AUTOINSIDE Ausgabe 1 – Januar 2024
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BILDUNGSSERIE <strong>2024</strong><br />
bil-Verkaufsberaterin und schloss als eine der<br />
Besten ihres Jahrgangs im letzten Sommer ab.<br />
«Mich hat das am Ende so ‹geflasht›, dieses<br />
Wissen, das man plötzlich hat.» Das sei ihr<br />
erst mit der Ausbildung so bewusst geworden.<br />
«Man tritt im Alltag sicherer auf, hat das<br />
technische Know-how und vertieftes Wissen<br />
etwa über das Versicherungs- und Leasingwesen.»<br />
Aus diesem Grund habe sie auch schon<br />
darüber nachgedacht, eines Tages die Ausbildung<br />
zur diplomierten Betriebswirtin anzuhängen.<br />
In der Verkaufsausbildung holte sie<br />
sich aber nicht nur Wissen ab, sondern es entstand<br />
auch eine Freundschaft mit Ana-Marija<br />
DAS SAGT DER EXPERTE<br />
Olivier Maeder,<br />
AGVS-Geschäftsleitung Bereich Bildung<br />
Wie handeln, wenn die Bewerbung eines<br />
Quereinsteigenden auf dem Tisch landet?<br />
Olivier Maeder gibt Antwort.<br />
Was soll ein Betrieb tun, wenn die Bewerbung<br />
eines Quereinsteigenden eintrifft?<br />
Olivier Maeder: Wir empfehlen, gut abzuwägen,<br />
welche Kompetenzen die Person mitbringt und<br />
welche im Betrieb vermittelt werden können. Zudem<br />
ist nach der Beurteilung der Bewerbungsunterlagen<br />
ein persönliches Gespräch unabdingbar,<br />
um die Motivation für den Branchenwechsel<br />
zu spüren und damit beide Seiten wissen, worauf<br />
sie sich einlassen. Letzteres ist zwar ein Zusatzaufwand,<br />
der sich jedoch durchaus lohnen kann,<br />
wenn dafür die Vakanz von einer motivierten<br />
Person besetzt werden kann.<br />
Was können Betriebe, die einen Quereinstieg<br />
ermöglichen, vom AGVS an Unterstützungsleistung<br />
erwarten?<br />
Für den Sales bieten wir das Basisseminar für<br />
Verkaufsberater:innen an, welches zehn Tage<br />
dauert und rege genutzt wird. Damit erhalten<br />
Personen, die neu im Automobil-Verkauf sind, das<br />
notwendige Rüstzeug, um genau dort Fuss zu fassen.<br />
Dieses Seminar hat eine hohe Akzeptanz bei den<br />
Garagen und findet in der Regel zweimal jährlich<br />
in der Deutschschweiz und ein- bis zweimal<br />
jährlich in der Romandie statt. Auch die Sektion<br />
im Tessin bietet ein vergleichbares Angebot auf<br />
Italienisch an.<br />
Sola, ebenfalls Quereinsteigerin, wenngleich<br />
ihr Weg von der Zahnseide zum Zahnrad<br />
etwas anders verlief. Gemeinsam haben sie<br />
manch eine Stunde mit Lernen zugebracht.<br />
«Ich habe mit 18 Jahren die Lehre zur Dentalassistentin<br />
abgeschlossen und bildete mich<br />
später zur Prophylaxeassistentin weiter. Ich<br />
schwärmte für diesen Beruf, aber ich verspürte<br />
das Bedürfnis, mich einer neuen Herausforderung<br />
zu stellen», so die 35-jährige<br />
Sola. «Ich wollte etwas Neues wagen», sagt sie<br />
und ergänzt lachend: «Vielleicht auch wegen<br />
meines Alters.» Eine Bekanntschaft führte<br />
Welche Qualitäten muss ein Quereinsteiger<br />
mitbringen? Einmal für den Verkaufsberater<br />
und einmal für Automobil-Mechatroniker?<br />
Im Sales stehen Kompetenzen rund um Kundenbetreuung<br />
und die Verkaufsberatung im Vordergrund.<br />
Entsprechende Berufserfahrung in einem oder in<br />
beiden Bereichen ist von Vorteil. Da Automobil-<br />
Mechatroniker:innen hingegen die höchste qualifizierte<br />
Grundbildung im Autogewerbe absolvieren,<br />
ist ein Quereinstieg, ohne die gesamte Grundbildung<br />
nachzuholen, nur über einen verwandten technischen<br />
Beruf möglich. Geeignet sind Landmaschinenmechaniker:innen<br />
oder auch Motorradmechaniker:innen,<br />
mit Einschränkungen auch Automatiker:innen oder<br />
weitere verwandte Berufe.<br />
Inwiefern sind Quereinstiege eine Möglichkeit<br />
gegen den Fachkräftemangel?<br />
Quereinsteigende zu rekrutieren, ist in der Tat<br />
eine sinnvolle Massnahme, um dem Arbeitskräftemangel<br />
entgegenzuwirken. In der Kundenbetreuung,<br />
im Verkauf und der Administration macht es<br />
durchaus Sinn, Personen mit den entsprechenden<br />
Kompetenzen trotz wenig Vorkenntnisse einzustellen,<br />
sofern die Person auch eine Affinität zum<br />
Auto und einer Garage mitbringt. Diesen Arbeitskräften<br />
muss logischerweise mehr Zeit eingeräumt<br />
werden, um sich das für die Tätigkeit notwendige<br />
Branchenwissen anzueignen.<br />
Kommt diese Art der Stellenbesetzung im Autogewerbe<br />
oft vor oder ist es ein neuer Trend?<br />
Im Verkauf kommt dies schon länger vor und im<br />
Kundendienst beziehungsweise in der Serviceberatung<br />
stellen wir ebenfalls eine zunehmende<br />
Tendenz fest. Beispielsweise rekrutieren Garagen<br />
vermehrt Arbeitskräfte aus der Hotellerie oder<br />
weiteren Branchen, die im direkten Kundenkontakt<br />
stehen und allenfalls eine neue Herausforderung<br />
in der Autobranche suchen. In der Werkstatt ist<br />
es ohne eine qualifizierte Branchenausbildung<br />
wie gesagt eine grössere Herausforderung.<br />
«Es braucht den Willen,<br />
rund drei Jahre zu<br />
investieren, um wirklich<br />
vollends in dieser Branche<br />
anzukommen, aber es<br />
lohnt sich.»<br />
Ana-Marija Sola, Verkaufsberaterin<br />
sie schliesslich mit der Geschäftsleitung der<br />
Garage Rütter in Mühlau AG, ihrem jetzigen<br />
Arbeitgeber, zusammen. Ein moderner Betrieb<br />
mit Tradition, welcher seit 1978 offizieller<br />
Ford-Vertreter und seit 2016 auch der kompetente<br />
Ansprechpartner für Subaru ist. Wie die<br />
Arbeitgeber von Reinle, spielte zur gleichen<br />
Zeit auch Inhaber Daniel Rütter mit dem Gedanken,<br />
sich Verstärkung ins Team zu holen.<br />
«Ich wusste selbst noch nicht, in welche Richtung<br />
es gehen soll. Eine Weiterbildung war für<br />
mich aber ein Muss. Wenn ich schon die Option<br />
erhalte, will ich es auch richtig angehen»,<br />
stellt Sola klar. Zuerst habe das AGVS-Basisseminar<br />
zur Verkaufsberaterin im Raum gestanden.<br />
Sie entschied sich aber für die vertiefte<br />
Weiterbildung mit eidgenössischem Fachausweis,<br />
genau wie Manuela Reinle. Rückblickend<br />
sagt sie: «Es braucht den Willen und den Ehrgeiz,<br />
genügend Zeit zu investieren, um wirklich<br />
vollends in dieser Branche anzukommen,<br />
aber es lohnt sich.»<br />
Eine grosse Unterstützung bei der Erarbeitung<br />
des Know-hows von der Zahnseide zum<br />
Zahnrad und vom Haaröl zum Schmieröl bekamen<br />
die beiden von Vital Hotz, dem Vorgesetzten<br />
von Manuela Reinle. «Das war unser<br />
Glück, ich denke, dass es für einen Quereinstieg<br />
jemanden braucht, der einem die Materie<br />
neben dem theoretischen Schulstoff erklärt <strong>–</strong><br />
oder auch mehrmals erklärt», sagt Reinle und<br />
lacht. Es brauche den Betrieb, der einem beim<br />
Shift in die Praxis helfe. «Vital Hotz konnte<br />
uns die Themen aufgrund seiner langjährigen<br />
Erfahrung viel logischer und näher erklären.»<br />
Sola stimmt dem zu: «Ich war anfangs in Sachen<br />
Produktekenntnis öfters am Anschlag,<br />
wir mussten in kürzester Zeit unser technisches<br />
Know-how aufbauen, obwohl es immer<br />
ein Wollen und nie ein Müssen war. Das<br />
Schwierige war der fehlende Einblick. Man<br />
lernt die Theorie, aber man weiss dann trotzdem<br />
nicht, wo sich welches Teilchen befindet<br />
und was es wirklich macht.» Auch bei ihr<br />
hätten sich der Arbeitgeber und die Arbeits-<br />
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<strong>Januar</strong> <strong>2024</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>