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B6 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 97 · 2 7./28. April 2019<br />
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Karriere<br />
VonAnke Dankers<br />
Auf den ersten Bachelor<br />
noch einen zweiten draufsatteln?<br />
Klingt einfach,<br />
kann aber in der Theorie<br />
ganz schön kompliziert sein. Wer<br />
nach dem Abschluss seines Erststudiums<br />
als Bachelor oder Master noch<br />
ein weiteres Fach studieren und seinen<br />
Abschluss machen will, muss<br />
sich nämlich auf einen Zweitstudienplatz<br />
bewerben.<br />
Für einige wenige Berufe ist so ein<br />
Zweitstudium zwingend erforderlich:<br />
Kieferchirurgen müssen zum<br />
Beispiel Zahnmedizin und Humanmedizin<br />
studieren, erklärt Christian<br />
Tauch vomReferat für Hochschulbildung<br />
der Hochschulrektorenkonferenz<br />
(HRK). Andereentscheiden sich<br />
für einen weiteren Abschluss, weil<br />
sie sich noch einmal umorientieren<br />
möchten oder ihreChancen auf dem<br />
Arbeitsmarkt mit dem ersten Studium<br />
allein nicht besonders gut einschätzen.<br />
Rare Studienplätze<br />
Bei zulassungsfreien Studiengängen<br />
können sich Studierende,die bereits<br />
einen Bachelor oder Master haben,<br />
einfach einschreiben. Komplizierter<br />
wirdesbei Studiengängen mit Zulassungsbeschränkung:<br />
„Für StudienplätzeinFächern,<br />
die im bundesweitenVergabeverfahren<br />
vergeben werden,<br />
stehen den Zweitstudienbewerbernlediglich<br />
drei Prozent der Plätze<br />
zur Verfügung“, erklärt Tauch. Das<br />
gilt für Medizin, Pharmazie und<br />
Zahnmedizin. „Bei örtlich zulassungsbeschränkten<br />
Studiengängen<br />
bestimmen die Hochschulen diese<br />
Quote selbst.“ Sie liegt in der Regel<br />
aber ebenfalls nurbei etwa drei Prozent.<br />
Immerhin etwa fünf Prozent der<br />
Studierenden waren imWintersemester<br />
2017/2018 als Zweitstudierende<br />
eingeschrieben, zeigen Zahlen des<br />
Statistischen Bundesamts. Für die<br />
Vergabe der Plätze ansie gibt es bestimmte<br />
Regeln. Relevant sei neben<br />
der Abschlussnote des Erststudiums<br />
vor allem die persönliche Motivation,<br />
die die Aspiranten darlegen<br />
müssen, sagt Tauch. Unter diesen<br />
Aspekt fallen unter anderem zwingende<br />
berufliche oder wissenschaftliche<br />
Gründe.<br />
Umsteigen oder ausbauen<br />
Und für wen lohnt es sich, Motivationsschreiben<br />
und Bewerbung mit<br />
dem Ziel eines weiteren kompletten<br />
Studiums aufzusetzen? „Ein Zweitstudium<br />
hat für die Leute Sinn, die<br />
sich umorientieren möchten, weil<br />
sie mit dem ersten Studiengang<br />
nicht zufrieden sind“, sagt Thomas<br />
Röser vom Deutschen Verband für<br />
Für manche Berufe ist ein Zweitstudium zwingend erforderlich: Kieferchirurgen etwa müssen Zahnmedizin und Humanmedizin studieren.<br />
Bildungs- und Berufsberatung.<br />
Etwa, wenn sich das Interessensgebiet<br />
geänderthabe oder man merke,<br />
dass man zum Beispiel mit seinem<br />
Bachelor in Germanistik für die individuellen<br />
beruflichen Pläne nicht<br />
weit kommt.<br />
Wissenschaftliche Gründe können<br />
ebenso eine Rolle spielen. Etwa<br />
wenn eine ergänzende Qualifikation<br />
beispielsweise für eine Tätigkeit in<br />
der Forschung notwendig ist, erklärt<br />
Tauch. Wichtig für alle Zweitstudierenden<br />
ist die Motivation: „Man<br />
Doppelt qualifiziert<br />
Ein Zweitstudium kann für viele eine Chance auf den Traumjob sein. Der Weg ist aber<br />
nicht ganz einfach, und es gibt Alternativen<br />
muss sich vorher überlegen, warum<br />
und wie man das macht, um das Studium<br />
dann auch wirklich durchzuhalten“,<br />
sagt Röser.<br />
Die Wahl des Zweitstudiengangs<br />
sollte zur Lage auf dem Arbeitsmarkt<br />
oder dem angestrebten Arbeitgeber<br />
passen. Wersich für ein Zweitstudium<br />
entscheidet, muss sich daher<br />
Gedanken machen, welche Fächerkombinationen<br />
sinnvoll sind. Beliebt<br />
ist als Zweitstudiengang laut<br />
Röser unter anderem der Master of<br />
Business Administration: „Der<br />
bringt auch denen Führungsqualifikationen<br />
bei, die vorher nicht im<br />
Wirtschaftsbereich studiert haben.“<br />
Das sei gerade bei Geisteswissenschaftlern<br />
für viele Arbeitgeber attraktiv,<br />
aber auch für Naturwissenschaftler,<br />
die im Unternehmen Verantwortung<br />
über ihren Fachbereich<br />
hinaus übernehmen wollen.<br />
Viele Wirtschaftswissenschaftler<br />
hingegen bilden sich durch ein<br />
Zweitstudium der Wirtschaftspsychologie<br />
weiter,umsich im Human-<br />
Ressources-Sektor zu qualifizieren.<br />
DPA, GETTYIMAGES/GORODENKOFF<br />
Ein Zweitstudium ist nicht ganz<br />
günstig: In einigen Bundesländern<br />
werden dafür Gebühren erhoben. In<br />
Sachsen-Anhalt sind das 500 Euro<br />
pro Semester, in Baden-Württemberg<br />
und Rheinland-Pfalz sogar 650<br />
Euro. Inden meisten anderen Bundesländern<br />
fallen keine Extrakosten<br />
an. Trotzdem haben Zweitstudierende<br />
oft höhereAusgaben, schon allein<br />
aufgrund ihres gegenüber den Kommilitonen<br />
fortgeschrittenen Lebensalters.<br />
„Sie haben vielleicht schon<br />
Familie oder sorgen privat fürs Alter<br />
vor“, sagt Bernhard Börsel vom<br />
Deutschen Studentenwerk.<br />
Hinzu kommt, dass es Bafög, anders<br />
als für das Erststudium, nur in<br />
besonderen Fällen gibt. Zum Beispiel,<br />
wenn das Studium zwingend<br />
für den angestrebten Beruferforderlich<br />
ist –also unter anderem für die<br />
bereits erwähnten angehenden Kieferchirurgen,<br />
weiß Börsel. Alle anderen<br />
müssen ihren Lebensunterhalt<br />
in dieser Zeit selbst finanzieren.<br />
Ein Kredit als alleinige Finanzierungsform?<br />
Davon rät Börsel ab:<br />
„Die Verschuldung wird zuhoch.“<br />
Entscheiden sich Zweitstudierende<br />
trotzdem dafür, empfiehlt er, nur<br />
einesehr moderate Höhe übereinen<br />
begrenzten Zeitraum zu beziehen.<br />
Realistische Summen können demnach<br />
beispielsweise mit dem Tilgungsrechner<br />
vom KfW Studienkredit<br />
ausgerechnet werden.<br />
Beratungsgespräche nutzen<br />
Alternativ bietet sich ein berufsbegleitendes<br />
Studium ein –das hat den<br />
Vorteil, dass man schon erste Berufserfahrungen<br />
sammeln kann,<br />
während man unter der Woche<br />
abends und an Samstagen studiert.<br />
Und es kommt ein Gehalt herein,<br />
über das die Studiengebühren beglichen<br />
werden können. Diesind allerdings,<br />
da es sich meist um private<br />
Hochschulen handelt, die so etwas<br />
anbieten, nicht ganz billig. Und: „Da<br />
sollte die Work-Life-Balance nicht<br />
aus dem Blick geraten“, sagt Börsel.<br />
Thomas Röser zufolge sind die Angebote<br />
an berufsbegleitenden Studiengängen<br />
an Fachhochschulen größer<br />
als an Universitäten. Eine Möglichkeit<br />
könne sein, die Arbeitszeit<br />
zu reduzieren, und in Teilzeit zu studieren.<br />
Das brauche dann aber in<br />
der Regel länger alsdreiJahre.<br />
Wer sein erstes Studium noch<br />
nicht abgeschlossen hat, aber schon<br />
weiß, dass er etwas anderes machen<br />
will, dem rät Röser, abzuwägen: Es<br />
könne sich lohnen, abzubrechen,<br />
um weniger Komplikationen beim<br />
zweiten Studium zuhaben. Klappe<br />
es mitdem Zweitstudium nicht über<br />
die angebotenen Plätze anstaatlichen<br />
Universitäten, seien private<br />
Hochschulen eine gute Alternative.<br />
Dortgebe es weniger Zulassungsbegrenzungen.<br />
Gabrielle Säuberlich, Beraterin<br />
für Akademiker bei der Bundesagentur<br />
für Arbeit, empfiehlt Studenten<br />
eine Beratung, bevor sie ein Zweitstudium<br />
angehen. Für Bachelorabsolventen<br />
gebe es oft Masterstudiengänge,<br />
die auch zum beruflichen<br />
Ziel passen. Auch eine Weiterbildung<br />
statt Studium könne sinnvoll<br />
sein. Viele Hochschulen bieten entsprechende<br />
Kurse wie etwa„BWL für<br />
Nicht-BWLer“ an. (dpa)<br />
Feierabend ist Feierabend<br />
Wermit seinen Aufgaben fertig ist, sollte nach Hause gehen. Pausen und vor allem Freizeit als Ausgleich machen fit für das Weiterarbeiten<br />
Pünktlich Feierabend zu machen<br />
sollte eigentlich der Normalfall<br />
sein. Sollte –denn viele kennen eher<br />
die Situation, dass es überhaupt nicht<br />
selbstverständlich ist, wenn man<br />
pünktlich am frühen Abend das Büro<br />
verlässt.<br />
Viele kennen das merkwürdige<br />
Gefühl, das entsteht, wenn man die<br />
oder der Einzige ist, die oder der das<br />
regelmäßig macht –selbst wenn man<br />
weiß, dass alles für den Tagerledigt<br />
ist. Man kennt die unangenehmen<br />
Sprüche von Chef, die fallen, wenn<br />
ein Kollege früher als andere geht,<br />
und weiß, wie es sich anfühlt, wenn<br />
einem bewusst wird, dass das auch<br />
über einen selbst gesagt wird. Wie<br />
sinnvoll ist es aber, nach getaner Arbeit<br />
die Zeit totzuschlagen, damit<br />
man nicht so früh geht?<br />
Anwesenheit ist nicht Arbeit<br />
In vielen Unternehmen herrscht<br />
eine Kultur, die besonders jene honoriert,<br />
die abends am längsten an<br />
ihren Arbeitsplätzen sitzen bleiben.<br />
Ob diese Mitarbeiter auch die produktivsten<br />
und kreativsten sind, ist<br />
höchst fraglich. Ob es nicht am sinnvollsten<br />
wäre, wenn darauf geachtet<br />
würde, dass die Mitarbeiter, wenn<br />
sie mit ihrem Tagewerk fertig sind,<br />
wirklich pünktlich nach Hause gehen,<br />
sich ausruhen und ihr Privatleben<br />
pflegen können, dagegen nicht.<br />
Denn ausgeruhte Mitarbeiter, die<br />
Privatleben und Jobnicht gegeneinander<br />
ausspielen oder sich für eines<br />
entscheiden müssen, sind in der Regel<br />
motivierte Mitarbeiter, die viel<br />
Energie haben und bei neuen Fragestellungen<br />
besser über den Tellerrand<br />
schauen können, weil sie auch<br />
mal aus dem Hamsterrad herauskommen.<br />
Es ist nicht nur Aufgabe der Führungskräfte,<br />
sich aktiv darum zu bemühen,<br />
dass Mitarbeiter pünktlich<br />
aus dem Büro kommen, es ist auch<br />
sehr in ihrem eigenen Interesse. Also<br />
könnten sie es vorleben oder auch<br />
mal nachfragen, was los ist, wenn<br />
Mitarbeiter ständig länger als andere<br />
bleiben. Natürlich geht es dabei nicht<br />
um die Zeiten, in denen ein Projekt<br />
dringend fertig werden muss, weil<br />
eine wichtige Deadline ins Haus<br />
steht, oder andere Ausnahmesituationen,<br />
in denen man ein paar Stunden<br />
mehr investiert.<br />
Die meisten Arbeitnehmer haben<br />
ohnehin nichts dagegen, Überstunden<br />
zu leisten, wenn sie gerechtfer-<br />
Überstunden sollten nicht die Regel sein.<br />
GETTYIMAGES/PAUL BRADBURY<br />
tigt sind –aber sind durchaus und zu<br />
Recht frustriert, wenn das zur Regel<br />
wird oder aber sinnlos Zeit totgeschlagen<br />
werden muss,weildie reine<br />
Präsenz schon mehr anerkannt wird<br />
als Leistung. Und sollte es jeden Tag<br />
angebracht sein, dass Überstunden<br />
anstehen, nicht phasenweise, sondern<br />
mit System, dann herrscht ganz<br />
simpel personelle Fehlplanung, derenKorrektur<br />
ebenfalls in der Verantwortung<br />
der Führungskräfte liegt.<br />
Aber nicht immer geht der Druck,<br />
den Feierabend herauszuzögern, von<br />
den Chefs aus.Manchmal entsteht er<br />
auch innerhalb des Teams –zumindest<br />
könnte man das denken. Denn<br />
natürlich führt es zu Spannungen,<br />
wenn man Kollegen ausdem eigenen<br />
Team immer wieder dabei zusehen<br />
muss,wie sie pünktlich aus dem Büro<br />
marschieren, während man selbst<br />
noch einen Berg Arbeit vor sich hat,<br />
der nicht bis morgen warten kann.<br />
Aber in dem Falle herrscht offensichtlich<br />
eine ungleiche Aufgabenverteilung,<br />
die ebenfalls mit der Teamleitung<br />
besprochen werden kann und<br />
muss. AmEnde hilft also nur: Darüber<br />
reden.<br />
Arbeitnehmer sind also gut beraten,<br />
mit Kollegen darüber zu sprechen,<br />
wenn sie das Gefühl haben, sie<br />
würden schräg angeschaut,wenn sie<br />
pünktlich gehen, oder aber, das<br />
pünktliche Aufbrechen könnte bei<br />
der Führung als mangelndes Engagement<br />
gewertet werden. Es kann gut<br />
sein, dass andere das gleiche Gefühl<br />
haben und ebenso darunter leiden.<br />
Jeder arbeitet anders<br />
Natürlich ist man nie wirklich mit der<br />
Arbeit fertig, aber in der Regel können<br />
erfahrenere Mitarbeiter gut abschätzen,<br />
wann sie einen Punkt machen<br />
können, um am nächsten Tag<br />
weiterzuarbeiten. Auch sollte grundsätzlich<br />
klar sein, dass jeder eine andere<br />
Arbeitsweise hat: während die<br />
einen mehr Pausen zwischendurch<br />
brauchen, arbeiten anderebesser am<br />
Stück und bauen hinter längeren Arbeitsblöcken<br />
Pausen ein oder aber<br />
gehen eben etwas früher nach Hause,<br />
um sich am Ende des Tages mehr<br />
Entspannung am Stück möglich zu<br />
machen.<br />
Dasheißt, nur weil jemand früher<br />
gehen kann, bedeutet das nicht immer,dass<br />
er oder sie weniger gearbeitet<br />
hat. Das zureflektieren und zur<br />
Sprache zu bringen, bringt oft schon<br />
viel Ruhe in das Thema. (dpa)