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Titel: Subkultur und Soziale Bewegung in Greifswald<br />

18<br />

Blick ins Cafè<br />

Flur mit Plakaten<br />

die Stadtverwaltung zu erhöhen und die Notwendigkeit<br />

der Forderungen zu betonen.<br />

Die Stadtvertreter reagierten „... erhöhter Gesprächsbereitschaft<br />

und der Zusage, dass schnell<br />

eine Lösung gefunden werde“ (<strong>Likedeeler</strong>). Die<br />

Jugendlichen räumten daraufhin das Haus freiwillig,<br />

bevor eine polizeiliche Zwangsräumung<br />

erfolgte, dennoch erhielten die Bewohner des<br />

AJZ kein Ersatz-Objekt.<br />

Aufgrund der brisanten juristischen Lage – zu<br />

diesem Zeitpunkt war das Objekt Karl-Marx-<br />

Platz 19 zum ersten Mal ’illegal besetzt’, da die<br />

Bewohner der Räumungsaufforderung durch<br />

die Besitzerin nicht nachgekommen waren –<br />

stellte die Stadt Greifswald 1994 die finanzielle<br />

Förderung des AJZ e. V. ein. Weil sich immer<br />

noch keine Lösung für das Raumproblem des<br />

Vereins ergeben hatten – laut LIKEDEELER „...<br />

maßgeblich verschuldet durch mangelnde Gesprächsbereitschaft<br />

seitens der Stadt ...“ – wurde<br />

im Sommer 1994 die Falladastr. 9 genau<br />

nach einem Jahr erneut besetzt. Die Besetzer<br />

unterstützten diesmal nicht nur die Forderungen<br />

des AJZ e. V., sondern forderten zusätzlich<br />

die Bereitstellung eines Hauses zur Umsetzung<br />

eines Wohn- und Kulturprojektes ähnlich dem<br />

des AJZ. Kurz vor der Räumung verließen die<br />

Jugendlichen wieder das Gebäude und besetzten<br />

wenig später die Baderstr. 11.<br />

Mit dem Beginn des verschärften Rechtsstreites<br />

1995 und aufgrund des Wegfalls der Fördermittel<br />

stellten sich die Bewohner des AJZ<br />

notgedrungen auf „... Subsistenzwirtschaft und<br />

’Survivalism’ ein.“. Die alte Gemeinschaft der<br />

Besetzer hatte sich schon seit 1993 auseinander<br />

gelebt – bis 1995 wechselte fast die gesamte<br />

Belegschaft des Hauses. Neben Querelen innerhalb<br />

der Gemeinschaft war auch der Wegfall<br />

der Gelder ein Grund für das Weggehen<br />

einiger.<br />

Der Treffpunkt im Haus wird mit eigenen Mitteln<br />

und Kräften ausgebaut und in Café Quarks<br />

umbenannt. Da es „... Vorurteile der linken Szene<br />

innerhalb der linken Szene ...“ auszuräumen<br />

galt, kam es anfänglich zu Startschwierigkeiten<br />

– es „...mangelte nicht an Klasse, jedoch blieb<br />

die Resonanz oft hinter den Erwartungen zurück<br />

...“. Dies lag laut ehemaligen Bewohnern auch<br />

an dem Bild, dass die<br />

restliche Bevölkerung<br />

von den ’Dogmatikern<br />

aus dem AJZ’ hatte.<br />

Durch die in regelmäßigen<br />

Abständen<br />

stattfindenden „...<br />

Darbietungen jüngerer<br />

Theatergruppen,<br />

themengebundener<br />

Filmabende, die auch<br />

experimentelle Produktionen<br />

mit aufnehmen,<br />

[...] Lesungen<br />

...“, „... Konzerte mit<br />

namhaften Bands bzw.<br />

DJ ́s, Parties, Filmvorführungen,<br />

Vorträge<br />

zu verschiedensten<br />

Themen und andere kulturelle Veranstaltungen<br />

....“ ’mausert’ sich das AJZ aber zum beliebten<br />

Treffpunkt der alternativen Szene Greifswalds.<br />

„Ein kleines Wunder sei es schon gewesen, dass<br />

sich ausgerechnet dieses Haus am Karl-Marx-<br />

Platz zum spannenden Musik-Szene-Treff der<br />

Stadt mauserte. Eine ganze Diskjockeygeneration<br />

ist da durch. Alle möglichen Bands haben<br />

zum Schluss aufgespielt. Nur hier waren sie zu<br />

hören: musikalische Grenzgänger aus Chicago,<br />

Jamaika, aus Osteuropa ...“ OZ.<br />

Auch der LIKEDEELER bezeichnete das Café<br />

Quarks <strong>als</strong> „... quasi einzigartig in der Region<br />

um Greifswald.“ Viele Anhänger der „... elektronischen<br />

Klänge und fetten Grooves ...“ hätten<br />

sich hier getroffen, aufgrund mangelnder Angebote.<br />

Gerade am Wochenende sei das Café<br />

Quarks „... eine wahre Alternative in Greifswalds<br />

Nachtleben ...“ gewesen.<br />

Akut von der Räumung bedroht nimmt der Verein<br />

AJZ e. V. 1999 wieder Kontakt zu den Institutionen<br />

der Stadt auf, denn noch gab „... es<br />

nämlich einen Ausweg: den Kauf des Hauses“.<br />

Da aber der Kaufpreis der Eigentümerin laut<br />

eines Vertreters des Sanierungsträgers Deutsche<br />

BauBeCon AG überzogen erschien und zu<br />

prüfen sei, Verhandlungen mit Banken sich <strong>als</strong><br />

endgültige Sackgasse erwiesen und die selbst<br />

erwirtschafteten Gelder sofort wieder in den<br />

Unterhalt und die Instandsetzung des Gebäudes<br />

flossen, „... hoffte man im AJZ auf Unterstützung<br />

durch die Stadtverwaltung“.<br />

Dadurch gelangte das AJZ wieder in den Mittelpunkt<br />

öffentlichen Interesses, aber abgesehen<br />

von einer sehr generellen Sympathieerklärung<br />

seitens der Stadtvertreterversammlung stellte<br />

sich jedoch kein nennenswerter Erfolg für die<br />

Mitglieder des Vereins ein, da verschiedene Finanzierungskonzepte<br />

an fehlenden Mehrheiten<br />

in den Gremien scheiterten.<br />

Im Oktober 1999 erfolgte ein „... regelrechter<br />

Feldzug der Greifswalder Ämter gegen die<br />

selbstverwalteten, alternativen Jugendprojekte<br />

...“. an der „... die geballte Ladung an staatlichen<br />

Kontroll- u. Regulierungsinstitutionen ...“ (LIKE-<br />

DEELER 1999) teilnahm: „... das Ordnungsamt<br />

/ Abteilung Gewerbe, das Bauordnungsamt,<br />

das Hochbauamt, das Jugendamt, das Amt für<br />

Brand- u. Katastrophenschutz (Feuerwehr), die<br />

Polizei, das Veterinäramt (die sogenannte Hygiene)“.<br />

Betroffen waren unter anderem das Café<br />

Quarks, das Pariser und das klex, die alle mit<br />

erheblichen Auflagen seitens des Ordnungsamtes<br />

’drangsaliert’ wurden, so dass sie vorübergehend<br />

nur noch eingeschränkt arbeiten konnten<br />

bzw. per Unterlassungsverfügung ganz schließen<br />

mussten – so geschehen am 29. Oktober<br />

1999 beim Café Quarks. Die Betreiber konnten<br />

die geforderte Ausschankkonzession nicht vorweisen<br />

und hatten auch keine Möglichkeit diese<br />

– ohne Mietvertrag oder Nutzungsgenehmigung<br />

für die genutzten Räumlichkeiten – zu erhalten.<br />

Der Stadtjugendring erfuhr auf Nachfrage vom<br />

Jugendamtsleiter Scheer, dass „... ihn die Situation<br />

des Café Quarks nichts anginge, da es sich<br />

um ein illegales Projekt handele, das nicht von<br />

der Stadtverwaltung gefördert werden könne“.<br />

Im November 1999 kam es zu einer Demonstration<br />

für den Erhalt des AJZ und des Pariser,<br />

an der rund 800 Jugendliche mit Transparenten<br />

wie „Wo wir am Leben gehindert werden,<br />

fängt unser Widerstand an“ teilnahmen. Dies<br />

machte zwar deutlich, welchen Stellenwert die

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