Jahrbuch 2006/2007, Teil 1 - Westdeutsches Tumorzentrum Essen
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gedanklich in gelassener Einwilligung vom „Hier-und-Jetzt“ abzulösen verstehen. Im antizipatorischen<br />
Trauern, entsteht also eine gewisse Immunisierung, eine Vorbereitung auf<br />
überwältigendere Trauerreaktionen, die uns in der Zukunft noch bedrohen werden, weil wir<br />
sie kognitiv schon einmal bewältigt haben. Die vorauseilenden Phantasien um das eigene<br />
Trauern sind eine psychohygienische Quelle für die emotionale Kompetenz derer, die<br />
Sterbebegleitung leisten müssen – im täglichen Umgang mit dem Tod anderer.<br />
Letzte Bedürfnisse Sterbender: Bei Schwerkranken besteht der Wunsch nach körperlicher<br />
Unversehrtheit und nach höchstmöglicher verbleibender Lebensqualität. Schmerzlinderung<br />
ist ein dominierendes Motiv Sterbender. Dem Schutz vor einer Verletzung von Integrität und<br />
Intimität dient die Bewahrung von Würde, wenn Kranke körperliche Beeinträchtigungen<br />
oder Entstellungen erleiden. Dem Sterbenskranken darf die Selbstachtung nicht abhanden<br />
kommen. Sterbende brauchen den Erhalt oder die Stärkung ihres bedrohten Selbstwertgefühls<br />
vor dem Hintergrund der Krise. Im Sterbeprozess sind Körperkontakt oder symbolische<br />
Formen von Nähe hilfreich, die vermitteln, dass also nicht alleine gestorben werden<br />
muss. Zentral ist das Bedürfnis, letzte Dinge zu erledigen: ein Testament, ein letztes<br />
Fortwirken, ein symbolisches Festhalten, ein Stück Abschied. Ein persönliches Bekenntnis<br />
kann eine wichtige Voraussetzung für das Loslassen schaffen. Trotz eines erkennbaren<br />
nahen Todes ist das Bestehenlassen von Hoffnung bzw. wenigstens die Begrenzung von<br />
Hoffnungslosigkeit ausschlaggebend.<br />
(veröffentlicht im<br />
„Public Health Forum“ Heft 43/ 2004<br />
bei Elsevier GmbH,<br />
Urban & Fischer Verlag, München)<br />
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