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gehört, gesehen, gelesen<br />

56<br />

Engelke, Rolf; Klein, Thomas,<br />

Wilk, Michael (Hrsg.): Soziale<br />

Bewegung im globalisierten<br />

Kapitalismus – Bedingungen<br />

für emanzipative Politik<br />

zwischen Konformismus und<br />

Anpassung. Erschienen im<br />

Trotzdem Verlag. 12 Euro<br />

Liederbuches sind einige 1998 aus Anlass der<br />

1848er Revolution in Deutschland von der<br />

Leipziger Folk Session hervorragend vertont<br />

worden. So zum Beispiel das Lied „Ob wir rote,<br />

gelbe Kragen“, indem weniger die Zugehörigkeit<br />

zu einer Klasse bewertet wird, <strong>als</strong> vielmehr<br />

der Wille zur Veränderung <strong>als</strong> einendes Element<br />

in Erscheinung tritt. Oder „Trotz alledem“<br />

(auch von Hannes Wader umgedichtet), in dem<br />

der Einfachheit und Brüderlichkeit mehr Wert<br />

beigemessen wird <strong>als</strong> dem Rang und Titel.<br />

Als sehr interessant erweist sich der Anhang<br />

des Buches. In ihm werden die Lieder und ihre<br />

Der Titel nennt zwei ebenso populäre wie<br />

unklare Begriffe: Soziale Bewegung und Globalisierung<br />

aber in deren Unklarheit liegt das<br />

Problem des Buches. Der Buchtitel schafft eine<br />

hohe Erwartungshaltung. Als Leser erwartete<br />

ich nicht nur über Soziale Bewegungen im<br />

globalisierten Kapitalismus zu lesen, sondern<br />

erhoffte mir auch Klärung darüber, was man<br />

unter Sozialen Bewegungen und einem globalisierten<br />

Kapitalismus zu verstehen hat. Leider<br />

wird dieses Buch dieser Erwartung nicht gerecht.<br />

Stattdessen versucht es, ohne die zentralen<br />

Begriffe zu klären, die „Bedingungen für<br />

emanzipative Politik zwischen Konfrontation<br />

und Anpassung“ auszuleuchten.<br />

Eine Begriffsklärung für die Sozialen Bewegungen<br />

wird nicht geleistet, nur ein Text in dieser<br />

Sammlung beschäftigt sich theoretisch mit den<br />

‚Sozialen Bewegungen‘. Marianne Grönemeyer,<br />

eine von acht Autorinnen der Aufsatzsammlung,<br />

gelingt nur ein grober Umriß. Sie versteht<br />

unter Sozialen Bewegungen politische Akteure,<br />

die sich außerhalb konventioneller Organisierung<br />

(Parteien und Gewerkschaften) bewegen<br />

und aus der Position der Unterlegenheit mit gewaltfreien<br />

Mitteln ob ihrer moralischen Überlegenheit<br />

gegen ein mächtiges Gegenüber antreten.<br />

Ziel dieser Akteure sei es wieder Raum für<br />

politisches Handeln zu öffnen, d.h. sie sieht in<br />

ihnen die Kräfte, die versuchen das Denken in<br />

politischen Sachzwängen zu überwinden. Statt<br />

den Begriff enger zu fassen benutzt sie ihn in<br />

seiner Schwammigkeit um zu untersuchen, wie<br />

Soziale Bewegungen agieren im Feld zwischen<br />

der Anbiederung an herrschende Diskurse – ermöglicht<br />

es eine Vielzahl von Menschen über<br />

bürgerliche Medien zu erreichen - und der<br />

Verteidigung ihrer eigenen Position. Problematisch<br />

in dem Text von Grönemeyer ist, daß<br />

sie die Mittel der Sozialen Bewegung auf reine<br />

Gewaltfreiheit reduziert und somit die Legitimität<br />

von Militanz im politischen Widerstands<br />

bestreitet.<br />

Statt den Begriff des globalisierten Kapitalismus<br />

zu bestimmen, ist ihm ein ganzer Text gewidmet,<br />

um ihn zu Erläutern. Im, meiner Einschätzung<br />

nach, zentralen Text des Buches. Michael<br />

Wilk versucht in hier einerseits das Werden des<br />

globalisierten Kapitalismus nachzuzeichnen<br />

und zugleich die verschiedenen Gegenpositionen<br />

zu umreißen. Er schafft es einen lesenswer-<br />

Dichter kurz besprochen. So erfährt man beispielsweise<br />

vom Lied „Der Staat ist in Gefahr“,<br />

dass es dam<strong>als</strong> bei „Lärm-Demos“ gesungen<br />

wurde. Von Harro Paul Harring, der das Völkerbundlied<br />

geschrieben hat, dass er von radikalen<br />

Burschenschaften stark geprägt wurde.<br />

Oder dass das „Lied der Arbeit“ bei seiner Uraufführung<br />

von 90 Sängern vor 3000 Besuchern<br />

gesungen wurde...<br />

Insgesamt lässt das Buch die Stärke und den<br />

Bewusstseinsstand der damaligen Arbeiter erahnen<br />

und einige Anregungen für heute bietet es<br />

sicherlich auch. Frank Effenberger<br />

Soziale Bewegung global?<br />

Ein Sammelband zu Sozialen Bewegungen in der Globalisierung<br />

ten Text zu schreiben, der einen guten Einstieg<br />

zum Thema darstellt – ohne in die plakative<br />

Phrasendrescherei zu verfallen, wie man sie<br />

z.T. aus dem Attac-Spektrum kennt. Dies schafft<br />

er, indem er die Analyse mit einer radikalen Kritik<br />

verbindet.<br />

Die Texte im zweiten Teil des Buches gehen näher<br />

auf einzelne Soziale Bewegungen ein: Die<br />

Bewegung gegen die Erweiterung der Flughafen<br />

Frankfurt 1997, die Anti-AKW-Bewegung, Die<br />

Proteste gegen den Irak-Krieg. Zwei weitere<br />

Texte setzten sich mit Protesten gegen die prekären<br />

Arbeitswelten und Hartz-IV auseinander.<br />

Während die Texte zu den Protesten gegen den<br />

Flughafen Ausbau von Rolf Engelke und die<br />

Proteste gegen den Krieg im Irak von Thomas<br />

Klein, sich mit zeitlich begrenzten Ausschnitten<br />

der jeweiligen Sozialen Bewegung beschäftigen<br />

und keinen Überblick über diese bieten,<br />

beschreibt der Text von Reimar Paul die Geschichte<br />

der Anti-AKW-Bewegung und versucht<br />

ihren Stellenwert für die deutsche Protestkultur<br />

zu bestimmen. Und diese ständig erneuerte<br />

Protestkultur ist neben der Fähigkeit die Thematik<br />

regelmäßig wieder auf die Tagesordnung<br />

zu setzen, für den Autor ein zentraler Erfolg der<br />

Bewegung, die über dreißig Jahren Generationen<br />

von sozial Bewegten <strong>als</strong> Schule des Protests<br />

gedient hat.<br />

Wie die meisten anderen der insgesamt neun<br />

Texte setzt auch Pauls Text einen Schwerpunkt<br />

auf die Schwierigkeit zwischen Breitenwirkung<br />

und konsequenter Radikalität zu lavieren. Alle<br />

Texte sprechen sich eindeutig für die Radikalität<br />

aus, können aber die Frage nicht beantworten,<br />

wie diese Radikalität zu breiter gesellschaftlicher<br />

Veränderungen führen kann, die in verschiedenen<br />

Ausrichtung und Ausformung das<br />

Ziel aller sozialer Bewegungen darstellte.<br />

Alles in allem bietet das Buch einen ersten Einblick<br />

in die Genese (west)deutscher Sozialer<br />

Bewegungen und in ihre Diskussionen, Leistungen<br />

und Fehler. Zwei Texte des Buches sind<br />

außerordentlich lesenswert, andere sind allerhöchstens<br />

mittelmäßig, dennoch lohnt sich der<br />

Kauf für jene, die sich einen ersten Überblick<br />

über die Thematik verschaffen wollen.<br />

Nico

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