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2/2009 - BRAK-Mitteilungen

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44 Aufsätze <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2/<strong>2009</strong><br />

Quaas, Die Rechtsprechung des Senats für Anwaltssachen des Bundesgerichtshofs im Jahre 2008<br />

üben. Die beharrliche Weigerung des Antragstellers, die auch<br />

im Beschwerdeverfahren nochmals bekräftigt wurde, sein<br />

Rechtsanwaltsschild von dem Haus zu entfernen, in dem er seine<br />

Kanzlei betrieben hatte, stellt nach Auffassung des Senats<br />

ein „berufsunwürdiges“ Verhalten dar. Darin komme zum Ausdruck,<br />

dass der Antragsteller die zu seinen Lasten ergangenen<br />

Entscheidungen des BGH (und des von ihm erfolglos angerufenen<br />

BVerfG) nicht gegen sich gelten lassen wolle. Ein solcher<br />

Bewerber biete nicht die Gewähr dafür, dass ersich als Rechtsanwalt<br />

an Gesetz und Recht halte. Insoweit sei –entgegen der<br />

Auffassung des AGH –unerheblich, dass das Anwesen des Antragstellers<br />

mit dem Kanzleischild im relativen Ortsrandbereich<br />

liege. Wesentlich schwerer als die verhältnismäßig geringe Außenwirkung<br />

des Kanzleischildes wiege die Dauerhaftigkeit des<br />

vorsätzlichen Fehlverhaltens des Antragstellers und dessen Uneinsichtigkeit.<br />

b) Der vorbestrafte Rechtsanwalt<br />

In seinem Beschluss vom 3.November 2008 20 hatte sich der<br />

Senat mit der –häufiger wiederkehrenden –Frage zubefassen,<br />

unter welchen Voraussetzungen ein vorbestrafter Rechtsanwalt<br />

„unwürdig“ ist, seinen Beruf auszuüben. Dabei kommt esmaßgeblich<br />

auf die Dauer der „Wohlverhaltensphase“ an, die es<br />

rechtfertigen kann, auch bei einem schwerwiegenden berufsunwürdigen<br />

Verhalten abeinem bestimmten Zeitpunkt die Voraussetzungen<br />

für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft anzunehmen.<br />

Die –regelmäßig entscheidende –Frage, wie viel Jahre<br />

zwischen einem die Unwürdigkeit begründenden Verhalten<br />

und einer möglichen Zulassung liegen müssen, lässt sich nicht<br />

durch eine schematische Festlegung auf bestimmte Fristen beantworten,<br />

sondern verlangt eine einzelfallbezogene Gewichtung<br />

aller für und gegen den Bewerber sprechenden Umstände.<br />

21<br />

Im vorliegenden Fall beging der Antragsteller bis März 1995<br />

zahlreiche Straftaten und wurde insbesondere wegen Betrugs<br />

zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten<br />

verurteilt, die erteilweise verbüßt hat. Die Reststrafe wurde<br />

mit Wirkung vom 12. April 2002 erlassen. Noch während der<br />

Verbüßung der Freiheitsstrafe hatte der Antragsteller das Studium<br />

der Rechtswissenschaften aufgenommen und legte im Jahr<br />

2004 die erste, imJahr 2006 die zweite juristische Staatsprüfung<br />

ab. Unter dem 3. November 2006 beantragte erseine Zulassung<br />

zur Rechtsanwaltschaft, wobei er die imAntragsformular<br />

gestellte Frage, obgegen ihn Strafen verhängt worden seien,<br />

verneinte. Auf Grund der von der Antragsgegnerin eingeholten<br />

Auskunft aus dem Zentralregister erfuhr diese von den strafgerichtlichen<br />

Verurteilungen des Antragstellers.<br />

Das Rechtsmittel des Antragstellers gegen die seine Zulassung<br />

zur Rechtsanwaltschaft versagende Entscheidung des AGH hatte<br />

Erfolg. Der AGH hatte dem Antragsteller insbesondere seine<br />

unrichtigen Angaben im Zulassungsantrag vorgehalten und<br />

daraus den Schluss gezogen, das bisherige Wohlverhalten des<br />

Antragstellers sei trotz der deutlich erkennbaren positiven Tendenz<br />

nicht ausreichend. Diese Beurteilung teilt der Senat nicht.<br />

Zwar hätten die Voraussetzungen für eine Versagung der Zulassung<br />

(noch) zum Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung vorgelegen.Zum<br />

gegenwärtigen Zeitpunkt rechtfertigtenallerdings<br />

die mittlerweile lange zurückliegenden Straftaten des Antragstellers<br />

nicht mehr die Prognose, dass er –als zugelassener<br />

Rechtsanwalt –eine Gefahr für die Rechtspflege darstelle. Den<br />

20 BGH, Beschl. v.2.11.2008 –AnwZ (B) 1/08.<br />

21 BGH, Senatsbeschl. v.12.4.1999 –AnwZ (B) 67/98, NJW-RR 1999,<br />

1219.<br />

Wegfall des Versagungsgrundes des §7Nr. 5BRAO im Laufe<br />

des gerichtlichen Verfahrens müsse der Senat bei seiner Entscheidung<br />

berücksichtigen. 22<br />

Auch in Ansehung des Umstandes, dass der Antragsteller im<br />

Zulassungsantrag unzutreffend die Frage etwaiger Vorstrafen<br />

verneint hat, sei unter Berücksichtigung des Grundrechts der<br />

Berufsfreiheit und des (eingeschlossenen) Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes<br />

die Zeit gekommen, dem Antragsteller nicht länger<br />

zu versagen, den Rechtsanwaltsberuf auszuüben. Seit der Entlassung<br />

aus der Strafhaft imFebruar 1998 seien mittlerweile<br />

mehr als 10Jahre vergangen, in denen der Antragsteller nicht<br />

wieder straffällig geworden sei. Allein dies spreche dafür, dass<br />

sich der Antragsteller aus seiner kriminellen Vergangenheit gelöst<br />

habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller<br />

die früheren Straftaten nicht „als Rechtsanwalt“ begangen und<br />

damit „berufsbezogen“ gehandelt habe. Vielmehr habe er trotz<br />

seines fortgeschrittenen Alters nach der Haftentlassung noch<br />

den Weg zum Abschluss einer Berufsausbildung gefunden. Von<br />

fallentscheidender Bedeutung kam esdeshalb auf die Frage an,<br />

ob die Versagung der Zulassung zur Anwaltschaft mit Rücksicht<br />

auf seine unzutreffenden Angaben imZulassungsantrag ausgesprochen<br />

werden muss. Dies hat der Senat verneint, daeine<br />

solche SanktionimHinblickauf dasGrundrecht des Antragstellers<br />

aus Art. 12 Abs. 1 GG unverhältnismäßig wäre. Insoweit<br />

wertet der Senat das Fehlverhalten gegenüber der Antragsgegnerin<br />

im „internen Zulassungsverfahren“ als nicht nur von geringerem<br />

Gewicht, sondern auch von anderer Qualität als die<br />

vom Antragsteller früher begangenen (Betrugs-)Straftaten.<br />

3. Widerruf der Zulassung wegen Berufsunfähigkeit<br />

Nach §14Abs. 2Nr. 3BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft<br />

zuwiderrufen, wenn der Rechtsanwalt aus gesundheitlichen<br />

Gründen nicht nur vorübergehend unfähig ist, den<br />

Beruf eines Rechtsanwalts ordnungsgemäß auszuüben, es sei<br />

denn, dass sein Verbleiben in der Rechtsanwaltschaft die<br />

Rechtspflege nicht gefährdet. Anknüpfungspunkte dafür sind<br />

die inder früheren Fassung der Vorschrift ausdrücklich genannten<br />

Beeinträchtigungen, nämlich körperliche Gebrechen,<br />

Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte oder Sucht.<br />

In der Entscheidung vom 26. November 2007 23 geht der Senat<br />

von der hinreichenden Bestimmtheit der Vorschrift und damit<br />

deren verfassungsrechtlicher Unbedenklichkeit aus. Der Begriff<br />

„gesundheitliche Gründe“ besitze hinreichend klare Konturen,<br />

die einer Auslegung durch die Rechtsprechung fähig seien. Entscheidend<br />

sei, ob die körperlichen oder geistigen Mängel des<br />

Rechtsanwalts so erheblich und solcher Art sind, dass er –deswegen<br />

–zur ordnungsgemäßen Berufsausübung dauernd außerstande<br />

sei. Das Vorliegen dieser gesetzlichen Voraussetzungen<br />

wird vermutet, wenn der Antragsteller der Aufforderung<br />

der RAK nicht folgt, ein Gutachten über seinen Gesundheitszustand<br />

vorzulegen (§ 16 Abs. 3ai.V.m. §8BRAO). Zueiner solchen<br />

Aufforderung sah der Senat die RAK als berechtigt an, da<br />

sich der RAK aufgrund zahlreicher Verfahren, in denen der Antragsteller<br />

als bevollmächtigter Rechtsanwalt auftrat, der Verdacht<br />

aufdrängen musste, der Antragsteller könne aufgrund seiner<br />

geistigen Verfassung nicht mehr das leisten, was Rechtsuchende<br />

von einem Rechtsanwalt als unabhängigem Organ<br />

der Rechtspflege erwarten dürfen. In jenen Verfahren bezichtigte<br />

der Antragsteller wiederholt die beteiligten Richter und<br />

Staatsanwälte, die seinen Anträgen nicht entsprachen, der un-<br />

22 Vgl. BGHZ 75, 356.<br />

23 BGH, Beschl. v.26.11. 2007 –AnwZ (B) 102/05.

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