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zog sagte zu und galoppierte unvorbereitet<br />
in München mit seinem Bekannten<br />
in 3:24 über die Ziellinie. „Mir hat alles<br />
wehgetan, aber das Laufen durch die<br />
Stadt und die Emotionen im Feld und<br />
im Publikum haben echt Spaß gemacht.“<br />
Das Feuer hatte ihn wieder gepackt.<br />
Als er krank den Silversterlauf in<br />
Innsbruck als Zweiter finishte, zog er sich<br />
eine schwere Herzbeutelentzündung zu<br />
und musste abermals aufhören. „Ich<br />
konnte keine 30 Minuten laufen“, erinnert<br />
er sich. Herzog rappelte sich hoch,<br />
wurde gesund und startete in München<br />
mit den 2:39 nun endgültig seine rasante<br />
Reise durch die österreichische Laufszene.<br />
PETER HERZOG<br />
geboren am 1. August 1987,<br />
aus Leogang bzw. Saalfelden<br />
Verein: Union Salzburg LA<br />
Marathon-Bestzeit: 2:10:57 Stunden<br />
Halbmarathon-Bestzeit: 1:03:22 Stunden<br />
Größte Erfolge: 10. Platz bei der EM 2018<br />
und Bronze in der Nationenwertung,<br />
Startplatz für Olympia <strong>2020</strong> in Tokio<br />
(Marathon am 9. August in Sapporo).<br />
Das Potenzial optimiert<br />
2018 beim Vienna City Marathon<br />
(2:16) holte er sich das Ticket für die<br />
Europameisterschaft und einen Platz im<br />
Nationalteam. Die EM wurde zur Sternstunde:<br />
Der Pinzgauer lief in 2:15 Stunden<br />
neuen Salzburger Landesrekord und<br />
auf Rang zehn. Mit Lemawork Ketema<br />
(2:13) und Christian Steinhammer<br />
(2:20) holte Österreich überraschend<br />
EM-Bronze in der Teamwertung. Herzog<br />
war bis dahin berufstätig, beendete<br />
nun aber seine Arbeit im Gymnasium,<br />
wurde Profi als Heeressportler in Hochfilzen<br />
und bekam wertvolle Partner und<br />
Sponsoren. „Diese Chance kriegst du<br />
nur einmal“, wusste er. Ab 2019 wurde<br />
noch einmal alles optimiert, „denn ich<br />
hatte mein Potenzial noch lange nicht<br />
abgerufen.“ Ernährung, Höhentraining,<br />
Gewichtsoptimierung, vor allem die Regeneration<br />
wurden wichtiger und damit<br />
hat man eine weitere Leistungsexplosion<br />
eingeleitet, „die selbst für mich nicht<br />
vorstellbar war“. Er trommelte 2019 in<br />
Berlin die 42 km in 2:10:57 herunter –<br />
Rang drei in der ewigen Bestenliste Österreichs<br />
und das Ticket für Olympia<br />
<strong>2020</strong>. Fast wie ein Traum, aber Herzogs<br />
Reise ist noch nicht zu Ende. „Ich werde<br />
immer mehr und mehr zum Marathonläufer<br />
und bin gemessen an Laufjahren<br />
noch jung und unverbraucht. Ich kann<br />
noch was drauflegen“, sagt der 32-Jährige.<br />
Wohl nicht bei Olympia, da gibt es<br />
keine Pacemaker und zu viel Trödeltaktik<br />
am Beginn, aber 2021 will er seine<br />
Bestzeit noch einmal verbessern.<br />
Unverbraucht scheint auch sein Zugang<br />
zum Laufsport. Der Hobbyläufer<br />
steckt noch in ihm. „Klar macht es nicht<br />
immer Spaß, wenn du 200 km in der<br />
Woche trainierst, aber ich laufe, weil es<br />
mich wie früher befreit und mir Freude<br />
bereitet. Dieses Gefühl, wenn du richtig<br />
schnell läufst, das ist wie Fliegen. Das ist<br />
mega.“ Dass seine Leistungsexplosion<br />
(und sein nordischer Background) einigen<br />
verdächtig vorkommt, wischt er weg<br />
und geht in die Offensive. „Ja, eigentlich<br />
ist das eine klassische Dopingkarriere.<br />
Aber ich bin halt als Spätzünder eingestiegen<br />
und kann erst nach und nach<br />
mein Potenzial abrufen. Ein untypischer,<br />
verrückter Weg.“<br />
Dabei kämpft er als ungelernter Läufer<br />
ohne Grundlaufschule auch mit der<br />
Technik. Hauptaugenmerk ist eine Ökonomisierung<br />
seines Laufstils. „Noch brauche<br />
ich zu viel Energie, weil ich zu kraftvoll<br />
laufe. Ich muss sehr bewusst laufen,<br />
damit es sich rund anfühlt. Die Schrittfrequenz<br />
haben wir schon um fünf, sechs<br />
Schritte pro Minuten steigern können.<br />
Klingt wenig, ist bei einem Marathon<br />
aber sehr viel.“ Seine frühere Anfälligkeit<br />
für Krankheiten nach Wettbewerben hat<br />
man nun gut im Griff. Auch, weil Herzog<br />
nicht mehr zwischen Schneehaufen auf<br />
der selbst freigeräumten Laufbahn in<br />
Saalfelden trainieren muss, sondern sich<br />
in Trainingslagern in Portugal auf Olympia<br />
vorbereitet. „Schnee und Eis machen<br />
starke Beine“, grinst der Überflieger,<br />
„aber für die Schnelligkeit brauchst du<br />
andere Einheiten.“<br />
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