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blut3

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Dämmerungschor in den Eschen und Platanen aufeinander<br />

einstimmte. Und damit war die Sache im Grunde genommen<br />

erledigt. Nur daß es jetzt erst richtig losging.<br />

Ronnies Körper wurde tagsdarauf von einem Jogger gefunden,<br />

der vor sieben auf den Beinen war. Innerhalb der gut vierundzwanzig<br />

Stunden zwischen der Deponierung und der Auffindung<br />

war die Leiche bereits in Verfall übergegangen.<br />

Aber der Pathologe hatte schon weit, weit Schlimmeres gesehen.<br />

Leidenschaftslos sah er zu, wie die zwei Anatomiegehilfen<br />

den Körper entkleideten, die Kleider zusammenlegten und sie<br />

in mit Etiketten versehenen Plastikbeuteln verstauten. Geduldig<br />

und aufmerksam wartete er, während die Frau des Verschiedenen<br />

in sein widerhallendes Reich geleitet wurde, aschfahl<br />

im Gesicht, die Augen bis zum Platzen verschwollen von<br />

zu vielen Tränen. Ohne Liebe schaute sie auf ihren Mann<br />

hinunter und bestaunte durchaus unerschrocken die Wunden<br />

und Folterspuren. Für den Pathologen war dieses letzte Zusammentreffen<br />

zwischen Pornozar und ungerührter Gattin nur das<br />

Schlußkapitel einer ganzen Ge schichte. Die lieblose Ehe der<br />

beiden, die Auseinandersetzungen wegen seines verachtenswerten<br />

Lebenswandels, die Verzweiflung der Frau, seine brutale<br />

Herzlosigkeit, und nun: ihre Erleichterung, daß die Tortur<br />

endgültig vorbei war und ihr die Freiheit gegeben wurde, ein<br />

neues Leben zu beginnen, ohne ihn. Der Pathologe notierte<br />

sich im Kopf, die Adresse der charmanten Witwe nachzuschlagen.<br />

Sie war hinreißend in ihrer Gleichgültigkeit gegenüber all<br />

den Verstümmelungen; das Wasser lief ihm im Mund zusammen,<br />

wenn er über sie nachdachte.<br />

Ronnie wußte, daß Bernadette gekommen und gegangen war;<br />

auch die anderen Gesichter konnte er wahrnehmen, die in die<br />

Leichenhalle hereinplatzten, bloß um sich den daliegenden<br />

Pornozaren zu begucken. Noch im Tode war er ein Gegenstand<br />

der Faszination. Und ein Horror war es, den er nicht vorausgesehen<br />

hatte: in seinen kühlen Gehirnwindungen herumzu-

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