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fremde heimat<br />
58<br />
weiterer Versuch der Fleischervorstadt ihr eigenes<br />
Image zu geben. Lokalpatriotismus ist eben<br />
auch in Greifswald im kommen.<br />
So ist auch der Hauptteil der zweiten Ausgabe<br />
dem „kulturelle[n] Herz der Fleischervorstadt“<br />
gewidmet: dem Koeppenhaus. Die Versuche<br />
auch dieses Projekt auf die Fleischervorstadt<br />
zu beziehen wirken leider zum Teil ein wenig<br />
gekünstelt.<br />
Vorallem, was soll das ganze Gehabe mit der<br />
Fleischervorstadt, netter Stadtteil, aber zum Teil<br />
kam mir beim Lesen das Gefühl auf, dass hier<br />
das Bild von einem Trendstadtteil konstruiert<br />
werden soll. Was wäre denn los, hätten die<br />
Konstruktionsversuche Erfolg? Einerseits noch<br />
weiter steigende Preise in einem Stadtteil in<br />
dem Luxusmodernisierung statt Billigmiete<br />
mittlerweile Normalfall ist und zweitens eine<br />
Vertiefung der Spaltung in Greifswald zwischen<br />
Zentrum und Peripherie. Wer hip ist wohnt im<br />
Zentrum (wenn es geht in der Fleischervorstadt),<br />
und wer es nicht ist, oder wem das Geld<br />
fehlt, der muß ab in die Platte.<br />
Den Abschluß der zweiten Ausgabe bildet Prof.<br />
Bürgers Sprechstunde ein – ja was ist es denn<br />
nun? – Kommentar, Glosse oder Satire? - naja<br />
zumindest ein Text zu Sprayern, ein Text mit<br />
politischem Anspruch. Hier wird (ob ernst oder<br />
nicht entzieht sich meiner Erkenntnis) versucht<br />
sich mit dem „Graffiti-Problem“ auseinanderzusetzen<br />
und zwar auf einer Weise, dass auch<br />
ein den Stadtverschönerern wohlgeneigter Leser<br />
nach der Lektüre auf der Seite des Präventionsrates<br />
steht. Die Argumente gegen Sprayer<br />
sind im Text erdrückend: es ist illegal, es verschandelt<br />
die Stadt (eine Stadtteilzeitung sorgt<br />
sich eben um die Attraktivität des Stadtteils)<br />
und es beschädigt Eigentum – eine Kritk, wie<br />
sie auch vom Sprayerjäger Nr.1, Malermeister<br />
Hochschild, hätte verfasst werden können. Aber<br />
wenn es darum geht die Sprayer zu verteidigen<br />
fällt dem Autor nichts ein, außer die Jagd auf sie<br />
ins Lächerliche zu ziehen und den „Schaden“<br />
zu verharmlosen. Von Kultur, von Protest gegen<br />
die Gesellschaft und politischen Aussagen keine<br />
Spur (und das in einem Stadteil, in dem „Spekulanten<br />
zu Spekulatius“ gemacht werden, eine<br />
„Straßenschlacht gegen Mitternacht“ erhofft<br />
wird und wo immer noch der Traum von „Billigmieten<br />
statt Luxusmodernisierung“ existiert)<br />
Es besteht die Hoffnung, daß die Sprechstunde<br />
satirisch war. Sonst hätte die law-and-order-<br />
Fraktion in Greifswald noch ein Blatt des vorauseilenden<br />
Gehorsams gefunden, die sich aufmacht<br />
eine der letzten lebendigen Subkulturen<br />
der Stadt zu zerstören.<br />
So gesehen ist alles in allem, (zumindest mir)<br />
unklar, was der Vorbote erreichen will. Aber,<br />
wie im Editorial steht – noch handelt es sich um<br />
ein sich entwickelndes Provisorium. Die Entwicklung<br />
wartet mit Spannung ab<br />
Immer noch rassistische Hintergründe<br />
in der deutschen Gesellschaft<br />
Die Deutsche Verfassung beschreibt die Religionsfreiheit,<br />
Meinungsfreiheit und Pressefreiheit,<br />
doch das sind nur Begriffe, auf die man<br />
immer wieder stößt. In der Wirklichkeit ist die<br />
Sache viel komplizierter bzw. tragischer, <strong>als</strong> es<br />
aussieht. Als Deutscher merkt man den Unterschied<br />
kaum, man kann leicht das Gleichgewicht<br />
zwischen Realität und Fiktion verlieren,<br />
denn das ist nur eine Definitionsfrage für die<br />
westliche Zivilisation. Nur ein Fremder oder, in<br />
unserem Fall, ein Ausländer mit unterschiedlichen<br />
Kulturen, Sitten und Gewohnheiten kann<br />
die da oben genannten Begriffe genauer betrachten<br />
und herausfinden, ob sie der Wahrheit<br />
entsprechen. Das sind nämlich die Grundlagen<br />
für seine Existenz in Deutschland.<br />
Wenn diese Begriffe der Wahrheit entsprechen,<br />
dann sind es nur Worte in Büchern geschrieben,<br />
auf irgendwelchen Plakaten zur Schau gestellt,<br />
aber wir wissen alle, dass es enorm abnorm ist,<br />
dass die Fremden in der deutschen Gesellschaft<br />
akzeptiert werden, <strong>als</strong>o vergessen wir die Integrationsfrage.<br />
Als Ausländer versuche ich nicht vornehmlich<br />
akzeptiert zu werden, sondern ich versuche<br />
nm<br />
mich zu integrieren. Nur wer integriert ist, wird<br />
mit seiner sowohl guten <strong>als</strong> auch schlechten<br />
Gewohnheiten akzeptiert.<br />
Es sind nicht die geschriebenen Gesetze, die ein<br />
Problem bereiten, sondern die ungeschriebenen<br />
Gesetze, die das Leben anderer Menschen,<br />
betroffener Menschen, verletzen und in deren<br />
Seele schwarze Flecken hinterlassen.<br />
Denn vor den ungeschriebenen Gesetzen kann<br />
man sich <strong>als</strong> Fremder in dieser Kultur nicht<br />
schützen, geschweige denn etwas dagegen unternehmen.<br />
Ich habe mich mit mehreren betroffenen Ausländern<br />
in Greifswald unterhalten: Das Verhalten<br />
der meisten Deutschen ihnen gegenüber ist<br />
unerträglich.<br />
Angefangen mit den Busfahrern bis hin zu den<br />
Polizeibeamten. Es ist ein Skandal, dass die Gesetzeshüter<br />
rassistische Hintergründe haben.<br />
Ich hatte das „Vergnügen“ eine ausländische<br />
Familie zur Ausländerbehörde im Ordnungsamt<br />
Greifswald begleiten zu dürfen. Ich berichte <strong>als</strong><br />
Augenzeuge von der Eskalation, die dort wegen<br />
eines Kopftuches sich ereignet hat. Die Beamtin