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men und eine von Guitarrero Oleg Guitarkin<br />

unternommene Abzweigung des ehemaligen<br />

Industrial-Projekts Messer für Frau Müller darstellen,<br />

gehen aus ganz anderer Perspektive<br />

zu Werke. Hier vermengen sich Surf-Trash,<br />

Rockabilly, easy Lounge Music und B-Movie-<br />

Soundtracks sowie Samples aus Sowjetfilmen<br />

mit Electronica bzw. werden kunstvoll arrangiert<br />

in elektronischer Produktionsweise. Und<br />

die Songs tragen Titel wie „Sex Euro And Elvis<br />

Pop“, „Anton La Ley 6.66 FM“, „Satan Jeans“,<br />

„SuperSonik Vibrator“ und „Fantomasfobia“.<br />

Das ist zwar postmodern eskapistisch und ironiesatt,<br />

macht aber, nun ja, einfach Spass. &<br />

wer will kann zudem noch die tiefer liegenden<br />

kulturhistorischen Bedeutungsebenen ausloten:<br />

Sowjet-Trash & US-50s-SexAngst, Rock ń<br />

́Roll-Satanismus und Kulturimperialismus der<br />

billigen Sorte, KaltKrieg-Spionage-Sounds und<br />

ScienceFiction-Retroträume... „Crazy Price“<br />

(Ipecac/Soulfood) offeriert all dies. Leger verschmitzt.<br />

Das war ́s auch fast mit den Offerten<br />

dieser Ausgabe. Ab hier geht´s weiter im (ungerechten)<br />

Schnelldurchlauf.<br />

Unheilige Allianzen<br />

Black Metal zwischen Satanismus,<br />

Heidentum und Neonazismus<br />

Christian Dornbusch / Hans-Peter Killguss<br />

Unrast-Verlag<br />

Ich bin kein großer Fan von Musikbüchern. Das<br />

liegt hauptsächlich an der unglaublichen Anzahl<br />

von Texten über Musik, die, im pseudojournalistischen<br />

Gewand gekleidet, im Grunde lediglich<br />

eine hässliche kleine Anekdotensammlung<br />

über Bands und Musiker auf Bildzeitungsniveau<br />

unter das geschichtensüchtige Volk bringen. Da<br />

kann man dann locker mal am Stammtisch zum<br />

Besten geben, wie sich Mister X von der Band<br />

Y im Jahre 1988 das Hemd voll gekotzt hat.<br />

Zu allem Überfluss wird einem dann zumeist<br />

auch noch eine (... und da schreit er sich die<br />

Seele aus seinem verwundeten Körper ...) Interpretationshilfe<br />

der Lyrics an die Hand gegeben.<br />

Und schon weiß man all das, was man in der<br />

Regenbogenpresse aus einem Restschamgefühl<br />

heraus geflissentlich nicht gelesen hat. Als ich<br />

dieses Buch mit dem recht unglücklichen Titel<br />

und dem schlecht layouteten Cover in der Hand<br />

hielt, erwartete ich ehrlich gesagt nicht anderes.<br />

Jedoch: weit gefehlt. Den Autoren, selbst seit<br />

den frühen 90igern Insider der Metal-Szene, ist<br />

es gelungen ein Buch zu schreiben, das sowohl<br />

inhaltlich <strong>als</strong> auch stilistisch wissenschaftlichen<br />

Ansprüchen gerecht wird und trotzdem leicht<br />

lesbar ist. Präzise und detailliert wird die Geschichte<br />

des Black Metal aufgearbeitet, werden<br />

ideologische Hintergründe vom Satanismus,<br />

Okkultismus und germanischen Neo-Heidentum<br />

bis zu biologistischen Gesellschaftsvorstellungen,<br />

Gewalt- und Kriegsverherrlichung, misanthropische<br />

Vernichtungsfantasien oder<br />

Wer ́s derbe krachistisch mag, sollte zu Todds<br />

„Comes To Your House“ (Southern/Soulfood)<br />

greifen, einer elegant brutalen Soundgranate<br />

hohen Kalibers. Kunstvoll abgezirkelte Energieballungen<br />

liefern Ostinato auf „Chasing The<br />

Form“ (Exile On Mainstream/Soulfood), freie<br />

Improvisationsformfindungen kommen live<br />

von Hall Ranaldo Hooker „Oasis of Whispers“<br />

(Alien8Rec.) sowie luftige und voc<strong>als</strong>behangene<br />

Elektronica mit partiellem Minimal-Tech-<br />

Durchmarsch von James Figurine auf dessen<br />

„Mistake Mistake Mistake Mistake“ (Monika<br />

Enterprise/Indigo). Gehobene Verdunklungsgefahr<br />

zwischen Romantik, Jazz, Elektrik und<br />

schwerem Bass beschwört das The Kilimanjaro<br />

Dark Jazz Ensemble (Planet Mu) und zur gründlich<br />

abschließenden Weltverbrennung hört<br />

sich am besten Nadja „Truth Becomes Death“<br />

(Alien8Rec), ein glühender Brocken von todesmetallener<br />

Dronewolkenhaftigkeit in endloser<br />

Landschaftausdehnung. Pommernland ist abgebrannt<br />

& damit diese Kolumne am Ende.<br />

A.Pehlemann<br />

Suizidpredigung beleuchtet und wird sich von<br />

dort ausgehend mit den faschistoiden Tendenzen<br />

des rechten Flügels im BM-Underground<br />

auseinandergesetzt. Was man da liest, scheint<br />

einem bösem Märchen entsprungen zu sein.<br />

Burzum und finstere Konsorten, die brennenden<br />

Kirchen in Skandinavien und der Mord an<br />

dem Blackmetaller Euronymous, all das ist in<br />

den 90igern bis in die internationalen Medien<br />

vorgedrungen. Von Bands, die sich „Holocaust“<br />

nennen oder versprechen, die ersten 80 Scheiben<br />

ihres Release mit Erde aus Auschwitz zu<br />

verschicken, hörte man dagegen fast nichts abseits<br />

der Szenekreise. Dornbusch und Killguss<br />

zeigen bei diesem Gang durch die real gefährliche<br />

Gespensterbahn des Black Metal jedoch<br />

auf, wie sich Teile des Black Metal-Untergrunds<br />

international mit der organisierten<br />

Neonazi-Szene vermengt und<br />

eine Grauzone herausgebildet<br />

hat, die Teil der seit einiger Zeit<br />

wirksamen Ausdifferenzierung<br />

der Neonazi-Szene ist, bei der<br />

jene versucht, in andere Subkulturszenen<br />

Eingang zu erhalten.<br />

Die unpolitische Haltung und<br />

partielle ästhetische Faszination<br />

der Black Metal-Szene tun dabei<br />

ihr Übriges. Ein empfehlenswertes<br />

Buch von dunkler Faszination<br />

und hohem Aufklärungsgehalt,<br />

anhand dessen man sicher auch<br />

mal die einschlägigen Konzertangebote<br />

der letzten Jahre vor Ort<br />

durchforsten könnte. Das Grauen<br />

ist gleich nebenan.<br />

Angelika Rothhardt<br />

gehört, gesehen, gelesen<br />

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