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FOKUS LINN

FOKUS LINN Nr. 5 – Jubiläumsausgabe Mai 2019

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IDENTITÄT<br />

«Gefordert haben wir das<br />

schon lange. Doch jetzt, da<br />

Dickbuch eine Ortschaft ist,<br />

hat unsere Forderung mehr<br />

Gewicht.»<br />

Hofstetten – und damit auch in Hofstettens<br />

grösstem Ortsteil Dickbuch mit seinen weit<br />

über hundert Einwohnern – nämlich nach<br />

wie vor unbenannt. Statt auf Strassennamen<br />

beruhte die Gebäudeadressierung auf<br />

den Versicherungsnummern. Das heisst,<br />

jedes Haus, das in Hofstetten gebaut worden<br />

war, hatte jeweils fortlaufend die<br />

nächste Versicherungsnummer zugewiesen<br />

erhalten, egal wo auf dem Gemeindegebiet<br />

es zu stehen gekommen war. Als<br />

Ortsfremder ein bestimmtes Gebäude zu<br />

finden, war damit in der 885 Hektaren<br />

grossen Gemeinde mit ihren acht Weilern<br />

(Dickbuch, Jakobstal, Geretswil, Huggenberg,<br />

Tiefenstein, Scheunberg, Steig und<br />

Wenzikon) eine echte Herausforderung.<br />

«Tatsächlich hat einmal eine Ambulanz<br />

oder ein Helikopter jemanden nicht gefunden»,<br />

erinnert sich Ziegler. Ein unschönes<br />

Szenario, das man kein zweites Mal erleben<br />

wollte. Es war daher absolut klar, dass im<br />

Rahmen der Fusion sämtliche Unklarheiten<br />

bezüglich Auffindbarkeit beseitigt und das<br />

bisherige Adressierungssystem durch ein<br />

zweckmässigeres ersetzt werden musste.<br />

Kurz: Es mussten Strassennamen, Hausnummern<br />

und ein neuer Ortschaftsname her.<br />

Liest man die dickbuchschen Strassennamen<br />

– Bienenweg, Bärenstrasse, Pfösistrasse<br />

usw. – macht es den Eindruck, als hätte<br />

es den Bewohnern Spass gemacht, ihre<br />

Strassen mit passenden Namen zu versehen.<br />

Was den Bewohnern hingegen kaum<br />

bewusst gewesen sein dürfte ist, dass sie<br />

nicht nur mitgeholfen haben, die Namenslandschaft<br />

in ihrem Dorf bunter zu gestalten,<br />

sondern dass sie indirekt auch dazu<br />

beigetragen haben, ihr Dorf zu einer Ortschaft<br />

zu machen. Denn tatsächlich ist<br />

Dickbuchs Aufstieg zur Ortschaft eng mit<br />

der neuen Adressierungsform verbunden –<br />

und mit dem Behördenwillen, den Namen<br />

«Ich habe die grosse Hoffnung,<br />

dass es uns jetzt endlich gelingt,<br />

Dickbuch an den öffentlichen<br />

Verkehr anzubinden und das<br />

Postauto hierher zu bringen.<br />

«Dickbuch» unbedingt in der Adressierung<br />

zu erhalten (siehe Kasten: Die Sache mit der<br />

Adressierung).<br />

Ob der neue Status ihres Wohnortes den<br />

Dickbuchern noch weitere Vorteile bringe<br />

als jener, dass sie – im Gegensatz zu früher<br />

– in ihrer Adresse nun ganz und gar Dickbucher<br />

sind, wollen wir von Christoph Ziegler<br />

wissen. Der Gemeindepräsident muss nicht<br />

lange überlegen. «Ich habe die grosse Hoffnung,<br />

dass es uns jetzt endlich gelingt, Dickbuch<br />

an den öffentlichen Verkehr anzubinden<br />

und das Postauto hierher zu bringen.<br />

Gefordert haben wir das schon lange. Doch<br />

jetzt, da Dickbuch eine Ortschaft ist, hat unsere<br />

Forderung mehr Gewicht.» Und dann<br />

Die Sache mit der Adressierung<br />

Für die Gebäudeadressierung ist der<br />

Ortschaftsname massgebend, nicht<br />

der Gemeindename. Bis zur Fusion<br />

zwischen Hofstetten und Elgg war<br />

Dickbuch ein Weiler und grösster Ortsteil<br />

der Ortschaft Hofstetten. Und bei<br />

der Adressierung wurden anstelle des<br />

Strassennamens und der Hausnummer<br />

der Weilername und die Versicherungsnummer<br />

des Gebäudes angegeben.<br />

Die Adresse des Kindergartens lautete<br />

damit: Kindergarten / Dickbuch 421 /<br />

8354 Hofstetten.<br />

Heute beruht die Gebäudeadressierung<br />

in Dickbuch auf dem Prinzip<br />

«Strassenname und strassenweise Hausnummerierung».<br />

Die Strasse, an der<br />

sich der Kindergarten befindet, ist die<br />

«Schulstrasse». Und die fortlaufende<br />

Hausnummer des Gebäudes ist die 17.<br />

Wäre Dickbuch ein Weiler geblieben,<br />

würde die neue Adresse des Kindergartens<br />

Schulstrasse 17 / 8354 Hofstetten<br />

lauten. Dickbuch wäre also<br />

aus der Adressierung verschwunden.<br />

Weil die Gemeindebehörden den<br />

Dickbuchern ihre Identität aber<br />

unbedingt lassen wollten, war es<br />

nötig, beim Kanton und beim Bundesamt<br />

für Landestopografie die Schaffung<br />

der Ortschaft Dickbuch zu beantragen.<br />

Als Ortschaftsname ist Dickbuch in der<br />

Adresse wieder präsent und der Kindergarten<br />

steht, wie es sein soll, an der<br />

Schulstrasse 17 / 8354 Dickbuch.<br />

Eine neue Ortschaft entsteht<br />

Die gesetzlichen Grundlagen für die<br />

Schaffung einer neuen Ortschaft sind<br />

auf Stufe Bund in der Verordnung über<br />

geografische Namen (GeoNV, SR<br />

510.625) geregelt:<br />

––<br />

Der Kanton bestimmt nach Anhörung<br />

der betroffenen Gemeinden<br />

und der Post die Ortschaft und legt<br />

den Ortschaftsnamen und dessen<br />

Schreibweise fest (Art. 21 Abs. 1<br />

GeoNV); die nach kantonalem<br />

Recht zuständige Stelle für die<br />

amtliche Vermessung übernimmt<br />

dabei die Grenzfestlegung (Art. 21<br />

Abs. 2 GeoNV). Der Kanton durchläuft<br />

anschliessend das Genehmigungsverfahren<br />

gemäss Art. 22<br />

GeoNV und meldet die Änderung<br />

an das Bundesamt für Landestopografie<br />

(swisstopo) weiter.<br />

––<br />

Die Post legt die Postleitzahl der<br />

neuen Ortschaft nach Anhörung<br />

von Kanton und Gemeinde fest und<br />

teilt sie dem Bundesamt für<br />

Landestopografie mit (Art. 21 Abs. 3<br />

GeoNV).<br />

––<br />

Das Bundesamt für Landestopografie<br />

(swisstopo) prüft das Gesuch und<br />

entscheidet über dessen Bewilligung<br />

oder Ablehnung. Bewilligt es das<br />

Gesuch, trägt es die neue Ortschaft<br />

im amtlichen Ortschaftenverzeichnis<br />

ein (Art. 24 GeoNV).<br />

Für die Bewilligung oder Ablehung<br />

spielen unter anderem folgende<br />

Kriterien eine Rolle:<br />

«Ortschaften müssen eine landesweite<br />

Bedeutung haben . . . Ortschaften<br />

sollten grundsätzlich aus Sicht der<br />

Adressierung und wegen der Zergliederung<br />

nicht zu klein gewählt werden, in<br />

der Regel nicht unter 100 Einwohner.<br />

Die Bildung von Ortschaften in einer<br />

Gemeinde sollte gesamtheitlich<br />

betrachtet werden. Alle Ortschaften<br />

innerhalb einer Gemeinde sollen nach<br />

gleichen Grundsätzen beurteilt werden.<br />

[…]<br />

Die Bedürfnisse von Rettungsdiensten<br />

für ein einfacheres Auffinden von<br />

Gebäudeadressen müssen erfüllt sein<br />

(geografische Aspekte).<br />

Innerhalb einer Ortschaft müssen alle<br />

Gebäudeadressen eindeutig sein.<br />

Ortschaften sollten klar und eindeutig<br />

abgegrenzt werden.<br />

Wenn ein Ort eine Zentrumsfunktion<br />

hat, soll dieser Name für die Ortschaft<br />

übernommen werden.<br />

[…]<br />

Die historische Bedeutung und auch die<br />

zukünftige Entwicklung (soweit heute<br />

bekannt) von Ortschaften sollen<br />

mitberücksichtigt werden.»<br />

(Bernische Systemische Information<br />

Gemeinden vom 1. Juni 2011 [BSIG Nr.<br />

2/215.341/1.5])<br />

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