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18 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 97 · 2 7./28. April 2019<br />
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Schönes Wochenende<br />
WEINKUNDE<br />
FUNDSTÜCKE<br />
VonKisten Herrmann<br />
Haben Sie auchetwas Neues in derStadtentdeckt?<br />
Bitte schreiben Sie uns an: berlin.fundstuecke@dumont.de<br />
VonRomana Echensperger<br />
IMAGO IMAGES/PANTHERMEDIA<br />
MARKTHALLE NEUN<br />
Der aus<br />
der Kältekam<br />
Zwischen Weimar und Leipzig liegt das national eher wenig<br />
bekannte Weinbaugebiet Saale-Unstrut. Dass den Weinfreunden<br />
diese Weine wenig geläufig sind, mag viele Gründe<br />
haben. Mitder Qualität kann es jedenfalls nichts zu tun haben.<br />
Dieist nämlich außerordentlich gut.<br />
DasGebiet liegt auf dem 51. Breitengrad, für Weinbau also<br />
sehr nördlich. Dass hier Reben gedeihen, liegt an dem besonderen<br />
Klima, das an den Flussläufen vonSaale und Unstrut<br />
entstanden ist. Weinbau wirdhier schon seit mehr als 1000<br />
Jahren betrieben.<br />
DieWinzervereinigung Freyburg-Unstrut bewirtschaftet<br />
hier seit 85 Jahren mit 400 Hektar Rebfläche circa die Hälfte der<br />
Weinberge.Der Betrieb hat als einer der wenigen die Wende<br />
überstanden und ist mit seiner Innovationsfreudigkeit zum<br />
Taktgeber der Region geworden. Hier gibt man sich nicht mehr<br />
mit nur soliden Qualitäten zufrieden, die als lokale Spezialität<br />
schon irgendwie an Touristen verkauft werden können. Das<br />
junge Team um die Kellermeisterin Kathleen Rombergund<br />
den Exportleiter SandroSperkverfolgen zusammen mit den<br />
Genossenschaftsmitgliedernein striktes Qualitätsmanagement.<br />
DieTrauben werden kunstvoll im hochmodernen Keller<br />
verarbeitet und ausgebaut. Doch damit nicht genug.<br />
Zusammen mit anderen Weingüternder Region hat man<br />
sich für die Vermarktung zusammengeschlossen. „Vieles<br />
steckt hier noch in den Kinderschuhen, aber man merkt richtig,<br />
wie die Winzer Bock haben, etwas zu verändern“,<br />
schwärmt SandroSperk. Manversucht mit einer gemeinsamen<br />
Qualitätsoffensiveund Strategie,die Region nach vorne<br />
zu bringen. Aufdie Frage,welche Rebsorten für Saale-Unstrut<br />
stehen, ist die Antworteindeutig: „Wir sind wirklich ein ,cool<br />
climate‘. Deshalbsindesweiße Rebsorten“, erklärtSandro<br />
Sperk.„Inder Spitzekönnen wir uns mitWeißburgunder profilieren.<br />
Derpasst super zu unseren Muschelkalkböden und behält<br />
bei uns die Säurespannung“, sagt er.„AlslokaleSpezialität<br />
schmeckt auch der Müller-Thurgau. Diefrüh reifende Sorte<br />
bekommt in dem kühlen Klima eine ganz besondereIntensität<br />
und Frische.“ Da kann man nur zustimmen.<br />
Dieser Weißwein zeigt eine hellgelbe,brillante Farbe.Im<br />
Glas kommt ein besonders feiner Duft zumVorschein, mit Aromen<br />
vonBirne,Aprikosen, Muskat undWiesenkräutern. Der<br />
Wein ist trocken, mit zwölf Prozent Alkohol angenehm leicht,<br />
und die frische Säureunterstreicht den verspielten Charakter.<br />
Es ist ein filigraner,ausgesprochen duftiger Müller-Thurgau,<br />
der Spargelgerichte begleiten kann oder als kühler Sommerwein<br />
überzeugt. Eine echte Spezialität.<br />
2017 Müller-Thurgau WinzervereinigungFreyburg-Unstrut, Saale-Unstrut.<br />
Für 5,50 Euro zu kaufen unter winzervereinigung-freyburg.de<br />
Sushi-Festival<br />
Aus Liebe zum<br />
rohen Fisch<br />
Klebriger Reis und kalter Fisch, eingewickelt in Algen oder<br />
einfach nur aneinandergepresst –was für Unerfahrene befremdlich<br />
klingen mag, lässt Sushi-Liebhabern das Wasser im<br />
Munde zusammenlaufen. Genau diese Freunde des rohen<br />
Fischgenusses kommen am Sonntag auf dem dritten <strong>Berliner</strong><br />
Sushi-Festival auf ihre Kosten. Neben den klassischen mundgerechten<br />
Happen, den Makis und Nigiris, werden an den<br />
zahlreichen Ständen im Kreuzberger Club und Biergarten Birgit&Bier<br />
weitereasiatische,insbesonderejapanische Spezialitäten<br />
und ausgefallene –auch vegane und vegetarische –Kreationen<br />
angeboten. Obwohl man sich meines Erachtens an<br />
Sushi gar nicht überfressen kann, verspricht der Veranstalter<br />
viele Probierportiönchen, sodass Besucher möglichst von allem<br />
etwas testen können. Untermalt wirddas Ganzevon traditioneller<br />
japanischer Musik und den Sets japanischer DJs.<br />
Sushi-Festival im Birgit&Bier Schleusenufer3,Kreuzberg. Sonntag<br />
12–21 Uhr,Eintritt 4Euro, Kinder bis 12 Jahre frei<br />
Café<br />
Einen Kaktus zum<br />
Kaffee, bitte!<br />
ObBücher und Bagel oder Weinladen mit Fahrschule,Berlin<br />
ist voll von teils verrückten Geschäftskombinationen<br />
und mit dem The Greens um ein interessantes Konzept reicher.Denn<br />
das Café in der Alten Münzebietet nicht nur Latte,<br />
Kuchen und einen Mittagstisch. Dergemütliche Laden ist voller<br />
Pflanzen, und viele davon können auch direkt dortgekauft<br />
werden. Etwa 50 verschiedene Kakteen, Sukkulenten und andere<br />
Zimmergewächse können Cafébesucher hier erstehen.<br />
DerKlassiker auf der Karte: ein Kaffee und einen Kaktus dazu.<br />
DasSpeisenangebot ist saisonal und wirdmöglichst aus regionalen<br />
Lebensmitteln hergestellt, Teile vonGemüse und Kräutern<br />
stammen sogar aus dem eigenen Münzgarten. Auch bei<br />
der Einrichtung wirdauf Nachhaltigkeit gesetzt. Vieles der Dekoration<br />
stammt vonTrödelmärkten oder wurde gespendet.<br />
The Greens in der Alten Münze Am Krögel2,Mitte. Mo-Fr10–18 Uhr,<br />
Sa und So 12–18Uhr<br />
ALIYAH RACHEL RAINE<br />
Pflanzenmarkt<br />
Paradies für<br />
Großstadtgärtner<br />
Esist wieder so weit. Die <strong>Berliner</strong> schwärmen aus und decken<br />
sich mit allerhand Grün und Bunt ein, um sich auf<br />
Balkonen, in Gärten und auf Verkehrsinseln abzuarbeiten. Die<br />
Markthalle Neun in Kreuzberg lädt deshalb an den kommenden<br />
drei Sonnabenden zur Pflanzzeit ein. Ob Kräuter, ausgefallene<br />
Tomatensorten, duftende Blüten für die Stadtbienen<br />
oder einfach ein schönes Gewächs zum Anschauen –die anreisenden<br />
Gartenbauer haben vonallem etwas dabei. Dergeneigte<br />
Gärtner kann sich hier aber nicht nur mit Pflanzen eindecken.<br />
Die Händler beantworten auch Fragen wie diese:<br />
Wachsen Kartoffeln auch auf dem Balkon? DasTeam vonBritzerKräuter<br />
zeigt, wie SieKeimlinge selber ziehen können. Und<br />
wer nach all der Gärtnerei Hunger bekommt, kann sich auf<br />
dem parallel stattfindenden Wochenmarkt zur Stärkung eindecken.<br />
Pflanzzeit in der MarkthalleNeun Eisenbahnstraße42/43, Kreuzberg. An<br />
diesemSonnabend, am 4. und am 11. Mai jeweils10–18 Uhr.Eintritt frei<br />
Street Food<br />
Brunchen<br />
mit Beat<br />
Die Sonne lockt die <strong>Berliner</strong> nicht nur zum Gärtnern ins<br />
Freie, nein, auch die Saison für das Essen unter blauem<br />
Himmel ist wieder eröffnet. Der2013 gegründete <strong>Berliner</strong> Bite<br />
Club ist eigentlich für seine Street-Food-Märkte an zwei Freitagen<br />
im Monat bekannt. An diesem Wochenende lädt er allerdings<br />
zu einer Veranstaltung außer der Reihe an seinem<br />
Stammplatz an der Arena Treptowund auf das Badeschiff ein.<br />
Beim Bite Club Disco Brunch erwarten die Gäste kühle Getränke<br />
und zahlreiche Bekannte aus der Kochszene –von Fine<br />
Bagels über frische Austern vom Oyster Club bis hin zu einer<br />
Fusion aus koreanischen, kanadischen, kalifornischen und<br />
deutschen Einflüssen bei Fräulein Kimchi und dem ausgefallenen<br />
EisamStiel vonPaletas.Für die Discozum Brunch sorgt<br />
das in Berlin beheimatete DJ-Duo The Ghost.<br />
Bite Club DiscoBrunch Arenaund Badeschiff,Eichenstraße 4, Treptow.<br />
Sonntag11–22 Uhr,Eintritt 3Euro. biteclub.de<br />
REBECCA CRAWFORD<br />
WOHIN AM WOCHENENDE?<br />
Wo die<br />
Zuckerwatte<br />
klebt<br />
Laut oder leise feiern?<br />
Die <strong>Berliner</strong><br />
Volksfest-Saison hat<br />
begonnen und bietet beides<br />
VonIda Luise Krenzlin<br />
Gerade in voller Blüte: die Kirschbäume von Teltow.<br />
IMAGO IMAGES<br />
Noch eine Runde.Eine geht noch.<br />
So schallt es vomRiesenrad. Für<br />
mich gibt es kaum eine schönere<br />
Kindheitserinnerung als die Rummelbesuche<br />
mit meinem Vater.Alles<br />
blinkt und tutet, bunte Luftballons<br />
lassen die Buden fast in den Himmel<br />
fliegen, Menschen drängeln sich um<br />
Karussells, Autoscooter und Achterbahnen,<br />
Fahrchips gehen über die<br />
kleinen Tresen der Kassierstuben.<br />
WieKoberer auf der Reeperbahn versuchen<br />
die Schausteller,Besucher in<br />
ihre Fahrgeschäfte zu locken. „Höher,<br />
schneller, weiter. Auf die Plätze,<br />
fertig, los.“<br />
Im Volkspark Hasenheide starten<br />
an diesem Wochenende zum<br />
53. Mal die Neuköllner Maientage<br />
und eröffnen damit die Volksfest-<br />
Saison in Berlin. In der Nachbarschaft<br />
hört man schon seit Wochen<br />
Kinder darüber diskutieren, wo sie<br />
ihr Rummelgeld ausgeben wollen.<br />
Beim Dosenwerfen oder im Spiegelkabinett,<br />
in dem man von einer<br />
Sekunde auf die andere von einem<br />
<strong>Berliner</strong> Pfannkuchen zu einem<br />
Spargeltarzan wird. Schnappen Sie<br />
sich Ihre Kinder oder Enkel, und<br />
gehen Siehin!<br />
Gegründet hat die Neuköllner<br />
Maientage der Schausteller Hans<br />
Purwin (1914–1986). Heute organisiert<br />
Thilo-Harry Wollenschlaeger,<br />
Schausteller in fünfter Generation,<br />
das beliebte Volksfest. Sein Herz<br />
schlägt besonders für „Das Große<br />
Schlaraffenland“, eine Losbude mit<br />
großen und knallbunten Gewinnen.<br />
Thilo-Harry Wollenschlaeger hat<br />
schon vor Ostern den Aufbau in der<br />
Hasenheide angeleitet. Nun stehen<br />
zwei Riesenräder,eine Kinder-Eisenbahn,<br />
Autoscooter natürlich, supermoderne<br />
Fahrgeschäfte und Buden<br />
für Bier, Bratwurst, Dosenwerfen<br />
und Zuckerwatte auf der Wiese, die<br />
natürlich immer etwas ramponiert<br />
aussieht, wenn alles vorbei ist.<br />
Zuckerwatte klebt. Erst in den<br />
Mundwinkeln und am Kinn, dann in<br />
den Haaren und schließlich an den<br />
Händen, weil man die widerspenstige<br />
zuckersüße Wolke doch zerreißen<br />
und stückchenweise in den<br />
Mund schieben muss. Der Rummel<br />
ist ein seltsam altmodischer Ort.<br />
Viele Dinge scheinen sich hier einfach<br />
nicht zu ändern. Verlässlich<br />
stellt sich das Kribbeln im Bauchein,<br />
wenn sich die Berg-und-Talbahn in<br />
Bewegung setzt oder die Wagen der<br />
Achterbahn immer höher gezogen<br />
werden, bevor sie kurz stoppen und<br />
vonBaumwipfelhöhe in die Tiefe der<br />
Hasenheide stürzen.<br />
Auch Erwachsene freuen sich darauf,<br />
über den Rummel zu bummeln.<br />
Dazu gehört, Menschen an Fahrgeschäften<br />
zu beobachten, die Teenies<br />
zum Beispiel, die sich am Autoscooter<br />
herumdrücken. Oder die Schausteller,<br />
rund hundert sind es in Neukölln,<br />
die hinter ihren Fahrgeschäften