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2/2009 - BRAK-Mitteilungen

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<strong>BRAK</strong>-Mitt. 2/<strong>2009</strong> Berufsrechtliche Rechtsprechung 83<br />

von unterschiedlichen Prozessbevollmächtigten mit unterschiedlichem<br />

Sachvortrag vertreten worden seien, sei eine<br />

individuelle Auseinandersetzung mit jedem einzelnen Fall<br />

erforderlich gewesen. Auch habe essich bei den Kl. um Angehörige<br />

unterschiedlicher Berufsgruppen gehandelt, deren Vortrag<br />

zu einem Betriebsübergang teilweise andere Voraussetzungen<br />

und Schwerpunkte beinhaltet hätte.<br />

Der Ast. rügt, dass die Agin. ohne jede Prüfung zu Unrecht<br />

Fallidentität inallen Fällen angenommen habe. Die Kammer<br />

habe nicht mitgeteilt, welche konkreten Verfahren mit welchen<br />

konkreten Gründen abgewertet werdenmüssten. Zudemkönne<br />

auch nicht davon ausgegangen werden, dass weniger praktische<br />

Erfahrung erlangt würde, wenn nicht wiederholende<br />

Rechtsfragen von einem Anwalt bearbeitet werden. Es sei nicht<br />

einzusehen, dass einfache und deutlich weniger komplexe<br />

Kündigungsschutzverfahren, weil sie jeden TagamArbeitsrecht<br />

verhandelt würden, als eigenständiges Verfahren voll anerkannt<br />

würden, hoch komplexe und anspruchsvolle Verfahren,<br />

wie sie der Ast. nachgewiesen habe, jedoch nicht.<br />

Auch der Umstand, dass das ArbG Verfahren verbunden habe,<br />

dürfe nicht zueiner Mindergewichtung führen. Jedes Verfahren<br />

sei zunächst einzeln angestrengt worden und habe einer individuellen<br />

Prüfung, Beratung und Bearbeitung durch den Ast.<br />

bedurft. Die Verbindung der selbstständigen Verfahren sei erst<br />

im Kammertermin erfolgt. ImEinzelfall seien zuvor Gütetermine<br />

durchgeführt worden. Deshalb habe der zuständige Ausschuss<br />

gegenüber dem Ast. mit Schr. v.5.10.2007 unter Hinweis<br />

auf die Rspr. des AGH Sachsen-Anhalt v. 23.1.2004 (AGH<br />

19/03) erklärt, die nachgewiesenen Fälle des Mandanten A.<br />

GmbH &Co. KG jeweils als separate Fälle zu werten. Dies<br />

habe die Kammer in dem angefochtenen Bescheid unberücksichtigt<br />

gelassen. Es sei zwar richtig, dass ein Großteil der Fälle<br />

des Mandanten A.GmbH &Co. KG in der Weise bearbeitet<br />

worden sei, dass drei Anwälte beteiligt gewesen seien. Dies<br />

rechtfertige aber keine Minderbewertung. §5FAO erfordere<br />

ausschließlich eine Selbstständigkeit im Sinne einer „anwaltlichen<br />

Unabhängigkeit“. Sie umfasse lediglich die Freiheit von<br />

Weisungen durch Vorgesetzte oder Sozien und fordere die<br />

Tätigkeit als eigenverantwortlicher, weisungsfreier und unabhängiger<br />

RA. Erhabe alle in Frage kommenden Fälle „persönlich“<br />

bearbeitet, da dieses Merkmal nur erfordere, dass der Ast.<br />

für die Fallbearbeitung die persönliche Verantwortung tragen<br />

müsse. Dies sei nicht gleichzusetzen mit einer unmittelbaren<br />

Verantwortung gegenüber dem Auftraggeber. Die Fälle des<br />

Mandanten A. GmbH &Co. KG habe er aber sowohl gegenüber<br />

dem Mandanten als auch gegenüber RA S. als Kanzleiinhaber<br />

verantwortet. Er habe eine eigene Entscheidungsbefugnis<br />

für wesentliche Teile der Fallbearbeitung gehabt. Dem stehe<br />

nicht entgegen, dass ein Teil der Verantwortung bei RA S. gelegen<br />

habe. Aus der anwaltlichen Erklärung von RA S. v.<br />

5.1.2008 ergebe sich bereits, dass das Erfordernis der „persönlichen<br />

Bearbeitung“ durch den Ast. gegeben sei. Auf jeden Fall<br />

sei dieses Merkmal dadurch erfüllt, dass ihm der alleinige Kontakt<br />

und die Sachverhaltsarbeit mit dem Mandanten übertragen<br />

gewesen seien. Das Abstellen auf den Umstand, dass Schriftsätze<br />

das Diktatzeichen des mitarbeitenden RA W. trugen und<br />

der Reinentwurf von Schriftsätzen diesem übertragen gewesen<br />

sei, schließe die Übernahme der persönlichen Verantwortung<br />

durch den Ast. nicht aus. Erhabe nachgewiesen, dass eralle<br />

Schriftsätze überprüft und ggf. korrigiert habe. Er habe die<br />

Schriftsätze mit RA S. als Kanzleiinhaber abschließend besprochen<br />

und auch unterzeichnet. Außerdem habe der Kanzleiinhaber<br />

versichert, dass Diktatzeichen und die Unterzeichnung<br />

eines Schriftsatzes in seiner Kanzlei keinen zwingenden<br />

Schluss auf den Urheber zuließen.<br />

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung<br />

Außerdem habe die Agin. überhaupt nicht berücksichtigt, dass<br />

der Ast. inden zahlreichen und umfassenden mündlichen Verhandlungen<br />

und Beweisaufnahmen in den nachgewiesenen<br />

Fällen teilgenommen und diese vorbereitet habe, was erauf<br />

Verlangen des Fachausschusses durch die Vorlage der Terminsprotokolle<br />

mit den Aktenzügen auch belegt habe.<br />

Dass der Ast. die Schriftsätze abschließend mit dem Kanzleiinhaber,<br />

RA S., besprochen habe, sei kein Anlass, ander Unabhängigkeit<br />

des Ast. anseiner eigenverantwortlichen Fallbearbeitung<br />

zu zweifeln. Aufgrund der Gesamtkomplexität des<br />

Mandats sei eine Abstimmung mit weiteren involvierten und<br />

aus kanzleiinternen Gründen mitarbeitenden Anwälten erforderlich<br />

gewesen. Sohabe man fachliche Diskussionen über die<br />

Sach- und Rechtsfragen geführt und Strategie und Argumentation<br />

erörtert. Weisungen seien dem Ast. dabei ausdrücklich<br />

nicht erteilt worden; der Kanzleiinhaber habe auf die Tätigkeit<br />

des Ast. nicht eingewirkt.<br />

Schließlich ist der Ast. der Auffassung, dass es nicht gerechtfertigt<br />

sei, seine Tätigkeiten inden einzelnen Verfahren losgelöst<br />

vom einzelnen Fall anders als „voll“ zu gewichten, §5 FAO<br />

biete hierfür keine Handhabe.<br />

Schließlich habe die Agin. sich ausschließlich auf eine negative<br />

Gewichtung der von ihm nachgewiesenen Fälle beschränkt<br />

und es dagegen unterlassen, zumindest die unter Nr. 67und<br />

Nr. 68der Fallliste aufgeführten Fälle vor einem spanischen<br />

Gericht positiv zubewerten. Die Gewichtung dieser beiden<br />

Verfahren rechtfertige ein Vielfaches der tatsächlich erfolgten<br />

Bewertung mit „1“. In beiden Verfahren seien Klagen zahlreicher<br />

Arbeitnehmer (jeweils 23 bzw. 22) von dem für arbeitsrechtliche<br />

Fragen zuständigen Sozialgericht in Spanien verhandelt<br />

worden. Der Ast. habe diese Fälle unter einem erheblichen<br />

persönlichen, fachlichen und zeitlichen Einsatz eigenverantwortlich<br />

bearbeitet und dies der Kammer in seinem Antrag<br />

dargelegt. Die Verfahren hätten zusätzlich noch europarechtliche<br />

Bezüge aufgewiesen. Die Kl. hätten die Möglichkeit<br />

gehabt, imWege der Vollstreckung Flugzeuge der Mandantin<br />

beschlagnahmen zu lassen und dieses auch konkret angedroht.<br />

Der Ast. habe mehrfach nach Spanien reisen müssen.<br />

4. Die Agin. beantragt, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung<br />

zurückzuweisen. Sie rechtfertigt den angefochtenen<br />

Bescheid.<br />

Sämtliche Verfahren des Auftraggebers A.GmbH &Co. KG<br />

hätten darauf beruht, dass die Mitarbeiter der insolventen A.<br />

den Übergang ihres jeweiligen Arbeitsverhältnisses auf die neu<br />

gegründete Gesellschaft geltend gemacht hätten. Daher sei es<br />

jeweils umdie Frage des Vorliegens eines Betriebsübergangs<br />

nach §613a BGB gegangen. Diese Frage könne nur einheitlich<br />

und nicht für jeden Mitarbeiter individuell beantwortet werden.<br />

Entweder hätte ein betrieblicher Übergang für sämtliche Mitarbeitervorgelegen<br />

oder nicht. Sofern man nichtsogar voneinem<br />

einheitlichen Lebenssachverhalt ausgehe, hätten den einzelnen<br />

Fällen jedenfalls vergleichbare Lebenssachverhalte zugrunde<br />

gelegen. Dass die Klagen der Arbeitnehmer von unterschiedlichen<br />

Prozessbevollmächtigten mit unterschiedlichem Sachvortrag<br />

vertreten wurden und Fristen gesondert beachtet und verwaltet<br />

werden mussten, schließe eine Abgewichtung der Fälle<br />

nicht aus.<br />

Soweit der Ast. vortrage, dass vor der Verbindung der Verfahren<br />

im Kammertermin im Einzelfall Gütetermine durchgeführt worden<br />

seien, sei auch aus der Fallliste nicht ersichtlich, welche<br />

Fälle dies betreffe.<br />

Eine persönliche und weisungsfreie Bearbeitung habe nicht<br />

stattgefunden. Zwar sei das Vorliegen dieser Merkmale nicht<br />

dadurch ausgeschlossen, dass Fälle gemeinsam mit Kollegen

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