2/2009 - BRAK-Mitteilungen
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<strong>BRAK</strong>-Mitt. 2/<strong>2009</strong> 41<br />
2/<strong>2009</strong><br />
15. 4.<strong>2009</strong> 40. Jahrgang<br />
In denletzten 30 Jahren hat sich diedemographischeZusammensetzung<br />
der Anwaltschaft sehr verändert. Während 1980 der Frauenanteil<br />
der Anwaltschaft nur 7,6 %betrug, sind heute 30,4 %der Anwaltschaft<br />
und 52,1 %der Jurastudenten weiblich. Die demographische<br />
Veränderung innerhalb der Anwaltschaft ist<br />
also gewaltig. Dieser Wandel muss sich nach der<br />
Überzeugung des Präsidiums der <strong>BRAK</strong> auch in<br />
der Arbeit und insbesondere inden Gremien der<br />
<strong>BRAK</strong> widerspiegeln. Dieses Ziel ist aber leider<br />
noch nichterreicht. Vieleder Ausschüsse der<strong>BRAK</strong><br />
und der regionalen Kammern ebenso wie die Vorstände<br />
und Präsidien sind männlich geprägt. Außerdem<br />
entspricht die Besetzung unserer Gremien<br />
häufig nicht der Altersstruktur der Anwaltschaft.<br />
Viele sind vor allem mit Kollegen, die sich inihrer<br />
zweiten Lebenshälfte befinden, besetzt.<br />
Schon bei der letzten Berufung der Ausschussmitglieder<br />
vor gut einem Jahr war es unser Ziel, unsere<br />
Gremien den geänderten demographischen<br />
Verhältnissen anzupassen. Dieses ist auch geschehen,<br />
allerdings noch nicht in ausreichendem<br />
Maße. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Kandidatenstruktur<br />
nicht der demographischen Struktur<br />
der Anwaltschaft entspricht.Woran liegtdas?Gerade diejüngeren<br />
Kolleginnen und Kollegen haben auf Grund zeitlicher Beschränkungen<br />
oft nicht die Möglichkeit, sich imEhrenamt zuengagieren.<br />
Während die älteren Kollegen sich imBerufsleben etabliert<br />
haben und es sich –gegebenenfalls auf die Mithilfe jüngerer Kollegen<br />
zurückgreifend –leisten können, Kammer- und Verbandsfunktionen<br />
zuübernehmen, ist dieses den jüngeren Kolleginnen und<br />
Kollegen häufig verwehrt.<br />
In den größeren Anwaltskanzleien könnte diesem Problem abgeholfen<br />
werden, wenn jüngere Anwältinnen und Anwälte bewusst<br />
ermutigt würden, sich in der und für die anwaltliche Selbstverwaltung<br />
einzusetzen. Inden angelsächsischen Ländern ist es durchaus<br />
üblich, auch junge Kolleginnen und Kollegen für pro-bono-Arbeit<br />
frei zu stellen. Warum soll dies nicht auch für ein Engagement in<br />
der anwaltlichen Selbstverwaltung möglich sein? Schließlich gibt<br />
dies der gesamten Kanzlei die Chance, ihre konkreten berufspolitischen<br />
und anwaltlichen Interessen von einem „Insider“ vertreten<br />
zu wissen, sowohl imBereich des Berufsrechts als auch im Bereich<br />
Akzente<br />
Demographie?<br />
Demographie!<br />
www.Foto-Anhalt.de<br />
Axel C. Filges<br />
des materiellen Rechts. Eswürde insofern allen dienen, wenn auch<br />
jüngere Anwälte von ihren Kollegen Unterstützung erhielten, sich<br />
ehrenamtlich zuengagieren.<br />
Besonders schwierig ist die Situation für Kolleginnen, die zuHause<br />
auch Kinder zu versorgen haben und deshalb einer<br />
Doppelbelastung ausgesetzt sind. Sie haben<br />
in ihrem Leben oft noch weniger Platz für das Ehrenamt.<br />
Esist wohl leider auch heute immer noch<br />
so, dass Frauen härter im Beruf kämpfen müssen.<br />
Wunsch und Wirklichkeit klaffen oft noch auseinander.<br />
Wie eine aktuelle Studie der EU-Kommission<br />
hervorhebt, sind Frauen nach wie vor in<br />
Führungspositionen inPolitik und Wirtschaft unterrepräsentiert.<br />
Im Übrigen liegt der Frauenanteil<br />
an der deutschen Anwaltschaft nur im europäischen<br />
Mittelfeld. In Frankreich zum Beispiel sind<br />
48,8 %der Anwälte weiblich, in Belgien sind es<br />
39,3 %und im Vereinigten Königreich 43,8 %.<br />
Das steht sicherlich in engem Zusammenhang<br />
damit, dass die genannten Länder bessere gesellschaftliche<br />
Rahmenbedingungen für eine berufliche<br />
Tätigkeit von Müttern aufweisen.<br />
Für eine wirksame Interessenvertretung der Anwaltschaft<br />
ist es unerlässlich, die Gremien, die die Zeichen und<br />
Weichen für die Berufspolitik setzen, der anwaltlichen Demographie<br />
entsprechend zu besetzen. Damit dieses möglich ist, bedarf<br />
es:<br />
– der Bereitschaft von Kolleginnen und Kollegen, sich selbst<br />
ehrenamtlich zuengagieren,<br />
– der Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen, die ehrenamtlich<br />
tätigenKolleginnenund Kollegen in ihrer Abwesenheit zu<br />
entlasten,<br />
– des Verständnisses der Familie für ehrenamtliches Engagement,<br />
– des Handelns derjenigen, die derzeit in der Selbstverwaltung<br />
Verantwortung tragen,<br />
– der gemeinsamen Anstrengung aller Anwältinnen und<br />
Anwälte, die strukturellen und finanziellen Voraussetzungen<br />
zu schaffen, dass dieses alles möglich wird.<br />
Ihr Axel C. Filges