Stadtstreicher 06-08.2023
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(c) Foto: shutterstock<br />
FAMILIE PLUS:<br />
KINDERER-<br />
ZIEHUNG IM<br />
AUFTRAG DES<br />
STAATES<br />
Text & Fotos: Sarah Hofmann<br />
Welche Arten von Pflegeelternschaft gibt es in<br />
Chemnitz? Für wen eignet sich ein solches Abenteuer?<br />
Und wie fühlt sich das eigentlich an, das<br />
Leben mit Kindern, die auch ihre leiblichen Eltern<br />
noch treffen? Wir fragten bei den Neuberts und<br />
der Caritas einmal genauer nach.<br />
Wer seine Schuhe abgestreift, Hund Hugo begrüßt<br />
und Esther Neuberts Haus betritt, blickt direkt auf<br />
ein Bild der Familie Neubert. Die beiden Eltern<br />
mit ihren Kindern, einige schon erwachsen, studieren,<br />
haben Partner*innen. Der Jüngste fehlt,<br />
war damals noch nicht Teil der Familie Neubert.<br />
Nicht alle ihre Kinder hat Esther Neubert selbst<br />
geboren, manche haben andere Nachnamen und<br />
andere leibliche Eltern, mit denen sie sich treffen,<br />
Kontakt haben. Dass sie alle zur Familie Neubert<br />
gehören, ist Esther Neubert schon über die Hälfte<br />
ihres Lebens lang klar.<br />
„Wir haben schon als junges Ehepaar in der Hochzeitsreise<br />
über den Kinderwunsch gesprochen,<br />
auch darüber, sowohl eigene als auch angenommene<br />
Kinder zu haben“, erzählt die heute 47-Jährige.<br />
Mit 24 Jahren bekam sie ihr erstes Kind – und<br />
nahm gleichzeitig ihr erstes Pluskind, wie sie Pflegekinder<br />
liebevoll nennt, in Pflege. Und warum?<br />
Esther Neubert schaut sich in ihrem Wohnzimmer<br />
um, gespickt mit Notenständern und den Zeugnissen<br />
eines lebhaften Familienlebens. Die Antwort<br />
fällt ihr leicht. „Wir sind Christen und sind nicht<br />
zum Selbstzweck da. Wir wollten aber nie eine<br />
Entweder-oder-Entscheidung treffen, wir wollten<br />
immer auch eigene Kinder“, sagt sie. Und so<br />
kam es. Die Familie Neubert hat fünf Kinder, zwei<br />
davon Pluskinder.<br />
„Manche Leute sind einfach Eltern“, weiß Angela<br />
Gomon aus langjähriger Erfahrung. Sie arbeitet,<br />
wie auch Esther Neubert, für die Caritas und versucht<br />
Öffentlichkeit für das Thema Pflegeelternschaft<br />
herzustellen. Sie hält Vorträge, kümmert sich<br />
um Info-Veranstaltungen und die Pressearbeit, berät<br />
Interessierte in den Räumen der Caritas an der<br />
Blankenauer Straße. Die Räume sind ausgestattet<br />
mit Spielzeug und Ecken, die Kindern verschiedener<br />
Altersgruppen Kurzweil bieten, während sich<br />
die Erwachsenen unterhalten. Kurz zum Verständnis:<br />
Die Vermittlung und Betreuung von Pflegekindern<br />
und Pflegeeltern, Eignungsprüfungen und<br />
regelmäßige Treffen, um zu Prüfen, ob es den Kindern<br />
gut geht und ob Erziehungsvereinbarungen<br />
eingehalten werden, sind Aufgaben des Jugendamtes<br />
– auch in Chemnitz. Öffentlichkeitsarbeit sowie<br />
ein Teil der Vermittlung, wurden in der Stadt allerdings<br />
an den Caritas-Verband ausgelagert, ebenso<br />
die Betreuung von Familienpatenschaften.<br />
Manche kurz, andere lang:<br />
nicht jedes Kind bleibt auf Dauer<br />
„Es gibt viele Möglichkeiten mit dem Ziel, die Erziehungsfähigkeit<br />
zu erhalten – idealerweise bleibt<br />
das Kind in seiner eigenen Familie“, sagt Angela<br />
Gomon. Für Familien mit Schwierigkeiten greifen<br />
verschiedene soziale Maßnahmen. Immer wieder