AUTOINSIDE Ausgabe 1 – Januar 2024
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
HANDEL & AFTERSALES<br />
IBM ist ein wichtiger Partner für die<br />
Automobilindustrie <strong>–</strong> in der Herstellung<br />
ebenso wie im Unterhalt. Foto: IBM<br />
womöglich bereits verortet werden. Oder es<br />
geht gar so weit, dass die vorhandenen Daten<br />
mit den Daten kombiniert werden, die direkt<br />
vom OEM über eine Plattform geteilt werden.<br />
Um die Vernetzung der Autos und das<br />
autonome Fahren voranzutreiben, wird es<br />
6G brauchen. Stimmt diese Behauptung?<br />
Ich sehe das nicht als das grösste Problem. Die<br />
grosse Herausforderung für die OEMs liegt<br />
derzeit im Interface nach aussen. Das heisst,<br />
dass es im Fahrzeug nicht genug Kapazität in<br />
den Schnittstellen gibt, um alle relevanten<br />
Daten zu sammeln und nach draussen zurückzuspielen.<br />
Autonomes Fahren ist ein Megatrend.<br />
Was aber sind die Herausforderungen,<br />
bis wir wirklich selbstfahrend unterwegs<br />
sein können?<br />
Autonomes Fahren hat einen engen Zusammenhang<br />
mit künstlicher Intelligenz. Wenn<br />
wir über autonome Fahrzeuge reden, dann<br />
müssen wir zum Beispiel auch über föderales<br />
Lernen, also Federated Learning, reden. Es<br />
wird ein Modell trainiert, das auf künst licher<br />
Intelligenz basiert. Danach reagiert das<br />
Fahrzeug aufgrund der Signale und Informationen,<br />
die über Sensoren aufgenommen<br />
Daniel Knödler,<br />
Direktor globaler Vertrieb Automotive IBM<br />
werden. Wie aber reagiert das Fahrzeug auf<br />
eine Situation, die nicht trainiert wurde? Die<br />
KI erkennt, dass es sich um etwas Neues handelt<br />
und versucht, darauf zu reagieren. Das<br />
System lernt, ob es eine gute Reaktion war<br />
und lernt dazu. Das Gelernte kann danach<br />
über intelligente Mechanismen so schnell<br />
wie möglich mit den anderen Fahrzeugen geteilt<br />
werden.<br />
Aber nachgefragt: Reicht dafür der<br />
Netzstandard 5G?<br />
Die grossen deutschen OEM wie auch andere<br />
Hersteller gehen davon aus, dass die Fahrzeuge<br />
noch mehr Sensoren brauchen, damit<br />
autonomes Fahren funktioniert. Es gibt<br />
einen OEM in den USA, der nur elektrische<br />
Fahrzeuge baut, der eine gegenteilige Philosophie<br />
verfolgt und davon ausgeht, dass insbesondere<br />
die Software verbessert, nicht die<br />
Anzahl Sensoren erhöht werden muss. Aber<br />
eben: Das Gros der Hersteller und Zulieferer,<br />
die auf diesem Feld tätig sind, sagt, die Autos<br />
«sehen» noch nicht genug.<br />
Mehr Sensoren bedeuten aber auch<br />
mehr Daten…<br />
Es ist natürlich so: Wenn jede Ampel, jedes<br />
Verkehrszeichen, jeder Mittelstreifen <strong>–</strong><br />
unterbrochen oder ausgezogen <strong>–</strong> in Zukunft<br />
ein Signal sendet, kommt es schon sehr<br />
schnell zu Szenarien, bei denen die heutigen<br />
Bandbreiten nicht mehr ausreichen werden.<br />
Und wenn die Autos noch alle miteinander<br />
kommunizieren sollen, dann braucht es voraussichtlich<br />
schon erhöhte Standards mit<br />
deutlich höheren Transportkapazitäten für<br />
die Daten.<br />
Die Kette ist nur so stark wie das<br />
schwächste Glied: Wo sehen Sie dieses in<br />
diesem Zusammenhang?<br />
Einige Zukunftsszenarien von autonomem<br />
Fahren basieren darauf, dass es eine ständige<br />
Verbindung zwischen einem Backend, anderen<br />
Fahrzeugen, Infrastruktur und dritten<br />
Parteien gibt. Man muss aber natürlich insbesondere<br />
auch für den Fall gerüstet sein, wenn<br />
diese Verbindung abbricht. Die Philosophie<br />
Stand heute ist, dass deshalb die gesamte Intelligenz<br />
im Fahrzeug stecken soll und das<br />
Fahrzeug aus den empfangenen Signalen die<br />
richtige Reaktion zeigt und nicht von aussen<br />
gesteuert wird.<br />
Wir haben darüber gesprochen, wie viel<br />
Software schon heute in einem Auto ist.<br />
Man könnte überspitzt von einem fahrenden<br />
Computer sprechen. Welche Auswirkungen<br />
sehen Sie dabei auf das Garagengeschäft?<br />
Die Software-Updates machen die Hersteller<br />
schon heute teilweise am Autohändler oder<br />
an den Werkstätten vorbei. Aber was mir<br />
beispielsweise aufgefallen ist, als ich meinen<br />
vorletzten Neuwagen in Empfang nahm: Niemand<br />
im Autohaus konnte mir erklären, wie<br />
die Head Unit im Detail funktioniert. Und<br />
als ich später Probleme hatte und der Bordcomputer<br />
ständig abstürzte, habe ich weder<br />
im Autohaus noch direkt beim Hersteller<br />
jemanden gefunden, der mir helfen konnte.<br />
Deshalb stellt sich mir die Frage, weshalb es<br />
keinen «IT-Support» für vernetzte und digitale<br />
Fahrzeuge gibt <strong>–</strong> so wie es zum Beispiel<br />
in Unternehmen einen Support für PCs oder<br />
andere technische Geräte gibt. So etwas liesse<br />
sich ja sehr gut aus der Ferne und grösseren<br />
Support Centers heraus erbringen.<br />
Im Auto bringt die Digitalisierung viele<br />
Vorteile <strong>–</strong> sei es im Entertainment-System<br />
oder auch bezüglich Sicherheit. Welche<br />
Nachteile sehen Sie?<br />
Software-Updates können zu einem Problem<br />
werden. Es wird Szenarien geben, dass<br />
eine Zulassungsbehörde in einem Land ein<br />
Update vorgibt und vorschreibt. Und wenn<br />
dieses nicht umgesetzt ist, müsste das Auto<br />
eigentlich stehen bleiben. So ist es heute<br />
schon in der Flugzeugindustrie. Was aber,<br />
wenn Sie mit dem Auto im Ausland sind<br />
und das Update wegen Datenschutz oder wegen<br />
Roaming nicht installiert werden kann?<br />
Wer ist in diesem Fall der Ansprechpartner?<br />
Bis man beim Hersteller jemanden erreicht,<br />
kann das länger dauern. Deshalb sehe ich<br />
hier durchaus Potenzial für Garagen, für den<br />
Kunden vor Ort einen guten Service bieten zu<br />
können. Eventuell auch in Zusammenarbeit<br />
mit anderen Betrieben.<br />
•<br />
Weitere Infos unter:<br />
ibm.ch<br />
<strong>AUTOINSIDE</strong> | <strong>Januar</strong> <strong>2024</strong> 49