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2/2009 - BRAK-Mitteilungen

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42 Aufsätze <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2/<strong>2009</strong><br />

Quaas, Die Rechtsprechung des Senats für Anwaltssachen des Bundesgerichtshofs im Jahre 2008<br />

Die Rechtsprechung des Senats für Anwaltssachen des Bundesgerichtshofs<br />

im Jahre 2008<br />

Die Zahl der zum Senat für Anwaltssachen des BGH gelangten<br />

Verfahren ist gegenüber 2007 wieder leicht gestiegen. Die Zahl<br />

der Neuzugänge steigerte sich von 111 auf 137 (124 Verwaltungsstreitverfahren,<br />

13 Disziplinarsachen). Nach wie vor bilden<br />

die Fälle des Widerrufs wegen Vermögensverfall den<br />

Hauptanteil der Verfahren. Es waren dies 86Fälle, die insoweit<br />

ebenfalls angestiegen sind.<br />

I. Entscheidungen in Zulassungssachen<br />

1. Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls,<br />

§14Abs. 2Nr. 7BRAO<br />

a) Allgemeines<br />

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach §14 Abs. 2<br />

Nr. 7BRAO zuwiderrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall<br />

geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen<br />

der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall<br />

wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen<br />

des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt indas<br />

vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende<br />

Verzeichnis eingetragen ist.<br />

Wie aus der –verfassungsmäßigen 1 –Bestimmung des §14<br />

Abs. 2Nr. 7BRAO ersichtlich, hängt der Widerruf der Zulassung<br />

zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls von<br />

zwei Voraussetzungen ab, die kumulativ vorliegen müssen:<br />

Der betroffene Rechtsanwalt muss sich in Vermögensverfall<br />

befinden und die Interessen der Rechtsuchenden müssen dadurch<br />

gefährdet sein. Beide Voraussetzungen unterliegen uneingeschränkter<br />

gerichtlicher Nachprüfung. Maßgebender Beurteilungszeitpunkt<br />

ist grundsätzlich – da es sich der Sache<br />

nach umeine „Anfechtungsklage“ (§ 42 Abs. 2VwGO) handelt<br />

– der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (d.h. der<br />

Widerrufsverfügung durch die Rechtsanwaltskammer –RAK –).<br />

Da indessen – auch aus verfassungsrechtlichen Gründen –<br />

dem betroffenen Rechtsanwalt eingeräumt sein muss, den<br />

nachträglichen Wegfall sowohl des Vermögensverfalls als auch<br />

den Ausschluss der Gefährdung der Rechtsuchenden noch im<br />

gerichtlichen Verfahren nachzuweisen, hat sich inder Praxis<br />

der für das Vorliegen des Widerrufsgrundes maßgebende Beurteilungszeitpunkt<br />

auf den der mündlichen Verhandlung vor<br />

dem Anwaltssenat des BGH verlagert. Mehr oder minder stichhaltige<br />

Vertagungsanträge bis in die letzten Minuten vor Beginn<br />

der mündlichen Verhandlung sind die unvermeidliche<br />

Folge.<br />

∗ Der Autor ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Medizinrecht,<br />

Richter imSenat für Anwaltssachen des BGH. Der Beitrag setzt den<br />

Rechtsprechungsbericht fort, der zuletzt für die Berichtsjahre 2006<br />

und 2007 in <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2/2008, 42 ff. gefertigt wurde; für die wertvolle<br />

Unterstützung danke ich Herrn Carsten Lembach, zur Zeit Wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter beim BGH.<br />

1Vgl. Bartosch-Koch, AnwBl. 2008, 737.<br />

Rechtsanwalt Prof. Dr. Michael Quaas, M.C.L.*<br />

Im gerichtlichen Verfahren prüft das Gericht, obimZeitpunkt<br />

der Widerrufsverfügung ein Vermögensverfall vorlag. Davon ist<br />

auszugehen, wenn der Rechtsanwalt inungeordnete, schlechte<br />

finanzielle Verhältnisse, die erinabsehbarer Zeit nicht ordnen<br />

kann, geraten und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen<br />

nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere<br />

die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen<br />

gegen ihn. 2 Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung ist damit<br />

–allein –das Vorliegen von ungeordneten Vermögensverhältnissen.<br />

Dabei handelt essich umein materielles Prüfungskriterium,<br />

das auf eine inhaltliche Ordnung der Vermögensverhältnisse<br />

abzielt. Die bloße Eröffnung eines Insolvenzverfahrens<br />

kann den Vermögensverfall nicht schon deshalb beenden,<br />

weil mit dem Übergang der Verfügungsbefugnis des insolventen<br />

Rechtsanwalts auf einen Vermögensverwalter die Vermögensverhältnisse<br />

bereits deshalb als „geordnet“ anzusehen wären.<br />

Vielmehr sind die Vermögensverhältnisse eines Schuldners<br />

grundsätzlich erst mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens,<br />

mit welcher der Schuldner das Recht zurückerhält, über die<br />

vormalige Insolvenzmasse frei zu verfügen (§ 259 Abs. 1Satz 2<br />

InsO), und mit der Ankündigung der Rechtschuldbefreiung<br />

durch Beschluss des Insolvenzgerichts (§291 Abs. 1InsO) als<br />

geordnet zu betrachten. 3<br />

b) Nachträglicher Wegfall des Vermögensverfalls<br />

In der gerichtlichen Praxis ist das Vorliegen des Vermögensverfalls<br />

im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung regelmäßig unstreitig.<br />

Zum Nachweis macht die RAK in den meisten Fällen von<br />

den gesetzlichen Vermutungstatbeständen der Eröffnung des<br />

Insolvenzverfahrens oder der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis<br />

Gebrauch. Grundlage der von der Rechtsprechung<br />

entwickelten tatsächlichen Vermutung sind insbesondere<br />

Schuldtitel und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt<br />

sowie die nicht rechtzeitige Weiterleitung von Fremdgeldern.<br />

4 Streitig ist deshalb vor allem die Frage, ob sich die<br />

Vermögensverhältnisse des Betroffenen im Laufe des (gerichtlichen)<br />

Verfahrens so gebessert haben, dass der Widerrufsgrund<br />

nachträglich weggefallen ist. Dafür muss der Rechtsanwalt vollen<br />

Beweis erbringen. Er muss insbesondere –und daran fehlt<br />

es zumeist –seine gesamte Einkommens- und Vermögenslage<br />

offen legen. Dazu muss ereine Aufstellung sämtlicher gegen<br />

ihn erhobenen Forderungen vorlegen, die auch Angaben enthält,<br />

welche der Forderungen bereits erfüllt worden sind und<br />

wie die noch offenen Forderungen erfüllt werden sollen. Die in<br />

der Aufstellung gemachten Angaben sind zu belegen. 5 Gelingt<br />

es dem betroffenen Rechtsanwalt nicht, sämtliche gegen ihn<br />

bestehenden Forderungen zuerfüllen, kann er das Ende des<br />

Vermögensverfalls auch dadurch herbeiführen, dass er mit<br />

2St. Rspr., Senat, Beschl. v. 25.3.1991 –AnwZ (B) 73/90, <strong>BRAK</strong>-Mitt.<br />

1991, 102; Beschl. v.26.3.2007 –AnwZ (B) 45/06 –n.v.<br />

3BGH, Beschl. v. 15.9.2008 –AnwZ (B) 109/06.<br />

4 Bartosch-Koch, AnwBl. 2008, 737, 738 m.w.Nw.<br />

5BGH Beschl. v.31.3.2008 –AnwZ (B) 8/07, <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2008, 221<br />

(nur LS).

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