27.12.2012 Aufrufe

Download als *.pdf (4,3MB) - Likedeeler-online

Download als *.pdf (4,3MB) - Likedeeler-online

Download als *.pdf (4,3MB) - Likedeeler-online

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Eine Thematik, die es wirklich wert war, diskutiert<br />

zu werden, weil sich damit ja noch keiner<br />

auseinandersetzte, aber leider vertreten und<br />

verkörpert wurde von Leuten, die das nicht<br />

wirklich verdaut hatten. Auf aggressive, teils<br />

eben auch sehr handfeste Weise.<br />

Czako: Ja, Diskussion war da auch nicht so erwünscht...<br />

Man hatte es zu akzeptieren oder<br />

man stand halt auf der anderen Seite. Ja oder<br />

nein- dazwischen gab es nicht viel.<br />

AP: Was ja extreme Gräben gezogen hat ...<br />

Czako: Das war ja dann auch für mich letztendlich<br />

der Grund, meine Sachen zu packen.<br />

Zudem gab es, wie schon angedeutet, im persönlichen<br />

Zusammenleben Verwerfungen. Der<br />

eine oder andere konnte oder wollte nicht akzeptieren,<br />

dass er nicht mit allen kann und es<br />

das nahe liegende wäre, nicht auf Krampf eine<br />

so große WG zusammenzuhalten, sondern<br />

doch ein bisschen zu differieren, um den riesigen<br />

Druck aus der Hausgemeinschaft zu nehmen.<br />

Ich kann mich entsinnen, auf der letzten<br />

Hausvollversammlung, an der ich<br />

teilgenommen habe, das muss Mitte ́94 gewesen<br />

sein, gab es konkrete Pläne, das Haus<br />

in drei Wohngemeinschaften aufzuteilen. Was<br />

sich aber letzten Endes nicht durchsetzen konnte,<br />

da einige wenige, eine Minderheit, etwas<br />

Angst davor hatte, an Einfluss zu verlieren,<br />

ausgeschlossen zu sein von irgendwelchen Entscheidungen.<br />

Ich glaube, diese Befürchtungen<br />

waren nicht real, da vor allem Uwe, um den<br />

es besonders ging, das nie wollte. Er wollte<br />

gar nicht der Chef sein. Aber einige haben ihn<br />

einfach so gesehen, <strong>als</strong> Person, die akzeptiert<br />

wurde, deren Wort Gewicht hatte, und es gab<br />

diese Befürchtungen, wenn separiert würde,<br />

wäre diese WG, wo er weilt, dann so eine abgekapselte<br />

Führungseben. Diese Ängste haben<br />

dafür gesorgt, dass die Idee sich nicht durchsetzen<br />

konnte und das war dann für mich der<br />

Moment, zu sagen: gut, das war ́s.<br />

AP: Befandet ihr euch da dann schon in der<br />

Phase, <strong>als</strong> klar war, man ist jetzt de facto in<br />

einem illegalen Haus, es gibt kein Geld mehr<br />

und es ist unklar, ob und wie es überhaupt weitergeht.?<br />

Man muss ja dazusetzen, dass es diese<br />

Angebote von der Stadt für Ausweichhäuser<br />

gab, die aber alle unakzeptabel waren, soweit<br />

ich weiß.<br />

Czako: Ich bin mir gerade nicht so sicher, ob<br />

das zu dem Zeitpunkt noch relevant war. Ich<br />

habe ja noch bis Anfang ́95 da gewohnt, aber<br />

nicht mehr teil gehabt, bin den meisten Leuten<br />

einfach aus dem Weg gegangen. Was in einem<br />

Haus dieser Größenordnung schon eine Leistung<br />

ist. Aber wenn man wie ich Frühaufsteher<br />

ist, dann hatte man das Glück, am Morgen ungestört<br />

zu sein und mit den wenigen Leuten,<br />

die man mag, zu frühstücken. Und wenn die<br />

Spätaufsteher, die nicht mehr so gemochten<br />

Personen, gekommen sind, nahm man den Hinterausgang<br />

(lacht). Das letzte halbe- dreiviertel<br />

Jahr war dann sehr krampfig. Das war aber auch<br />

der Sommer, in dem Druck gemacht wurde, wo<br />

das Haus in der Falladastrasse scheinbesetzt<br />

wurde wie auch die Baderstrasse. Das dürfte<br />

der Zeitpunkt gewesen sein, <strong>als</strong> diese Angebote<br />

kamen. Aber das kenne ich dann nur von außen<br />

...<br />

AP: Na ja, wir haben zumindest Fotos von dir<br />

im Stadtstreicherarchiv gefunden, auf denen<br />

du entweder in der Falladastrasse oder in der<br />

Baderstrasse dabei bist, an der Verbarrikadierung<br />

herumzubasteln.<br />

Czako: Wenn das belegt ist, dann täuscht mich<br />

wohl ein bisschen meine Erinnerung.<br />

AP: Es gab ja auch einen gewissen Automatismus,<br />

weiter mitzumachen, solange man nicht<br />

völlig ausgestiegen war. Du bist ja nun nicht<br />

weggegangen aus Greifswald – sozusagen nach<br />

deinem Ausstieg. Wie hast du denn das Haus<br />

wahrgenommen, wo es ja noch fast sechs Jahre<br />

mit teilweise doch sehr überraschenden<br />

Ergebnissen weiterging. Zum Beispiel einiges<br />

klappte, das vorher nicht funktioniert hat, auch<br />

aufgrund dieses Habitus, den man gepflegt hat<br />

und der Dogmen, die für viele sehr radikal zum<br />

Ausdruck gebracht wurden. Denn die Konzerte<br />

haben ja nur teilweise funktioniert, wobei es<br />

natürlich auch immer drauf ankam, wie gut die<br />

Band war, und der Cafebetrieb wurde nur sehr<br />

zögerlich angenommen. Es gab in den frühen<br />

Tagen eigentlich keine richtig übergreifende<br />

Identifikation mit dem Haus, sondern schon<br />

eher ein Sichabsetzen, ja, teils einen wirklich<br />

harten Konkurrenzkampf. Gerade mit Kreisen<br />

aus dem Klex, <strong>als</strong>o dem ehemaligen Wachsmannstraße-Trupp.<br />

Partiell auch mit dem Pariser,<br />

die aber in ihrer relaxten Art einfach gern<br />

Sachen mitgenommen haben und immer einen<br />

ironischen Abstand hatten. Diese zweite und<br />

dann auch dritte Generation des AJZ mit ein<br />

paar Überlebenden, die quasi durch alle Ebenen<br />

mitgegangen sind, hat es dann jedoch geschafft,<br />

diesen Ort zu etablieren. Wie hast du<br />

das wahrgenommen?<br />

Czako: Für mich war der Auszug schon ein<br />

ganz klarer Bruch. D.h., der Bruch war schon<br />

vorher da, aber ich habe noch eine Zeit gebraucht,<br />

bis ich eine eigene Wohnung hatte.<br />

Ich habe danach auch mal ein oder zwei Leute<br />

besucht, aber eigentlich bin ich nicht gerne hingegangen,<br />

habe mich dem sehr ungern genähert,<br />

ja, es sogar wirklich gemieden. Als Steffen<br />

und die anderen dann nach Potsdam gegangen<br />

sind, gab es für mich keinen Grund mehr, da<br />

vorbei zu gehen. Ich glaube, ich war dann zwei<br />

Jahre überhaupt nicht mehr dort. Als es dann<br />

nur noch ein Treffpunkt war, eben ein kultureller<br />

Ort ohne all diese Überlagerungen, hatte ich<br />

dann aber auch meinen Frieden gemacht und<br />

konnte das eine oder andere Konzert genießen.<br />

Titel: Subkultur und Soziale Bewegung in Greifswald<br />

Scheinbesetzung eines Hauses<br />

in der Falladastraße 1994<br />

23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!