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Titel: Subkultur und Soziale Bewegung in Greifswald<br />
24<br />
„Straßenschlacht um Mitternacht“...<br />
Die Häuserbesetzung in der Wachsmannstraße<br />
Anfang der 90er Jahre gab es in Greifswald eine lebendige BesetzerInnenszene.<br />
Jugendliche besetzten leerstehende und verfallende Häuser, um darin zu<br />
wohnen, zu feiern und sich vor der zunehmenden Nazigewalt zu schützen. Mit<br />
ihren Kämpfen nahmen sie Anteil an der Entstehung einer alternativen Kulturszene<br />
- Anstrengungen von denen wir in Greifswald noch immer zehren.<br />
Der <strong>Likedeeler</strong> unterhielt sich mit einem ehemaligen Besetzer, der von Anfang<br />
an dabei war, über die bewegten Zeiten.<br />
Bevor wir über die über die Besetzung selber<br />
reden, vielleicht erst einmal zu den Voraussetzungen<br />
von den Besetzungen. Wieso wurde in<br />
Greifswald dam<strong>als</strong> besetzt?<br />
Es gab schon eine Besetzerszene in Greifswald<br />
– obwohl es eine ganz andere war – vor der<br />
Wende. Dazu kann ich aber selber nichts zu<br />
sagen. Zu Wendezeiten war ich erst 16 oder 17<br />
und davor hatte ich mit dem Thema kaum Berührungspunkte<br />
gehabt.<br />
Ich kann erst ab dem Zeitpunkt beginnen, an<br />
dem ich selber bin in die Besetzerszene eingestiegen<br />
bin.<br />
Wann war das?<br />
Das war 1991. In dem Jahr wurde auch das<br />
„Loch“ Ecke Anklamer / Beimler-Str. besetzt.<br />
Da waren natürlich die Gründe weshalb wir<br />
ein Haus besetzt haben weniger politischer<br />
Art. Die Zeit gab es einfach her. Es war eine<br />
absolut gesetzesfreie Zeit. Du konntest machen<br />
was du wolltest. Es kam das Bedürfnis Häuser<br />
zu besetzen auf, weil es keine Clubs mehr in<br />
Greifswald gab, die unsere Musik, unsere Treffen<br />
unsere Kultur gespielt oder verkörpert haben.<br />
Es gab auch keine Kneipen, Bars, oder<br />
irgendwas, wo du hingehen konntest und wo<br />
du akzeptiert wurdest. Das einzige was es gab,<br />
war das Amberland, aber auch das war nicht so<br />
unser Laden.<br />
Wer ward ihr?<br />
Wir waren waren ein buntgemischer Haufen:<br />
Punks, Gruftis, Metaller, Anarchos.<br />
Wo habt ihr euch vor den Besetzungen aufgehalten?<br />
Es gab einfach keine Alternativen, wo du dich<br />
aufhalten konntest. Im Sommer war es o.k. auf<br />
dem Marktplatz zu sitzen, oder auf einer Bank.<br />
Aber es war nicht so unsere Sache. Auch wurdest<br />
du immer schräg angeschaut, angemacht,<br />
zusammengeschlagen – je nach dem was so<br />
passierte.<br />
Aus diesen Gründen hat es sich ergeben, daß wir<br />
das Haus besetzt haben. Wir haben alle noch<br />
zu Hause bei den Eltern gewohnt. Dazu waren<br />
wir noch zu jung, um aus der Wohnraumpolitik<br />
heraus Häuser zu besetzen. Das spielte bei uns<br />
gar keine Rolle. Zumindest nicht zu dem Zeitpunkt.<br />
Es ging darum etwas zu finden, wo wir<br />
unsere Dinge durchziehen konnten.<br />
Und es kam dann noch Stück für Stück hinzu,<br />
dass wir einen gemeinsamen Schutzpunkt gegenüber<br />
den Nazis brauchten.<br />
Wenn du so zu zweit, zu dritt einfach irgendwo<br />
im Park saßt, warst du ein offenes Ziel. Und die<br />
Nazis wußten ja auch wo wir uns treffen und<br />
wo wir uns in der Altstadt aufgehalten haben.<br />
Wenn man dann so ein Haus hat, dann kann<br />
man sich besser verteidigen.