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Stadtstreicher 03.2022-05.2022

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KOLUMNE<br />

von Sarah Hofmann<br />

WEM GEHÖRT<br />

DIE KULTUR-<br />

HAUPTSTADT?<br />

Tiefe Gräben ziehen sich durch Chemnitz: zwischen denen, die den Laden seit Jahrzehnten<br />

am Laufen halten, denen, die Änderungen nach vorne oder zurück wollen,<br />

Impfunwilligen, Opernfans, Menschen der Subkultur, Soziokulturellen, Faschismusaffinen,<br />

Jungen, Alten und Flacherdlern. Sie alle leben hier. Sind sie alle Ecoc?<br />

Uns. Unser Chemnitz wird unsere<br />

Kulturhauptstadt Europas<br />

im Jahr 2025. Wir schaffen<br />

das. Doch wer ist wir?<br />

Schon am Begriff der Kultur<br />

scheiden sich viele Geister.<br />

Die einen sehen die Hochkultur<br />

als das einzig Wahre, andere rechnen Punk<br />

und Subkultur rein, viele weiten den Begriff<br />

der Kultur aus auf Sport, Politik, Wirtschaft<br />

und Esskultur. Bringen wir die Bratwurst vor<br />

dem Fußballspiel und abstrakte Tanzperformances<br />

zusammen?<br />

Zum Mitmachen gehört in einer Demokratie<br />

auch das Mit-Entscheiden. Das Teilen der Deutungshoheit.<br />

Gepaart mit dem steten Kampf,<br />

dass Einzelne das Ganze für sich vereinnahmen.<br />

Gerade in diesem Jahr, in dem die ersten Kulturhauptstadtprojekte<br />

an die Öffentlichkeit<br />

treten, beginnen und einladen, wird die Frage<br />

nach der Teilhabe aus der Blase der Kulturschaffenden,<br />

in der sie bislang verhandelt wurde,<br />

in die Zivilgesellschaft getragen werden.<br />

Dann kommen Begehrlichkeit der Deutungshoheit<br />

auf. Gehört die Kulturhauptstadt denen,<br />

die dafür zahlen? Der Mehrheit? Denen, die sie<br />

ins Rollen gebracht und sich den roten Faden<br />

ausgedacht haben? Oder denen, die sie letztendlich<br />

tragen?<br />

Das Ideal: Alle sollen sagen können: „Ecoc, das<br />

sind auch wir.“<br />

Aber wollen wir, dass wirklich ALLE Teil sind?<br />

Schon sind wir wieder bei der Frage: Wem gehört<br />

die Kulturhauptstadt?<br />

Einer, wenn mensch den hiesigen Wahlergebnissen<br />

Glauben schenken möchte, progressiven<br />

Minderheit? Oder muss sich das Kulturevent<br />

von internationaler Relevanz nach rechtskonservativen<br />

Prämissen richten, was genau das<br />

heißen mag. Schließlich machen deutschtümelnde<br />

und vergangenheitsversessene Personen<br />

selten durch Programme von sich reden,<br />

als vielmehr durch Ablehnung der Pläne und<br />

Ideen anderer.<br />

„C the Unseen" ist das Motto der Kulturhauptstadt.<br />

Doch was ist das Ungesehene dieser<br />

Stadt? Wer genau sind die Menschen, die immer<br />

wieder als „Stille Mitte“, als schweigende<br />

Mehrheit, als noch unentdeckte Macher*innen<br />

bezeichnet werden?<br />

Können sie überhaupt von denen sichtbar ge-

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