Stadtstreicher 03.2022-05.2022
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Foto : shutterstock<br />
als Zumutung empfinden und<br />
auf den Straßen lautstark<br />
„Widerstand“ krähen.<br />
Auch diese Menschen<br />
wollen auf die Bühne<br />
und sind bereit, Allianzen<br />
mit den Rechten<br />
einzugehen. Sie<br />
werden mehr. Viele<br />
Sensible spüren<br />
das, halten<br />
es<br />
nicht ab. Vor allem die Frauen wandern seit<br />
Jahren ab, die Gebildeten, die Besonderen, die<br />
Träumenden – die eigentlichen Säulen, die<br />
Vordenker*innen des kulturellen Lebens.<br />
Übrig bleibt gefühlt,<br />
„der kleine Mann“.<br />
Zu dessen Anwälten<br />
schwingen sich die<br />
Rechtskonservativen<br />
auf. Das diese<br />
gefühlte Wahrheit<br />
keinesfalls den Fakten<br />
entspricht, zeigt<br />
ein Blick auf die<br />
Chemnitzer Vereinslandschaft,<br />
mit<br />
ihrer mehr als tausendteiligen Vielfalt.<br />
Viele kleine Vereine leisten seit Jahrzehnten<br />
kulturelle Basisarbeit, sorgen dafür, dass<br />
das Leben der „Stillen Mitte“ eben nicht nur<br />
aus Alltag und Arbeit besteht, sondern einen<br />
Überbau, die Möglichkeit des Ausprobierens,<br />
des kulturellen Erlebens und Mitwirkens<br />
bekommt.<br />
Ihre Arbeit wird dankbar hingenommen.<br />
Im BidBook, welches die<br />
Marschrichtung hin zum Jahr 2025<br />
vorgibt, kommen sie jedoch mit ihren<br />
Projekten kaum vor. Wie auch, sie waren,<br />
als die langfristigen Planungen liefen,<br />
meist im Ehrenamt und wenn nicht, oft<br />
unterbesetzt, mit ihren Aufgaben befasst.<br />
Hatten kaum Raum für Zukunftsmusik und<br />
keinen Kontakt zu denen, die die Notenblätter<br />
verteilten.<br />
Und nun? Klappe zu, Affe tot, Kind liegt<br />
im Brunnen? Mitnichten. Die Vorbereitungen<br />
laufen, die Firma zur<br />
Kulturhauptstadt wird in diesem Jahr<br />
Fahrt aufnehmen, auch bislang still<br />
gebliebene Akteur*innen suchen<br />
derzeit nach Möglichkeiten, ihre<br />
eigenen Ideen und Projekte einzubringen,<br />
mitzuwirken. Nun<br />
heißt es, reden, viel reden, mit<br />
allen reden. Diejenigen, die sich nicht<br />
gesehen fühlen, sollen sich mit anderen<br />
zusammentun, Eigenes auf die<br />
Beine stellen und Kontakt mit denen,<br />
die das Projekt voranbringen aufnehmen,<br />
um sich anzuschließen. Das Jahr 2023<br />
wird das Jahr der Weichenstellung sein, der<br />
Findung, der Basisbildung.<br />
Es bilden sich Vernetzungen in der Kultur, die<br />
UND NUN? KLAPPE ZU, AFFE TOT,<br />
KIND LIEGT IM BRUNNEN? MITNICHTEN.<br />
AUCH BISLANG STILL GEBLIEBENE<br />
AKTEUR*INNEN SUCHEN DERZEIT NACH<br />
MÖGLICHKEITEN, IHRE EIGENEN IDEEN UND<br />
PROJEKTE EINZUBRINGEN, MITZUWIRKEN.<br />
möglichst vielen eine Stimme geben sollen.<br />
Derzeit sind es die drei Vereine Hand in Hand,<br />
Netzwerk für Kultur und Jugendarbeit und das<br />
Kreative Chemnitz, weitere könnten und sollten<br />
folgen.<br />
Es ist nicht zu spät, alle mitzunehmen. Aber<br />
viel Arbeit, Kommunikation, guter Willen und<br />
die Bereitschaft, die Bühne, das Podium mit<br />
vielen diversen Geistern und Körpern zu teilen.<br />
Das wird nicht leicht, aber wer weiß, vielleicht<br />
schafft Chemnitz ja damit etwas ganz Neues –<br />
eine Kulturhauptstadt, die auch wirklich von<br />
der Stadt getragen wird, eine Kulturhauptstadt<br />
der Gemeinsamkeiten, der Vielfalt – von der<br />
sich eine ebensolche Vielfalt von Geistern und<br />
Körpern aus ganz Europa im Jahr 2025 dann<br />
auch wirklich eingeladen fühlt.<br />
Um Kreativität zu fördern und Gäste zu begrüßen,<br />
muss Chemnitz zum Schutzraum werden<br />
für Menschen, die mit ihrer Kunst Möglichkeiten<br />
ausloten, Neues probieren und Menschen,<br />
die sich darauf einlassen wollen. Diese Schutzräume<br />
müssen umgeben sein von klaren und<br />
unüberwindbaren roten Linien, – etwa, dass<br />
die Gleichwertigkeit aller Geister und Körper<br />
unantastbar sein sollte. Ein Raum der allen<br />
Teilhabe ermöglicht: den armen, den nichtdeutschen,<br />
den queeren, den behinderten, den<br />
nicht der eigenen Norm entsprechenden Menschen.<br />
Der Grundkonsens, dass Chemnitz bunt<br />
ist und nicht grau oder braun.<br />
C the Unseen: in diesem Raum können wir das<br />
Ungesehene auf die Bühne bringen. Gemeinsam.<br />
Wir müssen es nur wollen.