Procycling 06.2019
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CHRISTINE MAJERUS<br />
© Getty Images<br />
Es kann gut sein, dass Ihnen Christine<br />
Majerus schon einmal aufgefallen ist. Die<br />
Boels-Dolmans-Fahrerin ist leicht auszumachen<br />
dank ihrer blau-weiß-roten Streifen der<br />
luxemburgischen Meisterin, die sie seit 2010 in<br />
jeder Saison trägt. Aber obwohl Majerus ein fester<br />
Bestandteil eines der erfolgreichsten Radsportteams<br />
der letzten sechs Jahre ist und zu einigen<br />
seiner größten Siege beigetragen hat, sind es ihre<br />
Teamkolleginnen, die die Schlagzeilen bestimmen.<br />
Die letzten vier Straßenweltmeisterinnen<br />
waren Boels-Fahrerinnen, und auch wenn die Dominanz<br />
des Teams nicht mehr absolut ist, hat es<br />
viele große Rennen gewonnen.<br />
Majerus betrachtet sich nicht als Star und fährt<br />
häufig als Helferin. Aber sie ist eine Wegbereiterin,<br />
eine der wenigen Fahrerinnen ihres Landes in<br />
der Women’s WorldTour. 2019 ist sie eine von<br />
nur zweien; Chantal Hoffmann von Lotto Soudal<br />
ist die andere.<br />
Luxemburg hat, was Radprofis anbelangt, immer<br />
mehr Qualität als Quantität hervorgebracht.<br />
Die erste Weltmeisterin überhaupt, Elsy Jacobs,<br />
war aus Luxemburg. Jacobs war eine Pionierin,<br />
die das Regenbogentrikot 1958 trug. Bei den<br />
Männern sind die Namen bekannter: Charly Gaul,<br />
Kim Kirchen, die Schleck-Brüder Andy und Fränk<br />
sowie heute Bob Jungels zählen zu den fünf berühmtesten.<br />
Trotzdem haben sich wenige Fahrerinnen<br />
durchgesetzt. Viele hatten das Talent dafür,<br />
aber der Weg und die Möglichkeiten, die<br />
ihnen geboten wurden, waren viel weniger klar als<br />
bei den Männern. Der Pool weiblicher Fahrer ist<br />
so klein, das Majerus’ Hauptziel in dieser Saison<br />
ist, genug UCI-Punkte zu sammeln, um sich für<br />
Olympia in Tokio 2020 zu qualifizieren – ihre<br />
Verantwortung als Luxemburgs Topfahrerin. Majerus<br />
ist zwar kein Star, doch sie hält die Fahne<br />
auf jeden Fall hoch.<br />
Als <strong>Procycling</strong> Majerus in ihrem Team-Hotel<br />
im belgischen Moorsel trifft, sind es noch zwei<br />
Tage hin bis zur Flandern-Rundfahrt, einem ihrer<br />
Lieblingsrennen. Es war ein frustrierender Start<br />
in die Saison für sie. Nachdem sie im Winter die<br />
Cyclo cross-Saison absolviert hatte, kam sie in guter<br />
Form in die Saison, stürzte aber beim Omloop<br />
Het Nieuwsblad, ihrem ersten Rennen. Daher<br />
fuhr sie beim Strade Bianche hinterher und kam<br />
dann bei der Ronde van Drenthe erneut zu Fall.<br />
Wie Majerus es sieht, sind das halbe Frühjahr und<br />
Majerus fährt schon seit 2010 im Trikot<br />
der luxemburgischen Straßenmeisterin.<br />
die wertvollen UCI-Punkte, die zu holen sind,<br />
schon vergeudet.<br />
Aber das mindert Majerus’ Begeisterung für<br />
diese Jahreszeit nicht. Über die Flandern-Rundfahrt<br />
sagte sie: „Es ist ein Tag, es ist oft schlechtes<br />
Wetter, Kopfsteinpflaster und du musst dein Rad<br />
beherrschen. Wenn du einen Cyclocross-Hintergrund<br />
hast, hilft es. Ich mag alle Klassiker, erst<br />
recht, seit ich bei Boels bin.“<br />
Aber sie schätzt ihre Chancen, selbst ein Ergebnis<br />
zu erzielen, realistisch ein. Ihre Rolle wird<br />
sein, sich für die anderen zu opfern „Ich bin die<br />
letzten vier Jahre mit Weltmeisterinnen gefahren,<br />
und sie haben auch Frühjahrsklassiker gewonnen,<br />
daher hatte ich keine Wahl, aber deswegen liebe<br />
ich die Rennen nicht weniger“, sagt sie.<br />
Majerus beeilt sich zu betonen, dass sie bei<br />
Boels-Dolmans nicht die Teamkapitänin ist. Tatsächlich<br />
sagt sie es ziemlich oft. Sie ist Allrounderin,<br />
kann in Anstiegen von bis zu rund zwei Kilo-<br />
58 PROCYCLING | JUNI 2019