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altlandkreis - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel - Ausgabe Mai/Juni 2023

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<strong>Das</strong> Passionsspiel in Waal – Premiere am 6. <strong>Mai</strong><br />

Uraufführung mit<br />

sinnstiftender Frage<br />

Waal | Der Verein „Passionsspielgemeinschaft<br />

Waal e.V.“ feiert<br />

heuer ein bemerkenswertes<br />

Jubiläum: 400 Jahre ist es her,<br />

dass die Bürger des Dorfes im<br />

schwäbischen Landkreis Ostallgäu<br />

von der Pest heimgesucht<br />

wur<strong>den</strong>. In ihrer Not beschlossen<br />

sie, ein Gelübde abzulegen:<br />

Sollte Waal vom Schwarzen Tod<br />

verschont bleiben, wür<strong>den</strong> sie<br />

fortan die Passion Christi aufführen,<br />

um dem Herrgott zu danken.<br />

Waal überstand die Pest, das<br />

Versprechen wurde gehalten. Seit<br />

dieser Zeit inszeniert Waal <strong>den</strong> Lei<strong>den</strong>sweg<br />

Christi in regelmäßigen<br />

Abstän<strong>den</strong>. Genaugenommen war<br />

das Jubiläum im Jahr 2021, aber<br />

durch die Pandemie mussten die<br />

Feierlichkeiten verschoben wer<strong>den</strong>.<br />

Im Jahr 1961 konnte die Spielgemeinschaft<br />

sogar ihr eigenes<br />

Theater beziehen. Ein imposanter<br />

Bau im Herzen von Waal, elf Meter<br />

hoch, mit großer Glasfront und<br />

Cafés, Pausenräumen, Umklei<strong>den</strong>,<br />

Büro, Garderobe, Proberäumen,<br />

Passionsspiel-Debüt: Manfred Dempf<br />

(links) führt erstmals Regie.<br />

Orchestergraben, Vorverkaufsstelle.<br />

Und im Keller: Die Bar „Zum Blauen<br />

Zabulon“, wo Mitwirkende nach<br />

der Vorstellung entspannen können.<br />

Nach einigen Modernisierungen<br />

und Umbauten bietet der Saal<br />

heute rund 575 Zuschauern Platz.<br />

Alle Beteiligten sind Laien, die aus<br />

Waal oder höchstens 30 Kilometer<br />

Entfernung kommen müssen. <strong>Das</strong><br />

Orchester besteht aus 30 Musikern,<br />

im Chor singen 60 Menschen und<br />

insgesamt sind mehr als 220 Personen<br />

rund um das Passionsspiel aktiv.<br />

Kulissen und Kostüme wer<strong>den</strong><br />

eigenhändig gebaut und genäht.<br />

„Für die Spielsaison <strong>2023</strong> haben<br />

wir uns die Gewänder <strong>für</strong> unsere<br />

Soldaten aus Oberammergau<br />

geliehen“, sagt Vereinsvorsitzender<br />

Michael Daigeler am<br />

Rande einer Probe. „Wir haben<br />

ein sehr kollegiales Verhältnis<br />

zum Schnitzerdorf, helfen uns<br />

gegenseitig.“<br />

Im Herbst vergangenen Jahres<br />

gab es allerdings schlechte<br />

Nachrichten, <strong>den</strong>n der eigentliche<br />

<strong>für</strong> die Jubiläumspassion<br />

vorgesehene Spielleiter, Regisseur<br />

und Autor, Florian Werner, musste<br />

aus gesundheitlichen Grün<strong>den</strong><br />

absagen. Mit Manfred Dempf aus<br />

dem Ortsteil Bronnen wurde jedoch<br />

schnell Ersatz gefun<strong>den</strong>. Der<br />

freiberufliche Gesetzliche Betreuer<br />

führte 13 Jahre lang Regie bei der<br />

Buchloer Kolpingbühne und machte<br />

sich als Kabarettist einen Namen.<br />

Und wie es das Schicksal wollte,<br />

hatte er schon ein fertiges Passionsstück<br />

in seiner Schublade liegen,<br />

das nun in diesem Jahr Uraufführung<br />

feiert. „Für wen haltet<br />

ihr mich?“ lautet der Titel. „<strong>Das</strong><br />

Stück ist vor 17 Jahren entstan<strong>den</strong><br />

und ich habe es schon damals in<br />

Waal angeboten. Aber es war wohl<br />

die falsche Zeit und ich habe ehrlicherweise<br />

auch nicht mehr damit<br />

gerechnet, dass es hier jemals gespielt<br />

wer<strong>den</strong> würde. Umso glücklicher<br />

bin ich. Die Story an sich<br />

steht ja ohnehin fest, aber die Frage<br />

im Titel soll sich ganz bewusst<br />

auch an die Zuschauer richten, sie<br />

zum Nach<strong>den</strong>ken anregen im Sinne<br />

von: Was bedeutet Jesus heute<br />

noch?“<br />

Bei der jüngsten Aufführung im<br />

Jahr 2015 wurde noch die Version<br />

aus der Feder von Arthur Maximilian<br />

Müller aufgeführt – einer der<br />

wenigen Passionstexte, der teilweise<br />

in Mundart verfasst ist, um<br />

Standesunterschiede hörbar zu<br />

machen. Volk und Soldaten redeten<br />

darin schwäbisch, Pilatus und<br />

Hohepriester Hochdeutsch und in<br />

Versform, nur Jesus befleißigte sich<br />

der freien Rede. Manfred Dempf<br />

dagegen hatte bereits im Jahr 2006<br />

einen zeitgemäßen Text verfasst.<br />

Und bringt ihn nun auch als Regisseur<br />

auf die Bühne.<br />

Jesus zeigt mehr<br />

Emotionen<br />

Ob das funktioniert, kann Benedikt<br />

Hornung vielleicht am besten<br />

beurteilen, <strong>den</strong>n der 37-jährige<br />

Erlebnispädagoge und Outdoor-<br />

Guide spielt <strong>den</strong> Christus bereits<br />

zum zweiten Mal: „<strong>Das</strong> Publikum<br />

war bei <strong>den</strong> letzten Aufführungen<br />

doch manchmal irritiert, <strong>den</strong>n<br />

nicht jeder verstand die Mundart.<br />

<strong>Das</strong> neue Stück nimmt die Menschen<br />

mehr mit und spricht sie an.<br />

<strong>Das</strong> finde ich gut, auch wenn es<br />

<strong>für</strong> mich wesentlich mehr Text ist.“<br />

Wer<strong>den</strong> der Christus-Figur neue<br />

Facetten hinzugefügt? Der Darsteller<br />

antwortet vorsichtig: „Für mich<br />

ist es anders, weil mir der Regisseur<br />

weniger konkrete Handlungsanweisungen<br />

gibt. Jesus ist nun<br />

greifbarer gewor<strong>den</strong> und er zeigt<br />

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