br />

alle dafür bedeutsamen Faktoren aufzunehmen<br />

(Ganzheitliche Betrachtung) und<br />

Maßnahmen so zu treffen, dass einer freien<br />

Entwicklung der Persönlichkeit des Kindes<br />

unter der eigenen Verantwortung der Eltern<br />

soweit wie möglich Raum gegeben wird.<br />

Das danach anzustrebende Ziel: Eine richterliche<br />

eingreifende Entscheidung ist überflüssig<br />

geworden. Das Verfahren ist ohne<br />

förmlichen Abschluss beendet. Die Entwicklung<br />

bleibt dynamisch offen.<br />

Eine gezielte pädagogische Ausbildung zur<br />

Kontaktaufnahme und Gesprächsführung<br />

mit Kindern entsprechend ihrer jeweiligen<br />

Befindlichkeit und Bedürftigkeit ist ihm<br />

ebenso wenig zu Teil geworden wie eine<br />

solche zur Befriedung von strittigen Elternteilen<br />

oder Eltern-Pflegeelternsystemen.<br />

2.2. Das Übergewicht der Konflikte von<br />

Erwachsenen gegeneinander<br />

Der Familienrichter ist überfrachtet mit<br />

Streitigkeiten von Erwachsenen, denen es<br />

um die eigene materielle Zukunftssicherung<br />

unter Ausgrenzung des – noch – Partners/<br />

Ehemannes/Ehefrau geht. In diesem Rahmen<br />

ist das Kind in der Gefahr, für die streitenden<br />

Erwachsenen eher zum Mittel der<br />

Durchsetzung sonst nicht begründbarer<br />

Ansprüche zu werden. In diesem Zusammenhang<br />

erschwert die Gruppendynamik<br />

den richterlichen Blick auf das Kind und<br />

seine Bedürftigkeit zusätzlich.<br />

Dem Richter als Einzelperson stehen z.<br />

B. im Scheidungsgeschehen bis zu 4 negativ<br />

geeinte Personen gegenüber, deren<br />

Ziel eben in erster Linie das eigene Individualinteresse<br />

und nicht die Sicherung des<br />

Kindeswohls ist. Mindestens 80 % seiner<br />

Arbeitskraft dürften von Auseinandersetzungen<br />

zwischen Erwachsenen in Anspruch<br />

genommen werden.<br />

2.3 Die fehlende Verbindung zwischen<br />

familien- und jugendgerichtlichen<br />

Fragestellungen<br />

Der Familienrichter wird nicht „mit den Folgen<br />

eigenen Handelns“ konfrontiert. Wenn<br />

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