Studiengang Sicherheits - BDSW
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Die BunDesnetzagentur für arBeit<br />
geht nach Medienberichten davon aus, dass<br />
zwischen 100.000 und 140.000 Personen aus<br />
mittel- und osteuropäischen Staaten von der<br />
in der Bundesrepublik Deutschland am 1. Mai<br />
in Kraft getretenen Arbeitnehmerfreizügigkeit<br />
Gebrauch machen werden. Die polnische Arbeitsministerin<br />
Fedak geht von bis zu 100.000<br />
jährlich nach Deutschland wandernden Polen<br />
aus (FAZ v. 29.04.2011). Fast alle Forschungsinstitute<br />
bewegen sich nach Angaben dieser<br />
Zeitung „innerhalb eines Korridors zwischen<br />
100.000 und 200.000 im Jahr“. Häufig werde<br />
dabei nur Schwarzarbeit legalisiert. Denn<br />
schon bisher arbeiteten ca. 425.000 Bürger<br />
aus den acht mittel- und osteuropäischen<br />
Beitrittsländern nach Schätzungen des Statistischen<br />
Bundesamtes in Deutschland. Der<br />
deutsche Arbeitsmarkt sei vor allem dank des<br />
derzeitigen Aufschwungs für Osteuropäer<br />
hoch attraktiv. Das Kölner Institut der deutschen<br />
Wirtschaft (IW) erwartet – ebenso wie<br />
das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung<br />
(IAB) laut FAZ vom 27.04.2011 zwar<br />
keine „unbeherrschbare Zuwanderungswelle<br />
und kein ungebremstes Lohndumping“, rechnet<br />
aber zunächst mit einem kräftigen Schub:<br />
2011 und 2012 könnten bis zu 800.000 Menschen<br />
zum Arbeiten nach Deutschland ziehen.<br />
Danach werde der Zustrom abebben. Bis 2020<br />
könnten rund 1,2 Millionen kommen. Im Verhältnis<br />
zu den neunziger Jahren des vorigen<br />
Jahrhunderts mit 3,3 Millionen Immigranten<br />
sei die zu erwartende Zuwanderung aber<br />
relativ gering. Das Institut für Wirtschaftsforschung<br />
Halle weist nach Angaben der<br />
FAZ vom 29. April darauf hin, dass neun<br />
von zehn Polen in die wirtschaftsstarken *<br />
Ballungsgebiete Westdeutschlands gezogen<br />
sind, weil dort höhere Löhne gezahlt<br />
würden. Der Osten Deutschlands sei eher<br />
WIRTSChAFT UND POLITIK<br />
Wird die Arbeitnehmer-<br />
freizügigkeit den Markt<br />
der <strong>Sicherheits</strong>wirtschaft<br />
verändern?<br />
Von Manfred Buhl<br />
„Durchgangsstation“ auf dem Zug nach Westen.<br />
Welchen Einfluss hat die seit 1. Mai gültige<br />
Arbeitnehmerfreizügigkeit auf den Markt der<br />
<strong>Sicherheits</strong>wirtschaft in Deutschland? Diese<br />
Frage ist für <strong>Sicherheits</strong>unternehmer ebenso<br />
bedeutsam wie für die Beschäftigten des <strong>Sicherheits</strong>gewerbes.<br />
Wie soll sich die <strong>Sicherheits</strong>wirtschaft<br />
auf die neue Rechtslage und<br />
die zu erwartende Arbeitnehmerimmigration<br />
einstellen?<br />
1. Was bedeutet das In-Kraft-<br />
Treten der Arbeitnehmerfreizügigkeit?<br />
In der EU herrscht für Bürger der EU-<br />
Staaten gem. Art. 45 des Vertrages über die<br />
Arbeitsweise der EU (AEUV) und Art. 15 Abs.2<br />
der Charta der Grundrechte die EU Niederlassungsfreiheit.<br />
Auch Bürger der am 1. Mai<br />
2004 der EU beigetretenen Staaten Estland,<br />
Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien,<br />
Tschechien und Ungarn durften in Deutschland<br />
nach deutschem Recht schon bisher eine<br />
Firma oder eine Niederlassung gründen. Sie<br />
durften auch grenzüberschreitend deutschen<br />
Unternehmen Arbeitnehmer überlassen, wenn<br />
die Vorschriften des AÜG eingehalten wurden.<br />
Anders als Großbritannien, Irland und Schweden<br />
- ab 2006 auch Finnland, Griechenland,<br />
Portugal und Spanien - hat die Bundesrepublik<br />
aber nach Maßgabe des Beitrittsvertrages<br />
der genannten mittel- und osteuropäischen<br />
Staaten vom 16.04.2003 von der Möglichkeit<br />
Gebrauch gemacht, die Freizügigkeit von Bürgern<br />
dieser Staaten einzuschränken und ihre<br />
Arbeitsaufnahme von einer Erlaubnis der örtlichen<br />
Arbeitsagentur abhängig zu machen.<br />
Nach einer zweifachen Verlängerung - nach<br />
zwei Jahren um drei und dann nochmals um<br />
zwei Jahre - ist diese Einschränkung endgültig<br />
am 1. Mai 2011 ausgelaufen.<br />
2 | 2011<br />
manfreD BuHl ist BDWSizepräsident<br />
sowie CEO und Vorsitzender<br />
der Geschäftsführung<br />
SECURITAS <strong>Sicherheits</strong>dienste Holding<br />
Deutschland.<br />
Eine Voraussage, wie viele Bürger dieser<br />
acht Beitrittsländer, die zusammen eine<br />
Wohnbevölkerung von 74 Millionen haben,<br />
von der Möglichkeit der Arbeitsaufnahme in<br />
Deutschland nun Gebrauch machen werden,<br />
ist vor allem deshalb schwierig, weil die Arbeitslosenquoten<br />
und die Lohnniveaus unterschiedlich<br />
sind:<br />
Beitrittsland<br />
Arbeitskosten<br />
/<br />
Stunde 2009<br />
Arbeitslosenquote<br />
2011*<br />
Slowenien 14,00 Euro 7,2 %<br />
Tschechien 9,60 Euro 7,0 %<br />
Estland 7,80 Euro 15,1 %<br />
Ungarn 7,60 Euro 11,0 %<br />
Slowakei 7,50 Euro 14,2 %<br />
Polen 6,90 Euro 9,2 %<br />
Litauen 5,80 Euro 16,9 %<br />
Deutschland 30,90 Euro 6,7 %<br />
(Quelle: Destatis von Eurostat und EUK, Eurostat)<br />
* (Prognose / vorläufige Werte)<br />
Ab 1. Mai 2014 wird die uneingeschränkte<br />
Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für Bulgarien