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Procycling 06.2019

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CHRISTINE MAJERUS<br />

rin Marta Bastianelli, die sieben Teamkolleginnen<br />

unter den 31 Fahrerinnen hatte, die weniger<br />

als eine Minute hinter ihr waren, weit vor dem<br />

Rest des Feldes. Es waren auch sieben holländische<br />

Fahrerinnen da, und ihre Taktik diktierte<br />

das Rennen.<br />

„Das war der wohl schlimmste Tag, den ich<br />

gesehen habe. Ich sah nur Orange, und sie dominieren<br />

das Rennen einfach. Ich hätte um eine<br />

Medaille mitfahren können, aber sie haben dich<br />

nur abblitzen lassen, die ganze Zeit. Ich mag sie,<br />

ich habe mein halbes Leben mit den Dutchies<br />

verbracht. Doch du kannst als Fahrerin gut sein,<br />

aber du bekommst nie eine Chance, weil du es<br />

nicht mit acht Dutchies aufnehmen kannst. Bei<br />

der Cyclocross-WM in diesem Jahr gab es diese<br />

lange Gerade. Ich schaute auf und sah nur Orange.<br />

Es ist nett, dass sie sehr stark sind, es ist gut<br />

für sie und das System funktioniert, aber“, sagt<br />

sie und stößt Luft aus, „wenn du aus einem kleineren<br />

Land kommst, ist es ein bisschen schwer<br />

zu akzeptieren.“<br />

Bei der Weltmeisterschaft 2023 haben die Athleten<br />

zwar mehrere Tage Zeit zwischen den<br />

Bahn- und Straßenwettbewerben. Der Nachteil<br />

ist, dass sie die ganze Saison über beides trainieren<br />

müssen, statt es zu trennen. Peter Sagan<br />

und Ferrand-Prévot wollten bei den Olympischen<br />

Spielen 2016 sowohl Mountainbike als<br />

auch auf der Straße fahren und mussten sich für<br />

eins entscheiden, oder sie hätten sich in beiden<br />

Disziplinen schwergetan.<br />

„Der Sport wird so spezialisiert, du musst das<br />

Training darauf einstellen. Für ein WM-Straßenrennen<br />

zu trainieren ist wirklich nicht dasselbe,<br />

wie für ein Mountainbike-Rennen zu trainieren,<br />

gerade auf höchstem Niveau“, sagt sie.<br />

Aber vor 2023 kann sich Majerus auf einiges<br />

konzentrieren. Die Flagge ihres Landes hochzuhalten,<br />

ist eine Verantwortung, die sie ernst<br />

nimmt, auch wenn sie hofft, dass andere sich ihr<br />

bald anschließen.<br />

„Ich hoffe, dass ich den Mädchen in den letzten<br />

paar Jahren gezeigt habe, dass es möglich ist“,<br />

sagt sie. „Jetzt sehen wir, dass einige Mädchen<br />

versuchen, in den Radsport einzusteigen, und es<br />

ist schön zu sehen, dass ich vielleicht etwas dazu<br />

beigetragen habe.“<br />

„DU KANNST ALS FAHRERIN GUT SEIN, ABER DU<br />

BEKOMMST NIE EINE CHANCE, WEIL DU ES NICHT MIT<br />

ACHT DUTCHIES AUFNEHMEN KANNST.“<br />

Majerus ist eine von nur fünf Fahrerinnen,<br />

die Straßenradsport mit Cyclocross auf<br />

höchstem Niveau kombinieren – Marianne<br />

Vos, Lucinda Brand, Pauline Ferrand-Prévot<br />

und Jolanda Neff sind die anderen. Ohne Radrennbahn<br />

in Luxemburg ist Cross im Winter die<br />

Sportart der Wahl. Nach einer Saison, in der sie<br />

für andere auf der Straße fährt, gibt es ihr Freiheit.<br />

„Manchmal macht es mehr Spaß als auf der<br />

Straße. Auf der Straße ist es strenger“, sagt sie.<br />

„Ich muss nicht an andere denken; ich kann mich<br />

auf mich selbst konzentrieren. Nach einer langen<br />

Zeit, wo ich für andere da sein muss, ist es gut für<br />

die Psyche.“<br />

Wenige Fahrerinnen nehmen regelmäßig sowohl<br />

Straße als auch Cross auf höchstmöglichem<br />

Niveau in Angriff – was zeigt, wie groß die Herausforderung<br />

ist. Die Struktur des Kalenders gibt<br />

den Fahrerinnen aber die Möglichkeit, es auszuprobieren.<br />

Sowohl Bahn als auch Cross finden im<br />

Winter statt, wenn die Straßensaison ruht. Aber<br />

in vier Jahren wird es anders aussehen, wenn bei<br />

der ersten kombinierten Radsport-Weltmeisterschaft<br />

2023 in Glasgow Fahrer und Fahrerinnen<br />

in zwei Wochen im August um Regenbogentrikots<br />

auf der Straße, der Bahn, im Mountainbiking<br />

und BMX kämpfen.<br />

Es wird als Radsport-Olympia verkauft, aber<br />

Majerus ist skeptisch. „Da ist die Gefahr, es zu<br />

übertreiben. Ich glaube, Burnout ist ein echtes<br />

Problem. Ich habe Angst, dass die UCI die Gesundheit<br />

der Athleten nicht über ihr Marketing<br />

und/oder das finanzielle Ergebnis stellt“, sagt sie.<br />

Majerus gewinnt die erste<br />

Etappe ihres Heimrennens<br />

Festival Elsy Jacobs 2017.<br />

© Velofocus<br />

JUNI 2019 | PROCYCLING 61

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