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der Wachsmann auch rum. Die fühlten sich da<br />

wahrscheinlich wohler, <strong>als</strong> im AJZ.<br />

Mein Eindruck von dam<strong>als</strong> auf das AJZ aus der<br />

Sicht eines Wachsmannstraßenbewohners, war,<br />

daß die das schon fast diktatorisch aufgezogen<br />

haben. Also die feministische Seite, die im AJZ<br />

sehr stark ausgeprägt war, damit konnten wir<br />

überhaupt nichts anfangen. Die ganze Sexismus-Schiene,<br />

wo die gesagt haben: „Das könnt<br />

ihr nicht machen“, das interessierte uns nicht so.<br />

So hat sich die Differenz immer mehr aufgebaut<br />

und wurde immer größer.<br />

Bei uns war das so, wenn jemand mit uns ein<br />

Problem hatte, dann haben wir gerade das gerne<br />

gemacht, um zu provozieren. Und es spielte<br />

für uns keine Rolle, ob das ein Nazi oder ein<br />

Normalbürger war, oder ob es dann ein AJZ‘ler<br />

war. Insofern haben wir es auch immer darauf<br />

angelegt. Die haben schon ein Café gehabt, wo<br />

wir dann auch mit irgendwelchen provokanten<br />

Shirts rein sind. So wurde der Graben immer<br />

größer. Das gipfelte dann in einer Aktion.<br />

Mit der Zeit hatten sich ein paar Oi‘s und Skins<br />

von der Naziszene abgespalten und man hatte<br />

auch einige der Nazis über die Jahre kennengelernt<br />

und festgestellt, daß einige davon eigentlich<br />

nicht so rechts drauf waren. Es vermischte sich<br />

dann ein bißchen.<br />

Ich kann mich noch dran erinnern,<br />

man saß im Penguin. Das<br />

war dam<strong>als</strong> auch ein Anlaufpunkt,<br />

nichts Alternatives, aber<br />

es war ein Partylokal, wo man<br />

alles vorfinden konnte, Nazis,<br />

Normalos, Assis, Punks, Studenten,<br />

Schüler, es war kunterbunt.<br />

Und irgendwie aus einer Sufflaune<br />

heraus, weil man ja auch<br />

vom AJZ nicht akzeptiert, sondern<br />

wie kleine dummer Punker<br />

behandelt wurde, sind dann die<br />

Nazis hin zum AJZ, um da Mollis<br />

und Steine zu schmeißen und<br />

einige von uns sind mit: „Auf<br />

die haben wir auch Bock...“ So<br />

ist die Gesichte entstanden, daß<br />

die Wachsamm, zusammen mit<br />

den Nazis das AJZ angegriffen<br />

haben. Es war kein Angriff in<br />

dem Sinne, aber man stand dann<br />

schon davor und hat Scheiben<br />

eingeschmissen.<br />

Waren das die einzigen Besetzungen<br />

in Greifswald?<br />

Nein, es gab Mitte der 90er Jahre<br />

noch ein Haus in der Bleichstra-<br />

ße, das wurde jedoch von zum Teil prolligen, kriminellen<br />

Personen besetzt. Junge Leute, die auch<br />

nichts mit Nazis am Hut hatten, aber auch nichts<br />

mit der alternativen Szene zu tun hatten und teilweise<br />

wohl zu Hause rausgeflogen sind.<br />

Das war eher eine Wohnbesetzung. Aber das war<br />

ein Stückchen kriminell, die haben Motorräder<br />

und Autos geknackt, sind in Läden eingestiegen<br />

und hatten massenweise Diebesgut im Haus.<br />

Und in der Wollweber gab es dann zu „Klex“-<br />

Zeiten eine Wohnbesetzung, aber das<br />

wurde nach außen hin nicht so bekannt<br />

gegeben.<br />

Und auch in der Wolgaster Straße gab<br />

es nach der Wende eine Besetzung<br />

und dann noch ganz viele kleine, keine<br />

ganzen Häuser, aber wo Leute sich<br />

dann einfach eine Wohung genommen<br />

haben.<br />

Was glaubst du, weshalb gibt es heute<br />

in Greifswald keine Besetzungen<br />

mehr?<br />

Also einmal war dam<strong>als</strong> der Selbstorganisierungsgrad<br />

höher. Wenn du<br />

etwas in der Stadt haben wolltest,<br />

dann mußtest du dich selber darum<br />

kümmern. Heute ist bei den meisten nur noch<br />

Konsum angesagt.<br />

Außerdem ist das Eingreifen des Staates heute<br />

ein ganz anderes, das heißt heute würden die<br />

sehr schnell kommen, um zu räumen - das war<br />

früher anders. Zudem gab es dam<strong>als</strong> noch sehr<br />

viel Leerstand, vielmehr <strong>als</strong> heute. Bei vielen<br />

Häusern, war auch die Eigentumsfrage ungeklärt.<br />

So daß sich keiner verantwortlich fühlte.<br />

Und es gibt auch nicht so den Bedarf mehr, weil<br />

die Notwendigkeit nicht mehr so groß ist. Es gibt<br />

jetzt ja das Klex, das Pari und das IkuWo...<br />

Titel: Subkultur und Soziale Bewegung in Greifswald<br />

Foto links:<br />

Das besetzte Haus in<br />

der Wollweberstraße,<br />

nach der Räumung<br />

OZ-Artikel zur Besetzung/<br />

Räumung der ehemaligen<br />

Fischfabrik in der Roßmühlenstraße<br />

/ Ecke Brüggstraße<br />

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