2/2009 - BRAK-Mitteilungen
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60 Aufsätze <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2/<strong>2009</strong><br />
perte“. 70 Je mehr Kompetenz durch die Bezeichnung in Anspruch<br />
genommen wird, desto höher sind die Anforderungen<br />
an die theoretischen Kenntnisse und den Umfang der bisherigen<br />
Tätigkeit auf dem Gebiet. 71 Die Bezeichnung als Spezialist<br />
ruft nach der Rechtsprechung eine noch höhere Erwartung hervor<br />
als die Fachanwaltsbezeichnung, so dass dementsprechend<br />
höhere Anforderungen –nämlich theoretische und praktische<br />
Spezialkenntnisse inallen Teilgebieten des benannten Rechtsgebietes<br />
–erfüllt werden müssen. 72 Eine Tätigkeit „in erheblichem<br />
Umfang“ liegt vor, wenn über längere Zeit indem benannten<br />
Gebiet eine Vielzahl von Fällen oder wenige, aber<br />
umfangreiche Fälle bearbeitet wurden –eine bestimmte Fallzahl<br />
ist also anders als bei den Fachanwaltschaften nicht vorgeschrieben.<br />
Die geforderte praktische Erfahrung muss auch nicht<br />
unbedingt aus anwaltlicher Tätigkeit resultieren. 73<br />
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Benennung von<br />
Teilbereichen der Berufstätigkeit –sei esmit oder ohne qualifizierende<br />
Zusätze –ist der zuständigen Rechtsanwaltskammer<br />
nur auf Verlangen nachzuweisen, eserfolgt insoweit also keine<br />
präventive Kontrolle.<br />
Benennungen nach §7Abs. 1BORA sind unzulässig, soweit<br />
sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen<br />
oder sonst irreführend sind (§7Abs. 2BORA). Von einer<br />
Verwechslungsgefahr ist auszugehen, wenn für den benannten<br />
Teilbereich eine Fachanwaltsbezeichnung verliehen<br />
werden kann 74 oder jedenfalls ein erheblicher Teil eines Fachanwaltsgebietes<br />
wie etwa „Baurecht“ statt „Bau- und Architektenrecht“<br />
benannt 75 und eine Bezeichnung gewählt wird, die<br />
der Bezeichnung „Fachanwalt“ ähnelt 76 – beispielsweise<br />
„Fachmann“ oder „Fachfrau“, „Fachrechtsanwältin“ oder<br />
„Fachrechtsanwalt“, aber auch „Rechtsanwältin für“ oder<br />
„Rechtsanwalt für“. 77 Die Verwechslungsgefahr dürfte darüber<br />
hinaus allerdings auch bei phonetisch der Fachanwaltsbezeichnung<br />
nicht ähnelnden Bezeichnungen wie „Spezialist“ oder<br />
„Experte“ imZusammenhang mit einem Rechtsgebiet bestehen,<br />
für welches eine Fachanwaltsbezeichnung existiert, dader<br />
Rechtsverkehr kaum zwischen einem Fachanwalt und einem<br />
Spezialisten oder Experten unterscheidet 78 und die Fachanwaltsbezeichnungen<br />
insoweit eine Sperrwirkung entfalten. Die<br />
Nennung einzelner Teilgebiete innerhalb einer verliehenen<br />
Fachanwaltsbezeichnung ist nicht zubeanstanden. 79<br />
Diese Regelungen gelten auch für Berufsausübungsgemeinschaften,<br />
80 die dementsprechend als solche und mithin ohne<br />
Bezugnahme auf einen konkreten Rechtsanwalt Rechtsgebiete<br />
herausstellen dürfen, wenn die entsprechenden Kenntnisse und<br />
70 Feuerich/Weyland –Feuerich, §7BORA Rdnr. 21; Hartung/Römermann<br />
–Römermann, §7Rdnr. 74.<br />
71 Begründung der Satzungsversammlung zu §7BORA, <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2006,<br />
212 (212).<br />
72 BVerfG, Beschl. v. 28.7.2004 –1BvR 159/04, MDR 2004, 185 mit<br />
Anmerkung Römermann.<br />
73 Begründung der Satzungsversammlung zu §7BORA, <strong>BRAK</strong>-Mitt. 2006,<br />
212 (212).<br />
74 Vgl. BVerfG, NJW 2004, 2656 zu§7BORA a.F. („Spezialist für Verkehrsrecht“);<br />
§1FAO.<br />
75 DieNennung einesTeilbereicheseines Fachanwaltsgebietes, derfür dieses<br />
nicht prägend ist, begründet hingegen keine Verwechslungsgefahr<br />
mit der entsprechenden Fachanwaltschaft –soetwa Ausländerrecht im<br />
Verhältnis zum Verwaltungsrecht.<br />
76 Feuerich/Weyland –Feuerich, §7BORA Rdnr. 30.<br />
77 AGH Schleswig-Holstein, Beschl. v.5.2.<strong>2009</strong> –2AGH 6/07.<br />
78 Müller-Thele/Schlegel, MDR 2006, 65 (66).<br />
79 BVerfG, NJW 2001, 1926 (1927); BVerfG NJW 2001, 2620 (2621).<br />
80 §7 Abs. 3BORA nimmt zwar lediglich auf „Berufsausübungsgemeinschaften<br />
nach §9“ Bezug, die Regelungen gelten über §33 Abs. 1<br />
BORA jedoch auch für GmbH und AG(Feuerich/Weyland –Feuerich,<br />
§7BORA Rdnr. 36; Hartung/Römermann –Römermann, §7Rdnr. 88).<br />
Zastrow, Der anwaltliche Briefbogen<br />
Erfahrungen in der Berufsausübungsgemeinschaft vorhanden<br />
sind. 81<br />
3. Bezeichnung als Mediator<br />
Als Mediator darf sich bezeichnen, wer durch geeignete Ausbildung<br />
nachweisen kann, dass er die Grundsätze des Mediationsverfahrens<br />
beherrscht (§7aBORA). Jeder Rechtsanwalt darf<br />
mediativ tätig sein, 82 sich jedoch nur unter der genannten Voraussetzung<br />
als Mediator bezeichnen. 83 Welche Anforderungen<br />
an eine geeignete Ausbildung gestellt werden, ist in der Berufsordnung<br />
nicht konkreter festgelegt 84 –ein Einführungsseminar<br />
über ein Wochenende ist sicherlich nicht ausreichend.<br />
Auch hier muss der entsprechende Nachweis gegenüber der<br />
Rechtsanwaltskammer nur auf Anforderung erbracht werden. 85<br />
4. Titel und akademische Grade<br />
Wer das Recht zur Führung eines Titels oder akademischen<br />
Grades –sei esdes Doktor- oder Professorentitels, sei es des<br />
Magister- oder Diplomtitels – hat, darf diesen grundsätzlich<br />
auch auf dem anwaltlichen Briefbogen führen. 86 Das gilt auch<br />
für ausländische Titel, soweit sie im Inland geführt werden dürfen.<br />
87 Unzulässig ist hingegen beispielsweise die durch ein privates<br />
Institut vergebene Bezeichnung „Diplom-Wirtschaftsjurist<br />
(SWA)“ wegen Irreführung über den Erwerb eines akademischen<br />
Grades 88 –hier ist gerade kein Recht zur Führung eines<br />
Diplomtitels gegeben.<br />
Führt ein Rechtsanwalt auf dem anwaltlichen Briefbogen einen<br />
Doktor- oder Professorentitel, so impliziert dies, dass erdiesen<br />
Titel durch eine rechtswissenschaftliche Promotion bzw. Habilitation<br />
erlangt hat. Sofern dies nicht der Fall ist und die Promotion<br />
bzw. Habilitation ineinem anderen Fachgebiet erworben<br />
wurde, ist dies durch einen entsprechenden Zusatz (wie „Dr.<br />
phil.“, „Dr. med.“ etc.) kenntlich zumachen.<br />
Bei der Verwendung des Titels des Diplomjuristen kann leicht<br />
der unzutreffende Eindruck entstehen, mit diesem Titel sei im<br />
VergleichzuRechtsanwältenohne Diplombezeichnung einzusätzlicher<br />
Abschluss und/oder eine zusätzliche Qualifikation<br />
81 Feuerich/Weyland –Feuerich, §7 BORA Rdnr. 32ff.; Hartung/Römermann<br />
–Römermann, §7 Rdnr. 92; vgl. BGH, Beschl. v.12.2.2001 –<br />
AnwZ (B) 11/00, NJW 2001, 1573 zur Kanzleibezeichnung „Kanzlei für<br />
Arbeitsrecht und allgemeines Zivilrecht“ vor dem Hintergrund des §7<br />
BORA a.F.<br />
82 Dies setzt §18BORA voraus, wonach der als Vermittler, Schlichter oder<br />
Mediator tätige Rechtsanwalt den Regeln des Berufsrechts unterliegt.<br />
83 Zur Benennung der Mediation als Teilbereich der beruflichen Tätigkeit<br />
vgl. II. 2.<br />
84 Nach Römermann in Hartung/Römermann, §7aRdnr. 12und Hartung<br />
in Henssler/Prütting, §7aBORA Rdnr. 2ff. ist die Vorschrift wegen Verstoß<br />
gegen das Bestimmtheitsgebot verfassungswidrig; nach Horn,<br />
Anwaltliche Werbung mit Mediator und Mediation S.50ist §7aBORA<br />
vor dem Hintergrund des Art. 3GGverfassungsgemäß so auszulegen,<br />
dass an die Ausbildung und Qualifikation von anwaltlichen und nichtanwaltlichen<br />
Mediatoren (lediglich) die sich aus dem Wettbewerbsrecht<br />
ergebenden Anforderungen zu stellen sind; zu den inhaltlichen Anforderungen<br />
vgl. auch Empfehlungen des <strong>BRAK</strong>-Ausschusses Mediation,<br />
<strong>BRAK</strong>-Mitt. 1999, 25.<br />
85 Feuerich/Weyland –Feuerich, §7aBORA Rdnr. 3;Hartung/Römermann<br />
–Römermann, §7aBORA Rdnr. 18; zu den Möglichkeiten der Nachweisführung<br />
eingehend Horn, Anwaltliche Werbung mit Mediator und<br />
Mediation, S. 71 ff.<br />
86 OLG Hamm, AnwBl. 1996, 470 zuHochschulabschlüssen; Kornblum,<br />
AnwBl. 1988, 361 (365); nach Ziff. VII. 2.1 der Richtlinienempfehlungen<br />
der BNotK v.29.1.1999 (DNotZ 1999, 258), geändert durch Beschl.<br />
v. 28.4.2006 (DNotZ 2006, 561) dürfen Notare im Zusammenhang mit<br />
ihrer Amtsbezeichnung akademische Grade, den Titel Justizrat und den<br />
Professortitel führen.<br />
87 Zuck, NJW 1988, 528 (532).<br />
88 AGH Rheinland-Pfalz, NJW 2001, 1586.