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Procycling 06.2019

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NACHLESE<br />

Fahrer im Fokus<br />

ALEXANDER KRISTOFF<br />

WAS WIR<br />

DIESEN MONAT<br />

GELERNT HABEN<br />

Crosstraining ist en vogue.<br />

© Getty Images<br />

Alexander Kristoffs Siege sind, seit er 2010<br />

in die WorldTour kam, einer klassischen<br />

Glockenkurve gefolgt. Null im ersten Jahr.<br />

Einer, dann zwei in der nächsten Saison, sieben<br />

2013, zweistellige Zahlen im Jahr darauf. Er erreichte<br />

seinen Zenit 2015 mit 20 Siegen. Seitdem<br />

war die Geschichte eine fast identisch verlaufende<br />

Abwärtskurve mit sinkenden zweistelligen Zahlen,<br />

dann hohen einstelligen Zahlen. Um Genesis<br />

3:19 zu zitieren: Die Karriere ist aus Staub gemacht,<br />

und zu Staub kehrt sie zurück.<br />

Aber die Zahlen täuschen über eine wieder erstarkte<br />

Form hinweg. Er gewinnt vielleicht nicht<br />

viel in puncto Quantität, aber die Qualität seiner<br />

Resultate ist hoch. Er gewann<br />

seinen ersten Tourde-France-Sprint<br />

seit vier<br />

Jahren auf den Champs-<br />

Élysées 2018, was bedeutsam<br />

war. Kristoff ist<br />

in den letzten Jahren von<br />

schnelleren Rivalen bei<br />

der Tour geschlagen worden,<br />

aber je länger und<br />

GENT–WEVELGEM<br />

MAILAND–SAN REMO<br />

härter die Rennen sind,<br />

umso besser schneidet FLANDERN-RUNDFAHRT<br />

er ab. Auf den Champs-<br />

SCHELDEPRIJS<br />

Élysées, wo Widerstandsfähigkeit<br />

und ein langer ESCHBORN–FRANKFURT<br />

Sprint zählen können,<br />

HAMBURG CYCLASSICS<br />

schlug er John Degenkolb<br />

BRETAGNE CLASSIC<br />

und Arnaud Démare (vielleicht<br />

nicht zufällig sind<br />

SIEGE GESAMT<br />

alle drei Mailand–San-Remo-Sieger). Kristoff holte<br />

auch seinen ersten großen Frühjahrssieg seit<br />

dem Scheldeprijs 2015, als er im April Gent–Wevelgem<br />

gewann. Wieder gab ein langer und ermüdender<br />

Tag im Sattel den Ausschlag für ihn, zudem<br />

hatte er sich das Rennen exzellent eingeteilt<br />

– er griff die Hauptgruppe vor der letzten Passage<br />

des Kemmelbergs an, um den Anstieg mit gleichmäßigem<br />

Tempo hochfahren zu können, statt in<br />

den roten Bereich zu gehen, um bei Beschleunigungen<br />

zu folgen.<br />

Kristoff mag zwar keine 20 Rennen im Jahr<br />

mehr gewinnen, aber dieses Frühjahr hat gezeigt:<br />

Je länger und schwerer die Rennen sind, umso<br />

schwerer ist es, ihn zu schlagen.<br />

KRISTOFFS LEISTUNGEN BEI EINTAGESRENNEN<br />

’10 ’11 ’12 ’13 ’14 ’15 ’16 ’17 ’18 ’19<br />

DNF<br />

10<br />

4<br />

7<br />

14<br />

131<br />

15<br />

17<br />

6<br />

11<br />

8 1 2 6 4 4 14<br />

14<br />

4<br />

5<br />

3<br />

DNF<br />

11<br />

5<br />

15<br />

1<br />

2 5 4 3<br />

8 1 3 2 11<br />

0 1 2 7 14 20 13 9 5 2<br />

9<br />

1<br />

1<br />

4 5 16 3<br />

15<br />

73 25<br />

1 1 1 1<br />

1<br />

Typisch: Erst wartet man Jahre, bis ein ehemaliger<br />

Cyclocross-Champion die Frühjahrsklassiker<br />

dominiert, und dann kommen<br />

drei auf einmal daher. Zdenek Štybar stand<br />

in den letzten Jahren als dreifacher Cross-Weltmeister,<br />

der sich auf die Straße verlegt hat, allein<br />

auf weiter Flur. Seine Frühjahrs-Palmarès waren<br />

beeindruckend – Siege beim Strade Bianche und<br />

in diesem Jahr beim Omloop Het Nieuwsblad und<br />

E3 Harelbeke, während er bei Paris–Roubaix auf<br />

dem Podium gestanden hat. Aber 2018 tauchte<br />

Wout Van Aert auf, ebenfalls dreifacher Cross-<br />

Weltmeister, der Top-Ten-Resultate bei Strade<br />

Bianche, Gent–Wevelgem und der Flandern-<br />

Rundfahrt geholt hat. Und 2019 war das Frühjahr<br />

von Mathieu van der Poel, der zwar erst zwei Regenbogentrikots<br />

hat, aber Vierter bei Flandern<br />

und Gent–Wevelgem wurde, Dwars door Vlaanderen<br />

gewann und vor allem einen sensationellen<br />

Sieg beim Amstel Gold Race herausfuhr.<br />

Im letzten Jahrzehnt haben nationale Verbände,<br />

die Nachwuchs für die Straße fördern wollten,<br />

den Bahnradsport als Weg dorthin genutzt. Australien<br />

und Großbritannien haben mit ihren<br />

Bahnprogrammen in den frühen 2000ern eine<br />

goldene Generation von Straßenfahrern hervorgebracht.<br />

Andere, wie Italien, haben es ihnen<br />

nachgemacht – Elia Viviani ist Olympiasieger im<br />

Omnium. Aber man darf gespannt sein, ob die<br />

Cyclocross-Route weiter ausgebaut wird oder ob<br />

Straßen-Talentscouts nach Cross-Fahrern Ausschau<br />

halten, die Štybar, Van Aert und van der<br />

Poel nacheifern können. Der Brite Tom Pidcock ist<br />

ein U23-Zeitfahr-Weltmeister und Roubaix-Sieger<br />

der Junioren, aber er ist auch Junioren- und<br />

U23-Cyclocross-Champion. Sicher ist, dass van<br />

der Poel nicht der letzte konvertierte Crosser ist,<br />

der ein großes Straßenrennen gewinnt.<br />

84 PROCYCLING | JUNI 2019

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