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Dokumentation - Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe

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die Kriminologen längst herausgefunden<br />

haben, dass etwa ¾ aller Fälle von Kinder-<br />

und Jugenddelinquenz von einem broken-home-milieu<br />

in der früheren Kindheit<br />

des Täters gekennzeichnet sind, so bleibt<br />

diese Konsequenz unterbliebener Kinderschutzmaßnahmen<br />

ihm in der Regel verborgen,<br />

da es eine Personalunion zwischen<br />

Jugend- und Familiengericht in der Regel<br />

nicht gibt. Er erfährt ja – entgegen den<br />

MISTRA – häufig nicht einmal, wenn Anklagen<br />

gegen Jugendliche erhoben werden.<br />

2.4 Die Folge<br />

Der Zufall des Anfangsbuchstabens des<br />

Familiennamens entscheidet aus meiner<br />

Sicht darüber,<br />

J ob das jeweilige Familiengericht sich auf<br />

die konkrete Situation eines Kindes einstellt,<br />

J ob das Kind als ein den Erwachsenen<br />

gleichwertiges Rechtssubjekt behandelt<br />

wird,<br />

J ob Hinweise auf Gefährdungslagen in jeder<br />

denkbaren Form auch von Amts wegen<br />

aufgegriffen und zum Anlass aktiven<br />

richterlichen Handelns genommen werden,<br />

J ob das familiengerichtliche Verfahren an<br />

dem Ziel ausgerichtet ist, die konkrete<br />

Kindsituation unterstützend zu verbessern,<br />

bevor eingegriffen wird oder ob das<br />

Heil von vornherein in einer möglichst raschen<br />

statisch wirkenden und Rechte und<br />

Verantwortlichkeiten konkret beschneidenden<br />

Entscheidung gesucht wird.<br />

3. Die Steuerungsfunktion der<br />

Jugendhilfe<br />

Bei der Suche nach Verbesserung des Kinderschutzes<br />

ergibt sich zwingend die Forderung<br />

nach einem „Schulterschluss“ der<br />

beteiligten Professionen. Der Richter hat<br />

die Macht, im Krisenfall alle für das betroffene<br />

Kind Verantwortlichen an einen Tisch<br />

zu holen.<br />

Eine Verhandlungsführung mit dem durchgängigen<br />

Anspruch, soviel Sicherung der<br />

gesunden Kindesentwicklung wie möglich<br />

bei so wenig Eingriff wie tatsächlich zum<br />

Kinderschutz nötig, ist von ihm jedoch nur<br />

zu erwarten, wenn<br />

J ihm Hinweise für die Notwendigkeit eines<br />

konkreten Verfahrens in einer Form<br />

übermittelt werden, die einerseits von ihm<br />

verstanden wird, andererseits außergerichtlich<br />

wichtige Jugendhilfeleistungen<br />

nicht torpediert. Hier wird es darum gehen<br />

müssen, neben der öffentlichen Jugendhilfe<br />

die weiteren Institutionen, die<br />

mit Kindern zu tun haben, also insbesondere<br />

die Erzieher und Lehrer, als Alarmgeber<br />

zu aktivieren.<br />

J Anregungen zur Einrichtung einer Verfahrenspflegschaft<br />

zugleich mit den ersten<br />

Hinweisen gegeben und, soweit diese<br />

von der öffentlichen oder freien Jugendhilfe<br />

kommen, geeignet erscheinende Verfahrenspfleger<br />

benannt werden. Bereits<br />

im ersten Termin von Seiten der Jugendhilfe<br />

darauf aufbauend und die persönlichen<br />

Eindrücke der Anhörung der Eltern<br />

oder Beteiligten aufgreifend Hypothesen<br />

für Gefährdungsverläufe konkret dargestellt<br />

werden, wobei das Augenmerk neben<br />

den leichter darzustellenden körperlichen<br />

und geistigen besonders den<br />

seelischen Gefährdungslagen zugewandt<br />

werden sollte.<br />

J In jeder Lage des Verfahrens Anregungen<br />

zur Eröffnung weiterer Verfahren gegeben<br />

werden (z. B. bei Umgangsstreitigkeiten<br />

bzw. die Frage der elterlichen Sorge thematisiert<br />

wird, bzw. umgekehrt im Sorgeverfahren<br />

angeregt wird, ein besonderes<br />

Umgangsverfahren von Amts wegen zu<br />

eröffnen).<br />

J Angebote weiterführender und das Verfahren<br />

eventuell erledigende Jugendhilfeleistungen<br />

den Eltern oder sonstigen<br />

Beteiligten in jeder Lage des Verfahrens<br />

unterbreitet werden. In diesem Fall sollten<br />

dem Gericht Hinweise und Anregungen<br />

für die Zeitdauer einer Verfahrensunterbrechung<br />

und sichernder einstweiliger<br />

Anordnungen gegeben werden.<br />

J Hinweise auf Möglichkeit, Sinnhaftigkeit,<br />

Ort und Setting einer nicht schädigenden<br />

Einbeziehung des Kindes durch richterliche<br />

Anhörung in Kooperation mit dem<br />

Verfahrenspfleger gegeben werden.<br />

J Bei Eintritt in Stufe 4: Verdeutlichung der<br />

Folgen kindesschädlichen Verhaltens aus<br />

sozialwissenschaftlicher wie aus strafrechtlicher<br />

Sicht (§ 171 StGB u. a.).<br />

J Benennung geeigneter Sachverständiger<br />

sowie Anregung zielführender, nach Möglichkeit<br />

lösungsorientierter Auftragsformen.

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