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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 97 · 2 7./28. April 2019 – S eite 24 *<br />
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Sport<br />
Endspiel? Endspiel!<br />
Gegen den Hamburger SV will der 1. FC Union am Sonntag in der seit Wochen ausverkauften<br />
Alten Försterei seine wohl finale Chance auf den direkten Aufstieg wahren<br />
VonMathias Bunkus<br />
MFG -mit freundlichenGrüßen<br />
AFP/JOHN MACDOUGALL<br />
„Denn nur wer in der Hölle war,<br />
Kann den Himmel wirklich sehen“<br />
(Die Toten Hosen, Dankbar)<br />
Der Himmel –sprich der<br />
Bundesliga-Aufstieg –ist<br />
zum Greifen nah. Und<br />
das auch noch aus eigener<br />
Kraft, nicht durch fremdes Zutun.<br />
Zumindest ist das aus eiserner<br />
Sicht die Gemengelage vor dem<br />
Zweitligagipfel am Sonntag (13.30<br />
Uhr/Stadion An der Alten Försterei),<br />
bei dem der 1. FC Union den Bundesliga-Absteiger<br />
Hamburger SV erwartet.<br />
Es ist das Spiel, das überWohl<br />
und Wehe einer ganzen Saison entscheiden<br />
kann. Und esist ein Spiel,<br />
das weit über die Landesgrenzen der<br />
beiden Stadtstaaten hinaus Beachtung<br />
findet.<br />
Nicht wenige in der Republik<br />
würden mit unverhohlener Schadenfreude<br />
dem einstigen Bundesliga-Dino<br />
ein weiteres Jahr der<br />
Zweitklassigkeit gönnen. Viele in<br />
Fußball-Deutschland drücken<br />
Union die Daumen, weil der kleine –<br />
auch wenn stetig anwachsende –<br />
Verein es einfach mal verdient hätte,<br />
nach zehn Jahren der Zweitliga-Zugehörigkeit<br />
den nächsten Schritt zu<br />
schaffen, als 56. Klub seit Ligagründung<br />
1963 das Fußball-Oberhaus<br />
bereichernkönnte.<br />
Es ist also der Kick, mit dem die<br />
zuletzt ein wenig vor sich hin dilettierende<br />
Köpenicker Mannschaft alles<br />
vergessen machen kann, immerhin<br />
gab es zuletzt nur drei Zähler aus<br />
fünf Spielen. Der Sprung auf Platz<br />
zwei ist im Optimalfall drin. Zumindest<br />
die Hanseaten würden dank des<br />
Torverhältnisses auf jeden Fall überflügelt,<br />
egal, wie sich die Konkurrenz<br />
aus Paderborn und Heidenheim<br />
auch anstellt. Es ist ein Spiel, in dem<br />
Weichen gestellt werden. Ein Endspiel<br />
also!<br />
Marvin Friedrich mag davon zwar<br />
nichts hören. „Es sind immer noch<br />
drei Spiele danach“, so der Innenverteidiger.<br />
Aber diese Sätze wirken gebetsmühlenartig<br />
vorgetragen. Standardsprech<br />
aus einer Marketing-Fibel.<br />
Nur, eine Niederlage würde zumindest<br />
den direkten Aufstieg in<br />
weite Fernerücken lassen.<br />
Sein Chef Urs Fischer wird da<br />
schon eine Spur deutlicher, auch<br />
wenn er das Wort vom Endspiel vermeidet.<br />
„Ich glaube, man sollte es<br />
nicht nur auf dieses Spiel beziehen.<br />
Das wäre irgendwie falsch. Das<br />
würde ja bedeuten, dass wir uns der<br />
Chancen vorher nicht bewusst gewesen<br />
wären. Aber es ist ein wegweisendes<br />
Spiel. EinSpiel mit einem gewissen<br />
Charakter, der vorentscheidend<br />
ist. Bei dem wir genau wissen,<br />
um was es geht“, so der 53 Jahrealte<br />
Schweizer Fußballlehrer.<br />
Im Falle einer Niederlage ist die<br />
Chance auf den direkten Aufstieg<br />
wohl dahin. Die dann sechs Punkte<br />
Rückstand auf den HSV in nur drei<br />
Partien aufzuholen, ist doch eher<br />
unwahrscheinlich. In einem Worst-<br />
Case-Szenario wäredasogar der Relegationsrang<br />
drei fast aus dem<br />
Blickfeld entschwunden.<br />
Erfolg weckt Begehrlichkeiten<br />
Es ist schon fast bittere Ironie, dass<br />
gerade hochgradig Unzufriedenheit<br />
an den Ufern der Wuhle herrscht<br />
und man das Wort Euphorie im<br />
Fremdwörterlexikon nachschlagen<br />
muss. Und dies in einer Spielzeit<br />
wohlgemerkt, in der Union sich erst<br />
einmal stabilisieren und vielleicht<br />
oben ein kleines Wörtchen mitreden<br />
31. Spieltag<br />
1. FC Köln -Darmstadt 98 1:2 (0:1)<br />
FC Ingolstadt -Dynamo Dresden 1:0 (0:0)<br />
SV Sandhausen -Holstein Kiel Sa., 13.00<br />
FC St. Pauli -Jahn Regensburg Sa., 13.00<br />
1. FC Magdeburg -SpVgg Fürth Sa., 13.00<br />
1. FC Union -Hamburger SV So., 13.30<br />
ErzgebirgeAue -VfL Bochum So., 13.30<br />
SC Paderborn-Heidenheim So., 13.30<br />
MSV Duisburg -Arminia Bielefeld Mo., 20.30<br />
1. 1. FC Köln 31 76:41 59<br />
2. Hamburger SV 30 41:33 53<br />
3. SC Paderborn 30 68:43 51<br />
4. 1. FC Union 30 46:29 50<br />
5. 1. FC Heidenheim 30 44:34 49<br />
6. Holstein Kiel 30 55:45 46<br />
7. Jahn Regensburg 30 44:42 45<br />
8. FC St. Pauli 30 40:46 45<br />
9. Darmstadt 98 31 42:49 40<br />
10. VfL Bochum 30 41:43 39<br />
11. Arminia Bielefeld 30 44:48 39<br />
12. SpVgg Fürth 30 33:48 38<br />
13. Dynamo Dresden 31 36:43 36<br />
14. ErzgebirgeAue 30 36:42 33<br />
15. SV Sandhausen 30 37:43 31<br />
16. FC Ingolstadt 31 35:51 29<br />
17. 1. FC Magdeburg 30 30:44 27<br />
18. MSV Duisburg 30 32:56 24<br />
wollte.Das tat man mehr als erhofft.<br />
Wochenlang auf Rang drei. Und jeder,<br />
der es mit den Rot-Weißen hält,<br />
hätte vor Saisonbeginn ein Szenario<br />
erhofft, das die Köpenicker vier<br />
ZWEITE LIGA<br />
Restprogramm im Aufstiegsrennen<br />
1. FC Köln: SpVgg Fürth (A), SSV Jahn Regensburg<br />
(H), 1. FC Magdeburg (A)<br />
Hamburger SV: 1. FC Union (A),<br />
FC Ingolstadt (H), SC Paderborn(A), MSV<br />
Duisburg (H)<br />
SC Paderborn: 1. FC Heidenheim (H), Arminia<br />
Bielefeld (A), Hamburger SV,Dynamo<br />
Dresden (A)<br />
1. FC Union: Hamburger SV (H), SV Darmstadt<br />
98 (A), 1. FC Magdeburg (H), VfL Bochum<br />
(A)<br />
1. FC Heidenheim: SC Paderborn(A), SV<br />
Sandhausen (H), MSV Duisburg (A), FC Ingolstadt<br />
(H)<br />
Holstein Kiel: SV Sandhausen (A), MSV<br />
Duisburg (H), Dynamo Dresden (H), Arminia<br />
Bielefeld (A)<br />
Jahn Regensburg: FC St. Pauli (A), ErzgebirgeAue<br />
(H), 1. FC Köln (A),<br />
SV Sandhausen (H)<br />
FC St. Pauli: Jahn Regensburg (H), Dynamo<br />
Dresden (A), VfL Bochum (H),<br />
SpVgg Fürth (A)<br />
Spieltage vor Schluss in Schlagweite<br />
zu direkten Aufstiegsplätzen ausgewiesen<br />
hätte.<br />
Nur Erfolg weckt eben Begehrlichkeiten.<br />
Diese ständige Ganznah-dran-sein<br />
ist mittlerweile so<br />
zum Alltag geworden, dass es kaum<br />
noch als etwas Besonderes empfunden<br />
wird. Vorallem nicht seit dem<br />
Osterwochenende,als Union augenscheinlich<br />
schlecht performte und<br />
nach dem fünften sieglosen Spiel in<br />
Serie auf einmal vom SCPaderborn<br />
überholt wurde.<br />
Nunalso der HSV.Chance und Risiko<br />
in einem. Trostreich ist dabei<br />
immerhin, dass die Rothosen auch<br />
nicht viel besser ihre Chancen zu<br />
nutzen wussten. Mehr als drei Zähler<br />
aus den letzten fünf Spielen konnte<br />
die Elf nämlich auch nicht für sich<br />
verbuchen. In der Rückrundentabelle<br />
ist das von Hannes Wolf gecoachte<br />
Team noch instabiler als die<br />
Eisernen, holte mit 16 Zählern drei<br />
Punkte weniger. Die Angst, alles<br />
noch zu verspielen, hat an der Elbe<br />
Hochkonjunktur. Das gilt es natürlich<br />
zu nutzen.<br />
DerRekordspieler darfran<br />
„Ich denke,dass der HSV den größeren<br />
Druck hat“, sagte Innenverteidiger<br />
Marvin Friedrich, der sich im<br />
Spiel auf einen neuen Nebenmann<br />
in der Innenverteidigung einstellen<br />
muss.DaNicolai Rapp ja nach seiner<br />
Roten Karte inFürth für zwei Spiele<br />
gesperrt wurde und Florian Hübner<br />
nicht rechtzeitigfit wird, läuft es darauf<br />
hinaus, dass Unions Rekordzweitligaspieler<br />
Michael Parensen<br />
vorseinem 206. Kick im Bundesliga-<br />
Unterbau steht. Zehn Jahrenach seinem<br />
Zweitliga-Aufstieg mit Union<br />
wäre der Sprung in die Beletage des<br />
deutschen Fußballs natürlich fast so<br />
etwas wie ein krönender Abschluss<br />
seiner eisernen Karriere, auch wenn<br />
da offiziell noch kein Ende verkündetworden<br />
ist.<br />
Ein Dreier gegen den Tabellenzweiten<br />
könnte im Schlussspurt beflügeln,<br />
wäre womöglich der Beginn<br />
eines Fußballmärchens. Ein kleiner<br />
Verein, der zu Ostzeiten mit dem System<br />
zu kämpfen hatte. Der in der<br />
Oberliga eigentlich nie über die Rolle<br />
eines Fahrstuhlteams hinausgekommen<br />
war und nach der Wende wie so<br />
viele Traditionsvereine diesseits der<br />
Grenzefurchtbar bis in die Viertklassigkeit<br />
absackte, phasenweise gar<br />
vorder Vereinsauflösung stand.<br />
Teuflische Vergangenheit. Union<br />
ist dem Fegefeuer entkommen. Und<br />
klopft nun nach Jahren des steten<br />
Aufbaus –mit Stadionrenovierung,<br />
Mitgliederboom und der Bewahrung<br />
traditioneller Werte, die nicht auf<br />
dem Altar des schnöden Mammons<br />
leichtfertig geopfert werden für einen<br />
kurzfristigen pekuniären Spielraum<br />
–laut an die Himmelspforte<br />
des Fußball-Oberhauses.<br />
Nicht das erste Mal übrigens.<br />
Zwei Jahre ist es her, dass die Eisernen<br />
unter Jens Keller vor dem 31.<br />
Spieltag auch nur drei Zähler Rückstand<br />
auf Rang zwei hatten. Seinerzeit<br />
wurde aber alles grandios verspielt<br />
mit schwachen Aufwärtsauftritten<br />
bei direkten Konkurrenten.<br />
Dazu soll es diesmal nicht kommen.<br />
Urs Fischer soll mit seiner ruhigen<br />
und gelassenen Art das vollenden,<br />
wasseit MonatenimRaumschwebt,<br />
zuletzt aber zu entfleuchen drohte.<br />
Am Sonntag muss der Himmel<br />
über Berlin für die Union-Fans nur<br />
eine Farbe haben–(rosa)rot!<br />
Mathias Bunkus<br />
ist überzeugt, dass nun<br />
eine Vorentscheidung fällt.