2/2009 - BRAK-Mitteilungen
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46 Aufsätze <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2/<strong>2009</strong><br />
Quaas, Die Rechtsprechung des Senats für Anwaltssachen des Bundesgerichtshofs im Jahre 2008<br />
ten juristischen Staatsprüfung teil. Im Februar 1990 beantragte<br />
er die Zulassung zum Studium der Rechtswissenschaft ander<br />
FSU Jena. Nachdem er durch die Universität mit Rückwirkung<br />
zum 31.8.1990 eingeschrieben und im Jahr 1991 zur Diplomprüfung<br />
für Juristen zugelassenwurde, erwarb er 1993 denakademischen<br />
Grad „Dipl.-Jurist“ und trat wenig später den Juristenvorbereitungsdienst<br />
im Freistaat Sachsen an. Die zweite juristische<br />
Staatsprüfung legte der Antragsteller indessen nicht ab.<br />
1997 beantragte erdie Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gem.<br />
§4 RAG. Dieser Antrag blieb ohne Erfolg. Der Senat hat die<br />
Versagung der Zulassung mit Beschluss vom 10. Juli 2000 31 bestätigt.<br />
Im August 2004 beantragte der Antragsteller bei der<br />
RAK das Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Verfahrens<br />
und stellte erneut den Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft<br />
gem. §4RAG. Die RAK gab dem Antrag auf Wiederaufgreifen<br />
statt, lehnte aber die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft<br />
mit der Begründung ab, der Antragsteller verfüge nicht über<br />
eine mindestens zweijährige Praxis in der Rechtspflege (§4<br />
Abs. 1Nr. 2RAG).<br />
Der Senat hat sich der Rechtsauffassung der RAK und des sie<br />
bestätigenden AGH imBeschluss vom 21. Juli 2008 nur im Ergebnis<br />
angeschlossen. Entscheidend stehen dem Antrag auf erneute<br />
Zulassung zur Rechtsanwaltschaft die Rechtskraft des Senatsbeschlusses<br />
vom 10. Juli 2000 entgegen. Durch die Rechtskraft<br />
einer gerichtlichen Entscheidung, mit der ein Widerrufsoder<br />
Versagungsbescheid bestätigt worden ist, sei die RAK bei<br />
unveränderter Sachlage grundsätzlich gehindert, ineine erneute<br />
Sachprüfung einzutreten. Soweit der Senat in Einzelfällen die<br />
Auffassung vertreten hat, die Zulassungsbehörde sei trotz Vorliegens<br />
eines durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung<br />
bestätigten Versagungsbescheides ohne weiteres befugt,<br />
sich nicht auf die Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung zu<br />
berufen, sondern ein wiederholtes Begehren des Antragstellers<br />
auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nochmals zu prüfen und<br />
sachlich zubescheiden, 32 hält erhieran nicht fest. Vielmehr<br />
stehe die Rechtskraft einer erneuten Sachprüfung nur dann<br />
nicht entgegen, wenn sich der zu Grunde liegende Sachverhalt<br />
in derZwischenzeit wesentlichveränderthabeoderGründe für<br />
die Wiederaufnahme des gerichtlichen Verfahrens (analog<br />
§153 VwGO i.V.m. §§578 ff. ZPO) vorliegen bzw. die Voraussetzungen<br />
für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens analog §51<br />
VwVfG gegeben sind.<br />
Wenn kein solcher Ausnahmefall gegeben sei, habe die Rechtskraft<br />
der ein Zulassungsbegehren zurückweisenden Entscheidung<br />
nicht nur zur Folge, dass die RAK aneiner erneuten Prüfung<br />
gehindert sei und ein Rechtsmittel gegen die Verweigerung<br />
des Wiederaufgreifens keinen Erfolg haben könne. Sie zeitigte<br />
vielmehr, wenn die Rechtsanwaltskammer das Verfahren<br />
gleichwohl wieder aufgreife und nach erneuter Prüfung das Anliegen<br />
des Antragstellers durch einen Zweitbescheid erneut abschlägig<br />
bescheide, auch Wirkungen in einem anschließenden<br />
gerichtlichen Verfahren, in dem der Antragsteller Rechtsschutz<br />
gegen den negativen Zweitbescheid sucht. Sein Antrag auf gerichtliche<br />
Entscheidung sei zwar zulässig. Erführe aber nicht<br />
ohne weiteres zueiner Überprüfung der –unter Umständen<br />
von den Gründen des Erstbescheids abweichenden –Erwägungen,<br />
mit denen dieRechtsanwaltskammer den negativen Zweitbescheid<br />
begründet habe. Vielmehr haben die Gerichte –ohne<br />
Bindung an die Erwägungen der Zulassungsbehörde –zunächst<br />
zu prüfen, obdie Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen<br />
des Verfahrens gegeben waren. Nur wenn dies der Fall sei,<br />
können sie in die sachliche Überprüfung des Zweitbescheids<br />
31 BGH, Beschl. v.10.7.2000 –AnwZ (B) 44/99, NJW-RR 2001, 850.<br />
32 BGH, Beschl. v.17.12.2001 –AnwZ (B) 6/01, NJ 2002, 334.<br />
eintreten. Anderenfalls müsse es aufgrund der rechtskräftigen<br />
Entscheidung über den Erstbescheid bei dessen Regelung bleiben.<br />
33<br />
Im vorliegenden Fall war seit dem Erlass des Erstbescheides keine<br />
wesentliche Veränderung des Sachverhalts eingetreten.<br />
Auch die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Zulassungsverfahrens<br />
wären nach Auffassung des Senats nicht gegeben.<br />
Das, was der Antragsteller vorgebracht hat, ist durch die<br />
Ausführungen im Senatsbeschluss vom 10. Juli 2000 geklärt.<br />
Hilfsweise hat der Senat allerdings angemerkt, dass dem Antragsteller<br />
auch mit Rücksicht auf sein neues Vorbringen ein<br />
Anspruch auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach §4RAG<br />
nicht zustehe. Insbesondere reiche für die Zulassungsvoraussetzung<br />
nach §4Abs. 1Nr. 1RAG eine rückwirkende Immatrikulation<br />
nicht aus. Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen<br />
Regelung muss der Bewerber mit dem Studium auch tatsächlich<br />
vor dem 1. September 1990 begonnen haben. Das war bei<br />
dem Antragsteller nicht der Fall.<br />
II. Entscheidungen in sonstigen Streitverfahren<br />
1. Werbung mit Erfolgszahlen und Erfolgshonorar sowie<br />
Gebot der Gebührenüberschreitung<br />
a) Werbung mit Erfolgszahlen<br />
Gegenstand der Entscheidung vom 9.6.2008 34 ist u.a. die Versendung<br />
von E-Mails anMandanten, in denen der Rechtsanwalt<br />
Inkassotätigkeit mit der Aufforderung zur Kontaktaufnahme<br />
und folgendem Hinweis anbot:<br />
„Unsere Erfahrung: Wir werten unsere Inkassoverfahren regelmäßig<br />
statistisch aus. Unsere Erfolgsquote im Jahr 2002:<br />
78,4 % (Zahlung durch Gegner des vollen Betrages auch in<br />
Raten).<br />
Die Vorinstanz sah darin einen Verstoß gegen §43b BRAO.<br />
Dem ist der Senat entgegengetreten. Zwar sei die Angabe von<br />
Erfolgs- und Umsatzzahlen nach §6Abs. 2Satz 1BORA unzulässig.<br />
Daraus folge allerdings nicht „ohne weiteres“ eine mit<br />
§43b BRAO unzulässige Werbung. ImHinblick auf die durch<br />
Art. 12 GG gewährleistete Werbefreiheit sei das Verbot (des §6<br />
Abs. 2Satz 1BORA) eng auszulegen 35 .Nur in den Fällen, in<br />
denen durch die Erfolgsangabe eine Irreführung zu befürchten<br />
sei, ist eine solche Angabe verboten. Solche Feststellungen seien<br />
bei dem Hinweis auf eine prozentgenaue Erfolgsquote bei<br />
Inkassoverfahren eines bestimmten Jahres nicht getroffen.<br />
b) Erfolgshonorar<br />
Gegenstand der Entscheidung vom 9.6.2008 36 war darüber hinaus<br />
die von dem Rechtsanwalt für die Übernahme der Inkassotätigkeit<br />
angebotene „Erfolgsgebühr“:<br />
„Erfolgsgebühr: ImErfolgsfall berechnen wir Ihnenbei Beträgen<br />
bis 3.000 Euro 5%des eingezogenen Betrages und bei Beträgen<br />
ab 3.000 Euro 3%des eingezogenen Betrages als erfolgsabhängige<br />
Vergütung. Nur wenn wir erfolgreich sind, werden<br />
wir weitergehend vergütet. Sie bezahlen nur aus dem Betrag,<br />
der auch tatsächlich für Sie durchgesetzt worden ist“.<br />
33 BGH, Beschl. v.21.7.2008 –AnwZ (B) 4/07; BVerwG NVwZ 1989,<br />
161.<br />
34 BGH, Beschl. v.9.6.2008 –AnwSt (R) 5/05.<br />
35 Vgl. auch BVerfG, Beschl. v.12.12.2007 –1BvR 1625/06, NJW<br />
2008, 838 zur Veröffentlichung sog. „Gegnerlisten imInternet“.<br />
36 BGH, Beschl. v.9.6.2008 –AnwSt (R) 5/05.