reisen EXCLUSIV - Herbst 2021
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WELTGESCHICHTEN KARIBIK | | Westpapua Dominica<br />
Den schönsten Platz auf dem Boot habe ich zweifelsohne<br />
bereits gefunden. An der Bugspitze fläze ich, müde von<br />
zwei Tagen Flughafentreiben und Jetlag, rücklinks in den<br />
samtweichen Kissen. Die Sonne wärmt mein Gesicht, der<br />
leichte Wind spielt mit meinen Haaren. Es riecht nach<br />
Meer, die warme und klebrige Luft schmeckt salzig. Meine Augen sind<br />
geschlossen. Nur unbewusst nehme ich wahr, wie im Hintergrund unsere<br />
Crew die Prana By Atzaró abfahrbereit macht; da ist das Rattern<br />
der Ankerkette, das Quietschen beim Einholen der Tenderboote.<br />
Angekommen im Paradies<br />
Ich muss eingeschlafen sein. Ein lautes Platschen holt mich jäh zurück.<br />
Als ich die Augen öffne, weiß ich nicht, wo ich bin oder wie lange<br />
ich geschlafen habe. Über mir der hohe Mast des Zweimasters, das<br />
polierte Teakholz reflektiert das gleißende Sonnenlicht. Sehr aufmerksam<br />
hat jemand mir ein Sonnensegel aufgespannt, als ich geschlafen<br />
haben muss.<br />
Um ehrlich zu sein, wirkt meine Umgebung noch wie im Traum.<br />
So schön. Wir haben just inmitten einer tiefblauen Bucht geankert;<br />
Kreise ziehen vom leicht wankenden Boot über die sonst spiegelglatte<br />
Wasseroberfläche. Ich folge ihnen, bis sie kaum hörbar an den Kalksteinsäulen<br />
zurückprallen, die uns wie ein mächtiges, natürliches Amphitheater<br />
umgeben.<br />
Ein Meer aus Kalksteinfelsen<br />
Die haushohen Felsen, die unsere 55 Meter messende Yacht wie eine<br />
Nussschale erscheinen lassen, öffnen sich an einer Stelle zu einer kleinen<br />
Sandbucht, die gerade Platz für ein Dutzend dicht gewachsener<br />
Kokospalmen bietet. Als wäre die gesamte Szenerie inszeniert, liegt<br />
eine perfekt gereifte grüne Frucht wie drapiert auf dem weiß erstrahlenden<br />
Strand.<br />
Die Kreise enden hier und rollen zu zarten Wellen aus, der Strand<br />
ist völlig leer. Unser Boot ist der einzige Gast dieser berührenden<br />
Oper, die die Natur hier gerade spielt. Auch die kommenden Akte bleiben<br />
so unglaublich wunderbar. Die folgenden Tage verschwimmen zu<br />
einem herrlichen, in gleißendes Sonnenlicht und türkisblau getauchten<br />
Gefühl, das seither einen Platz tief in meinem Herzen einnimmt.<br />
Jeden Tag ein neues Abenteuer an Bord<br />
Jeden Morgen wachen wir an einem neuen wundersamen Ort auf,<br />
denn wir cruisen die langen Strecken nachts. Jeder Tag an einem dieser<br />
aufregenden Ankerplätze beginnt mit einem ausgedehnten und herzhaften<br />
Frühstück, frische Tropenfrüchte und reichlich Kaffee, an dem<br />
eleganten Mahagoni-Holztisch auf Deck zwei. Chefkoch Fazi scheint<br />
seine stets heitere Laune in jedes seiner Gerichte einzukochen.<br />
Dann folgen die vormittäglichen Schnorcheltrips. Was sich oberhalb<br />
der Wasseroberfläche als eine Bandbreite aus Türkistönen um einen gigantischen<br />
Kalksteinfelsen äußert, entpuppt sich beim Blick durch die<br />
Taucherbrille als wahres Labyrinth. Bei meinem liebsten Schnorchelspot<br />
vor der Insel Wayag öffnet sich der Fels unter Wasser zu Höhlen<br />
und Bögen, Lichtstrahlen schießen von allen Seiten durchs Wasser. In<br />
einer dieser kleinen Höhlen lungert hier, abseits der großen Meeresströme,<br />
ein Schwarm Riffhaie. Drumherum bevölkern die exotischsten und<br />
buntesten Korallen bizarre Formationen unter Wasser – über 75 Prozent<br />
aller weltweit vorkommenden Korallen leben in Raja Ampat.<br />
Dramatische Sonnenuntergänge vom obersten Deck<br />
Die Sommerabende bringen eine erfrischende Brise mit sich. Barfuß<br />
und in Sommerkleid wanke ich mit einem Drink zum Überlaufen voll<br />
mit frischem Mangosaft die Treppe hinauf zum obersten Sonnendeck<br />
der Prana by Atzaró. Der Name ist Programm, denn der blutrote Feuerball<br />
versinkt gerade dramatisch hinter einem kleinen, unbewohnten<br />
Eiland der Kategorie Trauminsel.<br />
Als wäre diese Kulisse nicht genug, fliegt ein riesiger Schwarm<br />
Fledermäuse aus dem tropischen Dickicht auf und quert lautstark<br />
schnatternd den farbenprächtigen Himmel. Für sie ist der Beginn der<br />
Dämmerung die Einladung dazu, raus in die Welt dieses letzten Paradieses<br />
zu schwärmen. Fehlt nur noch ein Delfin, der vor der sinkenden<br />
Sonne in einer Silhouette Sprünge vollführt. Es ist so kitschig – und<br />
wunderbar.<br />
Eine Segelyacht der Extraklasse<br />
Mein Blick schweift über das wundervolle Boot, das unter mir im<br />
letzten Sonnenlicht erstrahlt. Die Prana By Atzaró, die seit 2018 das<br />
indonesische Archipel Raja Ampat besegelt, ist einer Phinisi nachempfunden,<br />
dem traditionellen zweimastigen indonesischen Handelsboot<br />
– nur verkörpert es absoluten Luxus. Morgen werden wir tatsächlich<br />
die vollen Segel hissen, aktuell gleiten wir mit geräuschloser Motorenkraft<br />
daher.<br />
Auf drei Decks verteilen sich die Gästekabinen, wobei das Wort<br />
irreführend ist. Egal ob die Masters Suite auf dem oberen Deck mit<br />
eigener Terrasse und Badewanne mit Meerblick oder die kuschelige<br />
Banda Suite auf dem unteren Deck: Gemütliche Queensize-Betten,<br />
Regendusche und eine stilvolle, von Holz und Muscheln geprägte Einrichtung<br />
finden sich in jeder der neun Kabinen. Jedes Eckchen auf dem<br />
Boot versprüht Eleganz.<br />
Eine Crew mit Herz<br />
Das Boot, die unsagbare Landschaft dieses Paradieses – aber vor allem<br />
ist es die knapp 20-köpfige Crew der Prana By Atzaró, die diesen Trip<br />
zu einer dieser Reisen macht, die es so nur einmal im Leben gibt.<br />
»Once in a lifetime«, wie man so treffend im Englischen sagt. Eines<br />
Spätnachmittags zum Beispiel, als wir einen Bootsausflug vorbei an<br />
den besonders magischen Felskegeln, dicht mit Farnen überwuchert<br />
vor der Insel Waigeo, unternehmen, winkt uns plötzlich jemand von<br />
einem kleinen Strand her zu.<br />
Beim Näherkommen erkenne ich: Es ist Bootskapitän Michael, der<br />
uns freudig begrüßt. Hinter ihm ein gedeckter weißer Tisch auf dem<br />
weichen Sand einer kleinen Bucht, Lampions schmücken die Szene.<br />
Musik schwappt herüber, als wir schließlich vor dieser wunderschönen<br />
Überraschung haltmachen. Dahinter, zwischen zwei Kokospalmen gerahmt,<br />
brutzelt Chefkoch Fazi auf einem Grill köstlich duftende Hummer.<br />
Eine Beachbar mit kalten Getränken steht vor einem Kreis aus<br />
Sitzsäcken bereit, die sich um einen Stapel Holz reihen, der uns später<br />
herbst <strong>2021</strong> <strong>reisen</strong> <strong>EXCLUSIV</strong> 27