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Studiengang Sicherheits - BDSW

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2 | 2011<br />

und Rumänien mit insgesamt 29 Millionen<br />

Einwohnern in Kraft treten. Dort sind die Arbeitskosten<br />

je Stunde mit 4,00 bzw. 2,90 Euro<br />

besonders niedrig (Arbeitskostenquote 7,4<br />

bzw. 9,1 %).<br />

Vor allem im Niedriglohnsektor, in dem geringe<br />

Qualifizierungsvoraussetzungen bestehen,<br />

und im Zeitarbeitssektor dürfte sich die<br />

Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bürger aus den<br />

EU-Beitrittsländern erheblich auswirken. So<br />

befürchtet IAB-Direktor Joachim Möller, dass<br />

es auf dem Markt der gering Qualifizierten<br />

durch den verstärkten Zuzug von billigeren<br />

Arbeitskräften aus Osteuropa zu einem Verdrängungswettbewerb<br />

kommt. Hauptverlierer<br />

könnten dann schon hier lebende Migranten<br />

sein. Nach einer IW-Umfrage befürchten 40 %<br />

der Befragten, dass sich die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit<br />

auf den eigenen Arbeitsplatz<br />

negativ auswirken werde (FAZ v.<br />

27.04.2011).<br />

2. Gründe für eine starke Immigrationswelle<br />

auf den Arbeitsmarkt<br />

des <strong>Sicherheits</strong>gewerbes<br />

Der Markt für das <strong>Sicherheits</strong>gewerbe ist<br />

ein Niedriglohnmarkt für zumeist gering<br />

qualifizierte Arbeitskräfte. Es gibt nur wenige<br />

<strong>Sicherheits</strong>dienstleistungen, die nur von höher<br />

Qualifizierten erbracht werden können.<br />

Für diesen Niedriglohnsektor überwiegen die<br />

Gründe, die für eine zunächst starke Immigrationswelle<br />

aus den EU-Beitrittsländern<br />

sprechen:<br />

a) Gering Qualifizierte sind grundsätzlich eher<br />

von Arbeitslosigkeit bedroht als höher Qualifizierte.<br />

Auch in Deutschland ist in diesem<br />

Lohnsektor die Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich<br />

hoch. Arbeitslosigkeit bildet<br />

sicher den stärksten Motivationsfaktor für<br />

die gering Qualifizierten in den EU-Beitrittsländern<br />

zur Arbeitssuche im Ausland.<br />

b) Auch in Deutschland sind die Qualifizierungsvoraussetzungen<br />

für die Arbeitsaufnahme<br />

im <strong>Sicherheits</strong>sektor gering. Der<br />

Nachweis der Unterrichtung über Rahmenbedingungen<br />

der <strong>Sicherheits</strong>dienstleistung<br />

in 40 Stunden à 45 Minuten gem. § 3 Abs.1<br />

BewachV ist ausreichend. Dazu genügen<br />

die zur Ausübung der Tätigkeit und zum<br />

Verständnis des Unterrichtungsverfahrens<br />

unverzichtbaren deutschen Sprachkenntnisse.<br />

Umfassende Kenntnisse in Schriftdeutsch<br />

sind nicht erforderlich.<br />

c) Das Lohnniveau und dementsprechend<br />

auch der Lohn im <strong>Sicherheits</strong>gewerbe ist<br />

in den EU-Beitrittsstaaten um ein Viel-<br />

faches niedriger als in Deutschland. Die<br />

Arbeitskos ten sind in Deutschland z. B. 4 x<br />

so hoch wie in Estland, Ungarn und der Slowakei,<br />

4 ½-mal so hoch wie in Polen und<br />

fast 11-mal so hoch wie in Bulgarien. Das<br />

dürfte auch für das Verhältnis der Löhne im<br />

<strong>Sicherheits</strong>gewerbe zutreffen.<br />

d) Wer in Deutschland arbeitet, genießt die<br />

Vorzüge des deutschen Sozialsystems. Gerade<br />

im Niedriglohnsektor wie dem des <strong>Sicherheits</strong>gewerbes<br />

ist die Sozialversorgung<br />

ein wichtiger Baustein zur Erzielung angemessener<br />

Lebensqualität und ein Grund zur<br />

Überwindung von Angst vor Krankheit und<br />

Pflegebedürftigkeit. In den mittel- und osteuropäischen<br />

Herkunftsländern der nach<br />

Deutschland kommenden Arbeitnehmer ist<br />

das Sozialsystem sehr unterschiedlich ausgeprägt,<br />

aber sicher nirgends so leistungsstark<br />

wie in Deutschland. Dementsprechend<br />

warnt der Präsident des Ifo-Instituts,<br />

Hans-Werner Sinn, der deutsche Sozialstaat<br />

wirke wie ein „Wanderungsmagnet“ (FAZ v.<br />

29.04.2011). Zwar erhalten Immigranten,<br />

die in Deutschland keine Arbeit finden, erst<br />

nach fünf Jahren Sozialleistungen. Aber<br />

nach den Worten des Migrationsforschers<br />

Stefan Luft hat „die unkontrollierte Zuwanderung<br />

seit dem Anwerbestopp für Gastarbeiter<br />

1973 die Sozialsysteme erheblich<br />

belastet“ (FAZ v. 29.04.2011).<br />

e) EU-Beitrittsstaaten grenzen teilweise unmittelbar<br />

an Deutschland. In jedem Fall<br />

sind die Wohnorte der Arbeitsimmigranten<br />

nur wenige Autostunden von Deutschland<br />

entfernt. Diese Nähe erlaubt es im Osten<br />

und Südosten Deutschlands arbeitenden<br />

Bürgern aus den angrenzenden Beitrittsländern,<br />

entweder zu pendeln oder regelmäßig<br />

das Wochenende in der Heimat zu<br />

verbringen. Auch wenn in den ostdeutschen<br />

Ländern niedrigere Löhne gezahlt<br />

werden als in Westdeutschland und Süddeutschland,<br />

ist die Attraktivität der Nähe<br />

des Arbeitsplatzes in Ostdeutschland zum<br />

Heimatort in einem der Beitrittsländer, in<br />

dem die Familie des Arbeitsimmigranten<br />

wohnen geblieben ist, nicht zu unterschätzen.<br />

3. Gründe gegen eine starke<br />

Immigrationswelle<br />

Selbstverständlich gibt es auch Gründe, die<br />

gegen eine starke Immigrationswelle in den<br />

nächsten Jahren sprechen:<br />

a) Mit dem Weggang aus der Heimat ist Verzicht<br />

und sind Unannehmlichkeiten verbun-<br />

den. Die gewohnte soziale Umgebung wird<br />

verlassen, oft auch die eigene Familie oder<br />

ein Teil dieser Familie. In der Fremde müssen<br />

die Arbeitssuchenden den Anschluss<br />

an ein neues soziales Netz suchen und die<br />

Kommunikation mit Familienangehörigen<br />

und Freunden auf das Handy beschränken.<br />

So zeigt sich ein polnischer Unternehmer in<br />

der FAZ v. 29.04.2011 überzeugt, dass sich<br />

sein Personal nicht „über Nacht gen Westen<br />

aufmacht. Dafür verdienen sie hier zu gut<br />

und wollen ihre Familien nicht verlassen“. Er<br />

fürchtet vielmehr, dass sich die Liberalisierung<br />

auf die ohnehin steigenden Löhne in<br />

den Beitrittsländern auswirkt.<br />

b) Es dauert mitunter längere Zeit, bis sich<br />

die immigrierten Arbeitsuchenden an die<br />

neue soziale Umgebung gewöhnt und neue<br />

Freunde gefunden haben. Sie müssen die<br />

deutsche Sprache lernen. Sie leben zumeist<br />

in ärmlichen, wenig komfortablen Wohnverhältnissen,<br />

mitunter sogar im Wohnwagen.<br />

Soweit kleinere Kinder mitgenommen<br />

werden, müssen diese unter vielleicht ungünstigeren<br />

Verhältnissen als im Heimatort<br />

des Herkunftslandes leben und benötigen<br />

in der Schule oft besondere Betreuung.<br />

c) Insgesamt dürften aber zumeist die positiven<br />

Anreize zur Arbeitsimmigration stärker<br />

sein als hemmende Faktoren. Die meisten,<br />

vor allem jüngere Leute, werden das<br />

notwendige Maß an Geduld, Beharrlichkeit,<br />

Lerneifer und Genügsamkeit zeigen, um mit<br />

zunächst widrigen sozialen Verhältnissen<br />

fertig zu werden und die Trennung von Familie<br />

und Freunden zu verschmerzen.<br />

4. Der Mindestlohn ist<br />

unabdingbar<br />

Der mit der Gewerkschaft ver.di verbindlich<br />

vereinbarte Mindestlohn ist eine entscheidende<br />

Maßnahme, um trotz zu erwartender<br />

Immigration von vielen tausenden Arbeitsuchenden<br />

aus Billiglohnländern auf den deutschen<br />

Arbeitsmarkt der <strong>Sicherheits</strong>wirtschaft<br />

Dumpinglöhne zu verhindern. Nur so kann<br />

auch vermieden werden, dass Beschäftigte,<br />

die Dumpinglöhne nicht akzeptieren, unter<br />

Berücksichtigung der gesetzlichen Kündigungsmöglichkeiten<br />

ihren Arbeitsplatz verlieren<br />

und durch Arbeitskräfte aus mittel- und<br />

osteuropäischen Ländern ersetzt werden.<br />

Die vereinbarten Mindestlöhne sind unterschiedlich<br />

je nach Bundesland: Sie betragen<br />

im Hochlohnland Baden-Württemberg ab<br />

1. Januar 2011 zunächst 8,46 Euro und in den<br />

neun lohnschwächsten Ländern 7,50 Euro.<br />

WIRTSChAFT UND POLITIK<br />

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