2/2009 - BRAK-Mitteilungen
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86 Berufsrechtliche Rechtsprechung <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2/<strong>2009</strong><br />
*2. Die Verpflichtung zur Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung<br />
trifft den RAauch dann, wenn ervon der Residenzpflicht<br />
befreit ist und gem. §29a Abs. 2BRAO eine Kanzlei nur<br />
im Ausland eingerichtet hat.<br />
AGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 6.10.2008 –AGH 35/2007,<br />
(n.r.)<br />
Volltext unter www.brak-mitteilungen.de<br />
Berücksichtigung gesetzlicher Mutterschutzzeiten bei der<br />
Berechnung des Dreijahreszeitraums nach §5Satz 1FAO<br />
FAO§5Satz 1;MuSchG §3,§6; GG Art. 6Abs. 4<br />
*1. Das durch Art. 6Abs. 4GGgewährleistete Recht auf Schutz<br />
und Fürsorge einer werdenden Mutter bewirkt, dass die grundsätzlich<br />
strikt zuhandhabende Dreijahresfrist gemäß §5Satz 1<br />
FAO umden Zeitraum eines Beschäftigungsverbotes der §§ 3, 6<br />
MuSchG (derzeit 14Wochen) verlängert wird.<br />
*2. Diese Auslegung steht nicht zueinem erkennbar zum Ausdruck<br />
gebrachten Willen des Normgebers im Widerspruch.<br />
Anders als imZusammenhang mit dem in§3FAO angesprochenen<br />
Dreijahreszeitraum, bei dessen Festlegung auch Gesichtspunkte<br />
einer Unterbrechung wegen einer Babypause von Bedeutung<br />
gewesen sind, fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass sich die<br />
Satzungsversammlung mit der vorgenannten Fragestellung im<br />
Sinne einer eindeutig entgegenstehenden Willensbildung befasst<br />
hätte.<br />
AGH Nordrhein-Westfalen, Beschl. v.22.8.2008 –1AGH 39/08<br />
Volltext unter www.brak-mitteilungen.de<br />
Selbstablehnung eines Mitglieds des Anwaltsgerichts<br />
StPO §23<br />
*Gegen ein Mitglied des AnwG besteht nicht bereits deshalb die<br />
Besorgnis der Befangenheit, weil der Richter über eine disziplinarrechtliche<br />
Maßnahme zuentscheiden hat, an der als Mitglied<br />
des Vorstands der RAK zuvor ein Sozius seiner Kanzlei mitgewirkt<br />
hat.<br />
AnwG Köln, Beschl. v. 20.10.2008 –10EV202/08<br />
Aus den Gründen:<br />
Mit Schriftsatz v.20.8.2008 brachte der Vorsitzende Richter,<br />
Herr Prof. Dr. X., unter ausdrücklichem Hinweis auf das Schr.<br />
der RAK Köln v. 23.7.2008 zur Kenntnis, dass sein Sozius, Herr<br />
RA Y.,sowohl an der Entscheidung der RAK Köln v. 10.9.2007<br />
als auch ander Einspruchsentscheidung v. 22.4.<strong>2009</strong> mitgewirkt<br />
habe. Herr RA Y. habe die Rüge v. 10.9.2007 bearbeitet<br />
und vorbereitet.<br />
Der Vorsitzende zeigte damit Umstände an, die Anlass gaben,<br />
eine Entscheidung über die Besorgnis seiner Befangenheit zu<br />
treffen. Durch seine Mitteilung brachte erzum Ausdruck, dass<br />
nach seiner Auffassung eine solche Entscheidung geboten sei.<br />
Eine Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit liegt<br />
nicht vor.<br />
Befangenheit ist die innere Haltung eines Richters, die seine<br />
erforderliche Neutralität, Distanz und Unparteilichkeit gegenüber<br />
den Verfahrensbeteiligten störend beeinflussen kann<br />
(Karlsruher Kommentar, StPO, 203, §24Rdnr. 3, m.w.N., wie<br />
BVerfGE 21, 139, 146; BGHSt 45, 353).<br />
Danach besteht Besorgnis der Befangenheit, wenn ein amVerfahren<br />
Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände<br />
Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des betroffenen<br />
Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />
Richters zu zweifeln (Karlsruher Kommentar; wie vor, BVerfG,<br />
NJW 1995, 1277; BVerfG, NJW 1993, 2231, st. Rspr.)<br />
Da gewährleistet sein muss, dass der nach Gesetz und<br />
Geschäftsverteilungsplan ansich zuständige Richter nicht ohne<br />
triftigen Grund in einem Einzelfall von der Mitwirkung an der<br />
Entscheidung ausgeschlossen wird (wie vor; BVerfGE 31, 145,<br />
165), bedarf es Anhaltspunkte, die eine mögliche Voreingenommenheit<br />
erkennen lassen.<br />
Der Vorsitzende hat insoweit keine weiteren <strong>Mitteilungen</strong><br />
gemacht. Erhat weder mitgeteilt, dass er mit seinem Sozius<br />
über die Angelegenheit gesprochen hat, noch, dass er sich in<br />
irgendeiner Weise voreingenommen fühlt und die erforderliche<br />
Distanz vermissen lässt.<br />
Rein gesellschaftsrechtliche<br />
Bindung<br />
Als Anhaltspunkt für die Frage<br />
der Besorgnis der Befangenheit<br />
verbleibt damit lediglich die<br />
gesellschaftsrechtliche Bindung<br />
des Vorsitzenden und Herrn RAY.ineiner Sozietät.<br />
Für die Besorgnis der Befangenheit reicht dies allein nicht aus.<br />
Sowohl die Wahl inden Vorstand der RAK als auch die Bestellung<br />
zum Richter bei dem AnwG erfolgt aufgrund persönlicher<br />
Berufung und nicht inder Eigenschaft als Sozietätsmitglied. Es<br />
handelt sich umAufgaben, die ehrenamtlich außerhalb einer<br />
gesellschaftsrechtlichen Bindung auszuüben sind.<br />
Für die Annahme der Befangenheit reicht nach der Rspr. des<br />
BVerfG und des BGH die Zugehörigkeit zu einer politischen<br />
Partei, einer Religion, Weltanschauung, Rasse, einem anderen<br />
Geschlecht, einem bestimmten Familienstand allein nicht aus.<br />
(Karlsruher Kommentar, StPO, §24Rdnr. 8, m.w.N.)<br />
Ausreichend ist nicht einmal die dienstliche Beteiligung eines<br />
Richters an Prozessvorgängen, die der in Rede stehenden<br />
Diensthandlung vorausgegangen sind, auch dann nicht, wenn<br />
sie mit der zutreffenden Entscheidung enge Berührung haben<br />
(Löwe-Rosenberg, StPO, 1999, §24Rdnr. 24).<br />
Nicht einmal die Mitwirkung an der Verurteilung eines anderen<br />
wegen derselben Straftat in demselben oder einem anderen<br />
Verfahren reicht für die Annahme der Besorgnis der Befangenheit<br />
ohne weitere Anhaltspunkte aus (Karlsruher Kommentar,<br />
2003, §24Rdnr. 8,m.w.N., wie BGHSt 21, 334, BGH, MDR<br />
1974, 367, m.w.N.).<br />
So führt der BGH in seiner Entscheidung v. 10.11.1967, 4StR<br />
512/66 (NJW 1968, 710) aus:<br />
„Für einen Richter ist es i.d.R. selbstverständlich, dass erinder<br />
neuen Sache sein Urteil nur aufgrund der neuen Verhandlung<br />
bildet; normalerweise kann davon auch der vernünftige Angeklagte<br />
ausgehen. Diese Auffassung ist in der Rspr. des Reichsgerichts<br />
und des BGH sogar ständig bei den Richtern vertreten<br />
worden, die indemselben Verfahren bei einer Zwischenentscheidung<br />
(vgl. RG, JW 1929, 263; BGH, GA1962, 282) oder<br />
bei einem früheren Urteil mitgewirkt haben, das wegen irriger<br />
Rechtsauffassung vom Revisionsgericht aufgehoben worden ist<br />
(vgl. RGSt 65, 40, 42, 43; BGH, JR1957, 68). Sie hat inder früheren<br />
Fassung des §354 Abs. 2StPO selbst ihren Niederschlag<br />
gefunden, wonach aufgehobene Strafsachen durch das Revisionsgericht<br />
i.d.R. wieder an diejenigen Gerichte zuneuer Verhandlung<br />
und Entscheidung zurückzuverweisen waren, deren<br />
Urteile aufgehoben wurden. Diese Bestimmung ist zwar durch<br />
das Strafprozessänderungsgesetz v. 9.12.1964 dahingehend<br />
geändert worden, dass die Sachen nunmehr an eine andere<br />
Abteilung der Kammer des Gerichts, dessen Urteil aufgehoben<br />
wird, oder ein anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen<br />
sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Gesetzgeber<br />
neuerdings davon ausginge, der Richter, der bei einer aufgehobenen<br />
Entscheidung mitgewirkt habe, sei alleine schon deswe-