Gedenkstättenführer - Landeszentrale für politische Bildung ...
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des Nationalsozialismus aussagen, die Nähe von Moderne und Barbarei<br />
deutlich machen. 8 Hier können drängende Fragen nach der gesellschaftlichen<br />
Akzeptanz der NS-Herrschaft, nach der Wirkung von Integrationsangeboten<br />
und Propaganda, nach dem Ausmaß der antisemitischen<br />
und rassistischen Einstellungen unter der deutschen Bevölkerung sowie<br />
nach der Beteiligung von alten und neuen Eliten an den Verbrechen gestellt<br />
werden. In Mecklenburg-Vorpommern sind drei Orte von bundesdeutscher<br />
Bedeutung:<br />
1. Peenemünde wurde als Standort der Heeresversuchsanstalt zwischen<br />
1936 und 1945 ausgebaut. In diesem größten Waffenentwicklungsprojekt<br />
der Nationalsozialisten arbeiteten tausende von Wissenschaftlern,<br />
Technikern, deutsche und ausländische Arbeitskräfte sowie KZ-Häftlinge<br />
an der Entwicklung einer Flüssigkeitsrakete, deren erster erfolgreicher<br />
Start in Peenemünde auf dem August 1942 datiert. Nach dem britischen<br />
Luftangriff vom August 1943 verlagerte die NS-Führung die Herstellung<br />
der V 2-Raketen in den Kohnstein bei Nordhausen, wo unter unvorstellbar<br />
grausamen Bedingungen KZ-Häftlinge Produktionsstollen in den<br />
Berg trieben und einrichteten. Unter Anleitung deutscher Ingenieure<br />
und Arbeiter produzierten KZ-Häftlinge seit 1944 im sogenannten Mittelwerk<br />
die V 2-Raketen. Peenemünde steht also nicht nur <strong>für</strong> den Missbrauch<br />
von Wissenschaft und Technik <strong>für</strong> verbrecherische Ziele, sondern<br />
auch <strong>für</strong> das Sterben und Leiden der Zwangsarbeiter in Peenemünde,<br />
wo ausländische Arbeitskräfte und KZ-Häftlinge in mehreren Lagern zusammengepfercht<br />
waren. 9<br />
2. Auf der Insel Rügen plante die DAF-Unterorganisation „Kraft durch Freude“<br />
ein gigantomanisches Seebad <strong>für</strong> 20.000 Gäste. Zwischen 1936 und<br />
dem Kriegsbeginn entstand eine fünf Kilometer lange Anlage nördlich von<br />
Binz, in der sich deutsche Arbeiter vom „Arbeitskampf“ erholen und ihre<br />
Nerven <strong>für</strong> den Krieg stabilisieren sollten. Diese Gebäudezeile verkörpert<br />
einen Schnittpunkt zwischen moderner Architektur, Massentourismus<br />
9<br />
8 Reichel, Peter, Ein gemeinsames Dach <strong>für</strong><br />
Peenemünde, Prora und Alt Rehse, in: Ausstellungszeitung<br />
„Nicht nur Prora…“ Erinnerungsorte<br />
Mare Balticum: Alt Rehse-Prora-<br />
Peenemünde, hrg. vom Prora Zentrum e. V.,<br />
Prora 2003.<br />
9 Erichsen, Johannes/Hoppe, Bernhard M. (Hrg.),<br />
Peenemünde. Mythos und Geschichte der<br />
Rakete 1923-1989, Berlin 2004. Zwangsarbeit