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2/2009 - BRAK-Mitteilungen

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<strong>BRAK</strong>-Mitt. 2/<strong>2009</strong> Berufsrechtliche Rechtsprechung 87<br />

gen für die neue Verhandlung und eine Entscheidung in der<br />

Sache befangen. Das hat der Senat in seinem Urt. v.9.9.1966<br />

(BGHSt 21, 142) im Anschluss an2Entscheidungen des 2.<br />

Senats (BGHSt 20, 252, 253 und NJW 1966, 1718) unter<br />

Ablehnung des abweichenden Antrages von Dahs (NJW 1966,<br />

1691, 1694 ff.) bereits eingehend dargelegt.<br />

Diese Erwägung rechtfertigt es indessen nicht, einen Richter<br />

allein schon wegen der Tatsache seiner früheren dienstlichen<br />

Beschäftigung mit demselben Sachverhalt für befangen anzusehen.<br />

Wäre diese Tatsache für sichbereits ein Ablehnungsgrund,<br />

so würde dieser Grund in solchen Fällen immer vorliegen und<br />

die frühere dienstliche Tätigkeit des Richters hätte in Wahrheit<br />

die Bedeutung eines Ausschließungsgrundes. Wäre der Gesetzgeber<br />

aber hiervon ausgegangen, so müsste angenommen werden,<br />

dass er den gesetzlichen Ausschluss des mit der Sache<br />

bereits anderweit dienstlich beschäftigt gewesenen Richters<br />

ausdrücklich bestimmt und in gleicher Weise indie Vorschrift<br />

des §23StPO aufgenommen hätte, wie er ihn bspw. durch das<br />

Strafprozessänderungsgesetz v. 19.12.1964 bei Entscheidungen<br />

im Wiederaufnahmeverfahren für den Richter angeordnet hat,<br />

der bei einer durch einen Wiederaufnahmeantrag angefochtenen<br />

Entscheidung mitgewirkt hatte.<br />

In allen solchen Fällen müssen<br />

vielmehr über die Tatsache der<br />

früheren dienstlichen Beschäftigung<br />

mit demselben Sachverhalt<br />

hinaus besondere Umstände vorliegen, die bei einem vernünftigen<br />

Angeklagten die Befürchtung begründen können, der<br />

Richter werde nicht unvoreingenommen an die Prüfung eines<br />

Falles herangehen.“<br />

Wenn nach alledem die Mitwirkung eines Richters an der<br />

vorangegangenen Verurteilung eines anderen wegen derselben<br />

Straftat indemselben oder einem anderen Verfahren oder aufgrund<br />

der Teilnahme an einschlägigen Vorverfahren für sich<br />

nicht die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt, d.h. Vorgänge,<br />

bei denen der zur Prüfung anstehende Richter selbst<br />

tätig wurde, sokann nach Auffassung der Kammer allein der<br />

Umstand, dass anVorentscheidungen eine dritte Person, mit<br />

der der jeweilige Richter lediglich innerhalb einer mittelgroßen<br />

RA-Kanzlei in Sozietätsgemeinschaft steht, nicht allein und isoliert<br />

Anhaltspunkt für die Besorgnis der Befangenheit sein.<br />

Auch Herr RA Dr. Z.hat in seiner Anhörung den Einwand der<br />

Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden nicht erhoben.<br />

Unsachliche Äußerung eines Rechtsanwalts<br />

BRAO §43a Abs. 3<br />

*1. Die Äußerung eines RA in einem Schriftsatz gegenüber einer<br />

Behörde: „Was Sie überhaupt noch mit Rechtsordnung zutun<br />

haben, habe ich –ehrlich gesagt –bis heute noch nie gewusst ...<br />

Was hier geschieht ist ein bewusstes Treiben des Bürgers durch<br />

die Behörde in den Schuldenstand“ verstößt gegen das Gebot der<br />

Sachlichkeit.<br />

*2. Verstößt ein RA zum wiederholten Male gegen das Sachlichkeitsgebot,<br />

kann neben einem Verweis auch eine Geldbuße zur<br />

Ahndung angemessen sein.<br />

AnwG Köln, Urt. v.15.10.2008 –10 EV 55/08<br />

Aus den Gründen:<br />

I. RA X. ist seit dem 21.11.1969 beim AGund LG …zugelassen.<br />

II. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung v. 15.10.<strong>2009</strong><br />

steht folgender Sachverhalt fest:<br />

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />

Besondere Umstände<br />

erforderlich<br />

ln einer sozialhilferechtlichen Angelegenheit, in welcher er<br />

seine Mandantin Frau B. wegen Übernahme von Mietkosten<br />

vor dem Kreis …–Hilfen inEinrichtungen –vertrat, übersandte<br />

er am 20.6.2007 ein Schr. anden Kreis …,indem er u. a. ausführte:<br />

„… was Sie überhaupt noch mit Rechtsordnung zu tun haben,<br />

habe ich –ehrlich gesagt –bis heute hoch nie gewusst …Was<br />

hier geschieht, ist ein bewusstes Treiben des Bürgers durch die<br />

Behörde in den Schuldenstand ...“.<br />

Mit Schr. v. 14.9.2007 wandte sich der Kreis … gegen die<br />

Äußerungen des RAX.imSchreiben v. 20.6.2007 an die RAK<br />

Köln.<br />

RA X. wendet ein, dass erseit 40Jahren gewissenhaft für seine<br />

Mandantschaft gearbeitet habe, wenn das manchen nicht<br />

passe, könne erdas nicht ändern. Mehr wolle er dazu nicht<br />

sagen. Das Schr. v. 20.6.2007 bleibe so, ersehe dies so.<br />

Im Übrigen äußert er, dass erlediglich schriftlich niedergelegt<br />

habe, dass ernicht gewusst habe und nicht verstehe, was die<br />

Tätigkeit des Kreises in dem vorbezeichneten Verfahren mit<br />

Rechtsordnung zu tun habe.<br />

Es wurdeder Zeuge H. vernommen, der bestätigt, dassesinder<br />

Sache selber um die Übernahme von Mietschulden der Mandantin<br />

des RA X. gegangen sei, dass der Schriftwechsel indieser<br />

Angelegenheit immer unsachlicher geworden sei, sodass<br />

der Vorgesetzte, Herr G., das Verhalten standesrechtlich überprüfen<br />

lassen wollte.<br />

III. Der Sachverhalt steht aufgrund der in der Hauptverhandlung<br />

erfolgten Einlassung des RA X. sowie der Vernehmung des<br />

Zeugen H. fest.<br />

RA X. hat sich eines Standesverstoßes schuldig gemacht. Er hat<br />

seinen Beruf nicht gewissenhaft ausgeübt, indem er sich<br />

unsachlich verhalten hat. Der RA darf sich nach §43a BRAO<br />

nicht unsachlich verhalten. Unsachlich ist insbesondere ein<br />

Verhalten, welches solche herabsetzenden Äußerungen beinhaltet,<br />

zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf<br />

keinen Anlass gegeben haben.<br />

Im vorliegenden Falle ging es um die rein sachliche Frage, ob<br />

der Kreis als Träger der Sozialhilfe die Mietkosten der Mandantin<br />

des RAzuübernehmen hat. Das Verfahren schwebt derzeit<br />

noch vor dem Sozialgericht.<br />

Die beiden Äußerungen:<br />

„… was Sie überhaupt noch mit Rechtsordnung zu tun haben,<br />

habe ich –ehrlich gesagt –bis heute noch nie gewusst …“<br />

und<br />

„... Was hier geschieht, ist ein bewusstes Treiben des Bürgers<br />

durch die Behörde in den Schuldenstand ...“<br />

implizieren für den Empfänger des Schreibens, dass die Mitarbeiter<br />

des Kreises …gegen die Rechtsordnung handeln und<br />

diese bewusst dem Bürger schaden. Zu solchen Äußerungen<br />

gibt es keinen Anlass.<br />

Kein Anlass für<br />

derartige Äußerungen<br />

wurden selbst von RA X. nicht vorgetragen.<br />

Die Sachbearbeitung auf Seiten<br />

des Kreises …gibt keine entsprechende<br />

Veranlassung, entsprechende<br />

konkrete Anhaltspunkte<br />

Indem RAX.sich darauf beruft, er selber habe nicht verstanden,<br />

wasdas mitRechtsordnung zu tunhabe, ist dies einereine<br />

Schutzbehauptung, die nicht geeignet ist, den Vorwurf des<br />

bewusst unsachlichen Verhaltens zu entkräften.<br />

Im Übrigen äußerte RA X. klar und deutlich, dass das Schr. v.<br />

20.6.2007 so bleibe, er dies so sehe und der zwischen ihm und<br />

den Behörden seit 40Jahren bestehende Kampf weitergehe.

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