Down-Syndrom und Homosexualität - Deutsches Down-Syndrom ...
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juristischen Fortschritte r<strong>und</strong> um die<br />
<strong>Homosexualität</strong> dazu geführt, dass sie<br />
von der breiten Öffentlichkeit nicht<br />
mehr als so abwertend beurteilt wird,<br />
sie wird von den meisten Menschen als<br />
Tatsache akzeptiert, wenn noch manchmal<br />
widerwillig.<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> dagegen erzeugt<br />
eher Mitleid, wird mit Kummer <strong>und</strong> Leid<br />
gleichgestellt, weshalb es von der Gesellschaft,<br />
obwohl es viele positive Veränderungen<br />
gegeben hat, wird immer<br />
noch als ein großes Unglück betrachtet.<br />
Zusammen könnte das Gemisch<br />
kaum explosiver sein. Jesus Gonzalez<br />
hat es klar definiert: Das Unglück, behindert<br />
zu sein, verb<strong>und</strong>en mit dem Laster<br />
der <strong>Homosexualität</strong>, bedeutet für die<br />
betreffende Person, dass sie in eine extreme<br />
Ausgrenzungssituation gerät, die<br />
völlig inakzeptabel ist.<br />
Sexuelle Orientierung annehmen –<br />
ein extrem schwieriger Prozess<br />
Aus der sozialen Perspektive ist <strong>Homosexualität</strong><br />
nicht das Verhalten, das man<br />
erwartet. Vielmehr geht man davon aus,<br />
dass junge Menschen heterosexuell sind<br />
<strong>und</strong> dass dies genauso für Menschen mit<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> zutrifft. Und eigentlich<br />
wird im Allgemeinen erwartet, dass der<br />
Behinderte seine Sexualität unterdrückt<br />
<strong>und</strong> unter Kontrolle hält, er darf sie<br />
nicht ausleben, muss sich beherrschen.<br />
Daher wird der Prozess, die eigene<br />
sexuelle Orientierung anzunehmen, für<br />
eine Person mit einer Behinderung noch<br />
viel schwieriger, sich zu „outen“ erst<br />
recht. Diese Menschen stehen unter einem<br />
enormen Druck. Ihre Kommunikationsmöglichkeiten<br />
sind meistens sehr<br />
eingeschränkt, deshalb wird es lange<br />
dauern, bis sie eine Lösung für ihre<br />
außergewöhnliche psychologische Situation<br />
finden.<br />
Wenn die Person in einer ländlichen<br />
Umgebung lebt oder in einer Familie,<br />
deren religiöse <strong>und</strong> politische Einstellung<br />
sehr konservativ ist, macht das die<br />
Situation noch komplizierter.<br />
Außerdem sitzen sie irgendwie zwischen<br />
den Stühlen: Im Homomilieu werden<br />
sie als behindert abgestempelt <strong>und</strong><br />
ausgegrenzt, innerhalb der Gruppe von<br />
Menschen mit Behinderung gelten sie<br />
als Gay <strong>und</strong> werden ebenfalls ausgegrenzt.<br />
Der psychologische Schmerz <strong>und</strong> die<br />
emotionale Einsamkeit treten mit Sicherheit<br />
ganz heftig am Ende der Ado-<br />
leszenzzeit <strong>und</strong> während der ersten<br />
Jahre als junge Erwachsene auf.<br />
Deshalb kann man nicht ausschließen,<br />
dass als Konsequenz dieser<br />
Problematik große psychische Probleme<br />
entstehen, die einer professionellen Begleitung<br />
bedürfen. Es kann für die betreffende<br />
Person unerträglich sein, mit<br />
diesem Schmerz leben zu müssen.<br />
Umfeld sensibilisieren<br />
Es bedarf einer sozialen Umwandlung,<br />
die mehr Vernunft, Humanität <strong>und</strong> Gerechtigkeit<br />
in diese morbide Welt des<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>s <strong>und</strong> der <strong>Homosexualität</strong><br />
bringt. Dazu müssen Techniken<br />
entwickelt <strong>und</strong> Maßnahmen getroffen<br />
werden. Ein sehr schwieriges Unterfangen.<br />
Es soll mit allen Betroffenen offen<br />
<strong>und</strong> ruhig über die Problematik gesprochen<br />
werden, die Gespräche sollten in<br />
einer entspannten Atmosphäre stattfinden<br />
<strong>und</strong> es müssen Informationen vermittelt<br />
werden, die beruhigend wirken.<br />
Familie <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e sollten aufgeklärt<br />
werden <strong>und</strong> die betreffende Person<br />
soll sich „outen“.<br />
Barrieren müssen abgebaut werden,<br />
aber nicht nur die physischen, sondern<br />
auch die psychosozialen, die von noch<br />
größerer Bedeutung sind.<br />
Das Benutzen von speziellen Hilfsmitteln<br />
<strong>und</strong> das Lernen konkreter Tech-<br />
PSYCHOLOGIE<br />
niken ermöglichen <strong>und</strong> erleichtern es<br />
denjenigen, die affektive <strong>und</strong> sexuelle<br />
Bedürfnissen haben <strong>und</strong> diese auch ausleben<br />
möchten. Auch das Schaffen von<br />
Rückzugsmöglichkeiten gehört dazu,<br />
um nur eine der notwendigsten Maßnahmen<br />
aufzuzeigen.<br />
Werte <strong>und</strong> Inhalte speziell über Sexualität<br />
<strong>und</strong> Behinderung sollten Teil<br />
der alltäglichen Erziehung sein <strong>und</strong> im<br />
schulischen Unterricht vermittelt werden.<br />
Außerdem sollen Aktionen, die zur<br />
Sensibilisierung des sozialen Umfeldes<br />
dienen, gefördert werden, damit die Stereotypen,<br />
das falsche Wissen <strong>und</strong> die<br />
Vorurteile über Gefühlsleben <strong>und</strong> Sexualität,<br />
die das tägliche Leben dieser<br />
Menschen so deutlich prägen, verschwinden<br />
können.<br />
Quelle:<br />
Dieser Artikel erschien in „<strong>Down</strong>“ Ausgabe 32,<br />
Januar/April 2006.<br />
Dieses Magazin wird herausgegeben von der<br />
Federación Espanola del Sindrome de <strong>Down</strong>.<br />
Der Autor José Luis Garcia ist Psychologe <strong>und</strong><br />
Sexologe. Er ist Autor einer Reihe sexualpädagogischer<br />
Materialien, die in Spanien<br />
öfter preisgekrönt wurde.<br />
Wir danken dem Autor <strong>und</strong> dem spanischen<br />
DS-Verein für die Genehmigung, den Artikel zu<br />
übersetzen <strong>und</strong> in Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
zu veröffentlichen.<br />
2005 erschien im G&S Verlag, Edition 21 das<br />
Buch “Sexualität” – ein Ratgeber für Eltern<br />
von Kindern mit Handicap, in dem sich die<br />
Autoren in einem Kapitel auch mit dem Thema<br />
“<strong>Homosexualität</strong>” beschäftigen.<br />
Dort findet sich u.a. folgende Geschichte: Viele<br />
Eltern vermuten, dass ihr Kind homosexuell<br />
sein könnte. Ein junger Mann erzählte, dass<br />
sein Vater ihn eines Tages beiseite nahm <strong>und</strong><br />
sagte: „Ich hoffe, du bist mir nicht böse, aber<br />
deine Mutter <strong>und</strong> ich glauben, dass du schwul<br />
bist <strong>und</strong> Angst hast, es uns zu sagen. Wir lieben<br />
dich aber genauso, wie du bist <strong>und</strong> wenn<br />
du mit anderen Männern zusammen sein<br />
willst, bitten wir dich nur, sie uns auch einmal<br />
vorzustellen <strong>und</strong> uns weiterhin an deinem Leben<br />
teilhaben zu lassen.“<br />
Der junge Mann sagte, er hätte seinen Vater<br />
nie mehr geliebt, als in diesem Moment!<br />
Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Nr. 53, Sept. 2006 25