Stadtstreicher 06-08.2023
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WEITERMALENDE<br />
Den Lebenswegen von sechs Malerinnen<br />
und Malern durch die Mitte des<br />
20. Jahrhunderts wird in der Sammlung<br />
Gunzenhauser nachgegangen.<br />
Das Museum ist derzeit gut besucht,<br />
obwohl die aktuelle Ausstellung<br />
mit – für eine Kunstschau<br />
– außerordentlicher<br />
Informationsdichte glänzt und der Titel<br />
„Lebenswege“ eher banal klingt. Offenbar<br />
spricht sich aber herum, dass hier<br />
ein spannender Ansatz gefunden wurde,<br />
gleich mehrere Fragen zur Kunst<br />
und den „Künstler:innen zwischen<br />
den Systemen“ (so der Untertitel) auf<br />
einen Streich zu beantworten – und<br />
das anhand des eigenen Sammlungsbestandes.<br />
Es geht ans Eingemachte.<br />
Die „Systeme“ sind ihrer vier: die<br />
Weimarer Republik, das Dritte Reich,<br />
die DDR und die alte Bundesrepublik. Wittert jemand Skandalöses?<br />
Parallele Zickzack-Biografien mit gelegentlichen Berührungspunkten<br />
werden vorgestellt, beginnend mit der Loslösung der Malerei<br />
vom Expressionismus zu Beginn der Zwanziger Jahre und einer allgemeinen<br />
Hinwendung zum Realismus, was immer darunter zu verstehen<br />
ist. Soziales Engagement, Neue Sachlichkeit, Neoklassizismus<br />
oder ein rückwärtsgewandter Traditionsbezug mit Nähe zur Nazi-<br />
Propaganda, zum Sozialistischen Realismus, zur Indienstnahme im<br />
Kalten Krieg? Malen böse Menschen schlechte Bilder? Gelingt gute<br />
Kunst bei braunem Parteibuch? Schwierig. Wie weit individueller<br />
Geschmack von Ideologie überformt ist, lässt sich nicht pauschal beantworten.<br />
Dass modernistische (im Nazi-Sprachgebrauch: „entartete“)<br />
Kunst nicht unbedingt antifaschistisch sein muss, ist hinlänglich<br />
belegt. Man denke an den Fall Nolde. Gern wird im Nachhinein<br />
als „innere Emigration“ verklärt, was im Grunde nur ein Stillehalten<br />
der Füße war. (Lea Grundig aber „ging“ nach Palästina!) Unzufriedenheit<br />
bleibt übrig. Wenn statt des unsäglichen Spruchs, ob das Kunst<br />
ist oder ob‘s weg kann, die Frage nach guter oder schlechter Malerei<br />
gestellt wird, ist schon viel erreicht. Dazu braucht‘s freilich Erfahrung.<br />
Eigene. Mit Unterstützung vielleicht. Ich habe eine kluge<br />
Führung durch Beate Düber erlebt und möchte das weiterempfehlen<br />
Bis 2. Juli 2023 – Museum Gunzenhauser, Stollberger Straße 2