Procycling 06.2019
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PROLOG<br />
REKORDWERTE AUF STRAVA<br />
Auch auf Strava sorgte van der Poel<br />
für Rekorde. Und das noch überraschender<br />
als beim Amstel Gold Race<br />
auf der Straße: Denn eigentlich war<br />
der Niederländer bis dato kaum auf<br />
der Plattform aktiv. Die nackten<br />
Zahlen seiner Fahrt rund um Limburg<br />
dürften aber auch ihn beeindruckt<br />
haben: 260,1 Kilometer, eine<br />
Fahrzeit von 6:26:20 Stunden, eine<br />
Höhendifferenz von 3.488 Metern<br />
und ein Kalorienverbrauch von rund<br />
6.500 Kalorien. Wie anspruchsvoll<br />
das Amstel Gold Race 2019 war,<br />
zeigt aber ein weiterer Wert: Über<br />
die Fahrzeit von sechseinhalb Stunden<br />
trat van der Poel im Schnitt<br />
337 Watt – in etwa so viel, wie ein<br />
normaler Radamateur während eines<br />
20-minütigen Einzelzeitfahrens<br />
schafft. Die Strava-Nutzer quittierten<br />
das mit Applaus – oder Kudos,<br />
wie es auf der Online-Plattform<br />
heißt: Innerhalb von zwei Tagen gab<br />
es so 18.000 Kudos für Mathieu<br />
van der Poels Leistung.<br />
Diese wird umso beeindruckender,<br />
wenn man sich die Zahlen im<br />
Detail anschaut: In einem Abschnitt<br />
des Rennens trat van der Poel über<br />
20 Minuten 378 Watt mit einer<br />
Maximalleistung von 1.400 Watt<br />
während seines Schlusssprints. Das<br />
Besondere daran war, dass er den<br />
Sprint nicht klassisch fuhr und wie<br />
ein Katapult beschleunigte, sondern<br />
der Spurt den Gipfel eines immer<br />
schneller werdenden letzten Kilometers<br />
darstellte. Zusammen mit<br />
der vorherigen Belastung über<br />
260 Kilometer vermag der 75 Kilogramm<br />
schwere Crossspezialist<br />
also mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
noch deutlich höhere Wattwerte im<br />
Sprint zu treten.<br />
DAS GANZE RENNEN AM LIMIT<br />
Dass sich van der Poel auch während<br />
des Rennens nicht geschont<br />
hat, zeigt etwa ein Blick auf seine<br />
Attacke am Gulpenberg 43 Kilometer<br />
vor dem Ziel: Auf Strava benötigte<br />
er für den 430 Meter langen und<br />
im Schnitt fünf Prozent steilen Hügel<br />
genau 59 Sekunden. Seine Durchschnittsleistung<br />
hier: 769 Watt.<br />
Selbiges gilt für die letzten Kilometer:<br />
Wir erinnern uns: Während<br />
Alaphilippe und Fuglsang vorne lagen,<br />
erledigte van der Poel fast die<br />
gesamte Nachführarbeit in der Verfolgergruppe<br />
alleine: Betrachtet<br />
man nur die letzten zehn Kilometer,<br />
dann trat van der Poel hier über rund<br />
15 Minuten im Schnitt 407 Watt<br />
bei einer durchschnittlichen Herzfrequenz<br />
von 181. Im Schlusssprint<br />
steigerte sich seine Herzfrequenz<br />
schließlich auf den Maximalwert<br />
von 197 – Leistungen, die absolut<br />
verblüffen, insbesondere, da Mathieu<br />
van der Poel mit gerade einmal<br />
24 Jahren erst noch am Anfang seiner<br />
Straßenkarriere steht. Nach seinen<br />
beiden Weltmeistertiteln im<br />
Cross 2015 und 2019 und seinem<br />
„ÜBER DIE FAHRZEIT VON SECHSEINHALB<br />
STUNDEN TRAT VAN DER POEL IM SCHNITT<br />
337 WATT – IN ETWA SO VIEL, WIE EIN<br />
NORMALER RADAMATEUR WÄHREND<br />
EINES 20-MINÜTIGEN EINZELZEIT-<br />
FAHRENS SCHAFFT.“<br />
grandios herausgefahrenen Sieg<br />
beim Amstel Gold Race gehört er<br />
dennoch schon jetzt zu den ganz<br />
Großen im Radsport. Man darf gespannt<br />
sein, zu welchen Leistungen<br />
der junge Niederlände in Zukunft<br />
imstande sein mag. Wir freuen uns<br />
jedenfalls auf viele weitere so tolle<br />
Schlusskilometer wie in Limburg.<br />
Er konnte es selbst nicht<br />
glauben: Mathieu van der<br />
Poel (links) holte sich nach<br />
einem unglaublichen Finale<br />
den Sieg beim Amstel Gold<br />
Race. Seinen Strava-Ride gibt<br />
es unter www.strava.com/<br />
activities/2307958367<br />
© Luc Claessen/Getty Images, Strava (Screenshot)<br />
JUNI 2019 | PROCYCLING 29