Procycling 06.2019
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MAXIMILIAN SCHACHMANN<br />
EIN FAHRER FÜR JEDES TERRAIN<br />
Seine tolle Form untermauert er im Sommer<br />
mit einem dritten Platz bei den Europameisterschaften<br />
im Zeitfahren und einem überzeugenden<br />
Auftritt bei der Deutschland Tour: Bei der<br />
Wiedergeburt des Rennens ist er einer der dominierenden<br />
Fahrer, gewinnt eine Etappe und wird<br />
Gesamt-Dritter. Das UCI World Ranking 2018<br />
Schlusssprint der dritten Etappe<br />
der Baskenland-Rundfahrt. Schachmann<br />
setzt sich souverän durch und<br />
verteidigte mit dem Etappensieg<br />
sein gelbes Führungstrikot.<br />
beendet Schachmann, wohlgemerkt in seinem<br />
zweiten Profijahr, als drittbester deutscher Fahrer<br />
– es sind Leistungen, die Begehrlichkeiten bei anderen<br />
Teams wecken. Am Ende sichert sich das<br />
deutsche Team Bora–hansgrohe die Dienste des<br />
Youngsters: „Über das große Potenzial von Maximilian<br />
muss man nicht viele Worte verlieren, das<br />
hat er in diesem Jahr schon eindrucksvoll unter<br />
Beweis gestellt. Maximilian wird bei uns die Gelegenheit<br />
bekommen, sich langsam zu entwickeln.<br />
Er hat großes Potenzial auf allen Terrains,<br />
das muss behutsam aufgebaut werden“, sagt dessen<br />
Teammanager Ralph Denk bei der Vertragsunterzeichnung.<br />
Denk meint das wörtlich: Um Schachmann<br />
nach der harten Saison 2018 mehr Zeit zur Regeneration<br />
und zudem Ruhe für eine Folge-Operation<br />
seiner Verletzung von der Polen-Rundfahrt<br />
2017 zu geben, beginnt das Training unter dem<br />
neuen Trainer Dan Lorang erst Mitte Dezember.<br />
Trotzdem ist Schachmann bereits im März bei der<br />
UAE-Tour wieder in Topform. Fast mühelos hält<br />
er dort am Berg das Tempo von Fahrern wie Alejandro<br />
Valverde und Michał Kwiatkowski, kurze<br />
Zeit später gewinnt er wie im Vorjahr eine Etappe<br />
bei der Katalonien-Rundfahrt. Es folgt der starke<br />
April, in dem Schachmann mit seinen jüngsten<br />
Auftritten bei der Baskenland-Rundfahrt und den<br />
Ardennenklassikern den endgültigen Durchbruch<br />
schafft. Wie er sich diese erneute Leistungssteigerung<br />
selbst erklärt, wollen wir wissen: „Ich<br />
glaube, dass diese Saison eine konsequente Weiterentwicklung<br />
der letzten Jahre ist. Und damit<br />
meine ich nicht nur meine Form: Mein Bikehandling<br />
ist besser geworden, ich habe mehr Erfahrung<br />
und ich kann auf die Analysen meiner bisherigen<br />
Rennen aufbauen“, so Schachmann.<br />
Auch in diesen Tagen beweist der Bora-Profi<br />
also, dass genau jenes analytische Denken eine<br />
seiner stärksten Qualitäten ist. „Die Erwartungshaltung<br />
ist jetzt natürlich viel höher. Es wird sich<br />
daher zeigen, ob ich noch Luft nach oben habe.<br />
Mittlerweile bin ich in einer Gruppe von Fahrern<br />
angekommen, wo die Tagesform und das Quäntchen<br />
Glück zählen“, erzählt er mit der nötigen<br />
Distanz. Der Stolz auf das Geleistete ist Schachmann<br />
freilich trotzdem anzumerken. So freue er<br />
sich, dass ihn mittlerweile auch Fahrer wie Vincenzo<br />
Nibali oder Alejandro Valverde vor dem<br />
Rennen ansprechen, wie er lachend anmerkt.<br />
Denn zu ihren Reihen dazuzugehören – das<br />
ist das langfristige Ziel des Maximilian Schachmann,<br />
der trotz seiner erst zweieinhalbjährigen<br />
Profikarriere bereits einen prestigeträchtigen Palmarès<br />
vorzuweisen hat. Dabei kann er sich sogar<br />
den Luxus erlauben, sich noch nicht festlegen zu<br />
wollen, auf welches Terrain er sich langfristig spezialisieren<br />
will. Selbst die großen Landesrundfahrten<br />
seien ein Thema, das er noch nicht zu<br />
100 Prozent ausschließen wolle, wie er meint:<br />
„Im Moment liegt mir tatsächlich fast alles ganz<br />
gut. Ich komme gut mit den Klassikern zurecht,<br />
kann Zeitfahren und auch bei Sprints aus Gruppen<br />
kann ich mich zeigen. Und selbst lange Berge<br />
sind ja eigentlich nur eine Rechnung aus mehr<br />
Watt und weniger Kilo“, überlegt er. Schachmann<br />
ist jemand, der realistisch denkt – gerade deshalb<br />
ist es keine Abwegigkeit, dass er in Zukunft einen<br />
weiteren Leistungssprung schafft. Denn eines ist<br />
sicher: Wer sich in seiner dritten Profisaison bereits<br />
mit den Besten bei einem Rennen wie Lüttich–Bastogne–Lüttich<br />
messen kann – und das<br />
bei widrigsten Witterungsbedingungen –, der hat<br />
eine große Zukunft vor sich.<br />
JUNI 2019 | PROCYCLING 47