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2/2009 - BRAK-Mitteilungen

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<strong>BRAK</strong>-Mitt. 2/<strong>2009</strong> Pflichten und Haftung des Anwalts 71<br />

den, dass er bei korrekter Sachbehandlung durch den Rechtsberater<br />

noch im Arbeitsverhältnis stünde. Damit kann er nicht<br />

auf die Summe klagen, die ihm als Abfindung im Falle der Auflösung<br />

zugesprochen worden wäre. Andererseits ist der Schadenersatzanspruch<br />

aber auch nicht auf eine Leistung in dieser<br />

Höhe begrenzt. Das hatte bereits der BGH im selben Rechtsstreit<br />

(NJW 2007, 2043 –Az. III ZR 176/06) entschieden.<br />

Der Kläger muss deshalb genau darlegen, welcher Lohn ihm<br />

durch die Pflichtverletzung entgangen ist und davon wiederum<br />

die Vorteile abziehen, die sich für ihn gerade aufgrund des<br />

Beraterfehlers ergeben haben, also vor allem Arbeitslosengeld,<br />

aber auch Steuervorteile. Das führt zukomplizierten Berechnungen,<br />

die das OLG-Urteil exemplarisch aufzeigt. Gleichgültig,<br />

ob die modifizierte Netto- oder Bruttolohnmethode<br />

gewählt wird, sollten die Ergebnisse gleich bleiben. Auf Basis<br />

der Bruttolohnmethode (mit Abzug jeglicher sozialversicherungsrechtlicher<br />

und steuerrechtlicher Vorteile) kommt der<br />

OLG-Senat zuseinem Ergebnis. Man kann das Urteil gut als<br />

Rechenbeispiel für ähnlich gelagerte Fälle verwenden.<br />

Dass der Geschädigte mit einem derartigen Zahlungsurteil in<br />

der Tasche natürlich nicht einfach die Hände in den Schoß<br />

legen darf, ist klar; er hat stets die Pflicht, sich umeinen neuen<br />

Arbeitsplatz oder sonstige alternative Einkünfte zu bemühen.<br />

Das ergibt sich aus §254 Abs. 2 BGB. Auch ist damit die<br />

(monatlich wiederkehrende) Schadenhöhe nicht ein für allemal<br />

festgelegt. Der BGH hatte darauf hingewiesen, dass bei Änderungen<br />

der Umstände in die eine oder andere Richtung eine<br />

Abänderungsklage nach §323 ZPO denkbar wäre.<br />

Die Ergebnisse dieses Schadenersatzprozesses dürften zukünftig<br />

große praktische Bedeutung erlangen.<br />

Fristen<br />

Weiterleitung imordentlichen Geschäftsgang<br />

Rechtsanwalt Bertin Chab<br />

Dem Berufungskläger ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand<br />

zu gewähren, wenn die von seinem Prozessbevollmächtigten<br />

nicht unterzeichnete Berufungsschrift zehn Tage vor Ablauf der<br />

Berufungsfrist beim Rechtsmittelgericht eingegangen ist und das<br />

Gericht den Prozessbevollmächtigten nicht rechtzeitig auf das<br />

Fehlen der Unterschrift hingewiesen hat.<br />

BGH, Beschl. v.14.10.2008 –VI ZB 37/08, FamRZ <strong>2009</strong>, 321<br />

Es entspricht dem ordentlichen Geschäftsgang, wenn der inerster<br />

Instanz zuständig gewesene Richter am Tag nach Eingang des<br />

Berufungsschriftsatzes die Weiterleitung an das zuständige Berufungsgericht<br />

anordnet und einen weiteren Tagspäter diese Weiterleitung<br />

von der Geschäftsstelle ohne besondere Beschleunigungsmaßnahmen<br />

veranlasst wird. (eigener Leitsatz)<br />

BGH, Beschl. v.6.11.2008 –IXZB208/06, FamRZ <strong>2009</strong>, 320<br />

Anmerkung:<br />

Ein Dauerbrenner unter den Anwaltsfehlern ist die Versäumung<br />

der Berufungsfrist aufgrund eines Formfehlers, z.B. Einlegung<br />

beim unzuständigen Gericht oder Fehlen der Unterschrift.<br />

Auch wenn dem Fehler ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten<br />

zugrunde liegt, gewährt die Rechtsprechung unter<br />

bestimmten Umständen Wiedereinsetzung in den vorigen<br />

Stand, wenn der Fehler „im ordentlichen Geschäftsgang“ des<br />

Eingangsgerichts bemerkt und durch Hinweis anden Prozessbevollmächtigten<br />

bzw. durch Weiterleitung an das zuständige<br />

Gericht geheilt werden kann. Dies entspricht dem verfassungsrechtlich<br />

gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen<br />

Rechtsschutzes. Voraussetzung hierfür ist aber immer,<br />

dass der Schriftsatz nicht am letzten Tag der Frist bei Gericht<br />

Rechtsprechungsleitsätze<br />

eingeht, denn dann besteht kaum noch eine Chance auf Heilung.<br />

Welcher Zeitraum für den „ordnungsgemäßen Geschäftsgang“<br />

anzusetzen ist, scheint inder Rechtsprechung auf den<br />

ersten Blick uneinheitlich. Laut BGH, NJW 2006, 3499, soll<br />

man auf eine Weiterleitung ans zuständige Gericht innerhalb<br />

von fünf Werktagen vertrauen dürfen. BGH, NJW-RR 2005,<br />

3776, gab trotz einer restlichen Frist von zehn Tagen keine<br />

Wiedereinsetzung, währendimo.g. Beschluss vom14.10.2008<br />

ein gerichtlicher Hinweis innerhalb von zehn Tagen erwartet<br />

wurde. Was unterscheidet also die Fälle?<br />

Unterschieden wird insbesondere danach, welche Stelle bei<br />

Gericht den Formfehler erkennen kann. Handelt essich um<br />

einen offensichtlichen äußeren formalen Mangel (z.B. Fehlen<br />

der Unterschrift), sokann dies alsbald nach Eingang durch die<br />

Posteingangsstelle oder jedenfalls durch die Geschäftsstelle<br />

erkannt werden, auch wenn die Gerichtsakte nicht vorliegt.<br />

Im zweiten genannten Beschluss vom 6.11.2008 war ein Fristverlängerungsantrag<br />

statt an das OLG an das LG gerichtet worden.<br />

Der Schriftsatz ging aneinem Mittwoch ein, amDonnerstag<br />

verfügte der Kammervorsitzende die Weiterleitung ans<br />

OLG, was amFreitag von der Geschäftsstelle veranlasst wurde.<br />

In den Postausgang gelangte der Schriftsatz erst amMontag,<br />

dem Tagdes Fristablaufs, Eingang bei OLG war Dienstag. Dieser<br />

Ablauf war aus Sicht des BGH nicht zubeanstanden. Die<br />

Unzuständigkeit des Gerichts war für die Posteingangsstelle<br />

nicht erkennbar, eine beschleunigte Weiterleitung per Faxmuss<br />

nicht erfolgen.<br />

Ähnliche Überlegungen liegen den Fällen zugrunde, in denen<br />

auch trotz längerer Restfrist keine Wiedereinsetzung gewährt<br />

wurde. Regelmäßig ist hier die Unzuständigkeit erst vom Richter<br />

zuerkennen. Meist handelt essich (so auch inder genannten<br />

Entscheidung BGH, NJW-RR 2005, 3776) umAusnahmetatbestände<br />

wie die Auslandszuständigkeit des OLG gemäß<br />

§119 Abs. 1Nr. 1lit. b) GVG, die einer richterlichen Beurteilung<br />

unterliegen. Die Zuständigkeitsprüfung wird vom Richter<br />

nicht zeitnah, ggf. erst bei Vorlage zwecks Verlängerung der<br />

Berufungsbegründungsfrist oder Terminierung, erwartet. Bei<br />

solchen –nicht so offensichtlichen –Formfehlern wird also die<br />

Hilfe meist zu spät kommen.<br />

Keine Fristwahrung durch E-Mail<br />

Rechtsanwältin Antje Jungk<br />

Ein elektronisches Dokument (E-Mail) wahrt nicht die für bestimmende<br />

Schriftsätze vorgeschriebene Schriftform.<br />

BGH, Beschl. v.4.12.2008 –IXZB41/08; WM <strong>2009</strong>, 331; FamRZ<br />

<strong>2009</strong>, 319<br />

Anmerkung:<br />

Die (bereits verlängerte) Berufungsbegründungsfrist lief am<br />

16.1.2008 ab. Ein per Telefax übermittelter, vom Anwalt unterschriebener<br />

Berufungsbegründungsschriftsatz ging beim Berufungsgericht<br />

erst am 17.1.2008, 00:02 Uhr, ein. Die maßgebliche,<br />

vom Anwalt unterschriebene letzte Seite der Berufungsbegründung<br />

gelangte erst nach Mitternacht inden Speicher des<br />

Empfangsgeräts beim OLG. Der Anwalt hatte jedoch die Berufungsbegründung<br />

am 16.1.2008 per E-Mail an das OLG<br />

gesandt, die dort um23:55 Uhr einging.<br />

Dies stellte jedoch nach der Entscheidung des BGH keinen<br />

fristwahrenden Schriftsatz i.S.v. §520 Abs. 3Satz 1 ZPO dar.<br />

Eine E-Mail falle nicht unter §130 ZPO, sondern unter §130a<br />

ZPO. Sie stelle keinen Schriftsatz dar, sondern ein elektronisches<br />

Dokument. Die hier maßgebliche niedersächsische Verordnung<br />

über den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz<br />

(Nds. GVBl. 2006, 247) betreffe das Berufungsgericht jedoch

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