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AUTOINSIDE Ausgabe 1 – Januar 2024

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FOKUS ALTERNATIVE ANTRIEBE<br />

3. Ist das EU-Verbrennerverbot ein<br />

Weltrettungs-Alleingang?<br />

Jein. Richtig ist, dass Europa besonders streng<br />

ist und fossilem Benzin und Diesel besonders<br />

früh adieu sagen will. Richtig ist auch: Fast<br />

alle grossen Märkte <strong>–</strong> etwa China oder Indien<br />

oder erste Staaten der USA <strong>–</strong> planen Ähnliches<br />

wie die EU für 2035, wenn auch meist<br />

erst 2040 oder 2050. Übrigens ist das Verbrennerverbot<br />

kein Verbrennungsmotorenverbot:<br />

Verboten werden 2035 Neuwagenantriebe,<br />

die Abgas ausstossen. Hierzulande ist<br />

kein Verbot geplant; es kommt nur faktisch,<br />

da die Autos auch hierzulande EU-Regeln erfüllen<br />

müssen.<br />

4. Retten E-Fuels den Verbrennungsmotor?<br />

Möglich, aber keineswegs gesetzt. Was synthetischen<br />

Treibstoffen zugutekommt: Vorerst<br />

werden nur sie in der Lage sein, Flugzeuge<br />

und Schiffe klimafreundlicher zu befeuern.<br />

Sie könnten die ganze Verbrennerflotte sauber<br />

machen. Zudem herrscht dank der Ausnahme<br />

vom EU-Verbrennerverbot Planungssicherheit<br />

für Hersteller. Aber: E-Fuels werden mit<br />

CO 2 hergestellt, welches sie wieder abgeben;<br />

sie sind nicht CO 2 -frei, «nur» CO 2 -neutral.<br />

Noch ist die Menge winzig, der Preis hoch (geschätzt<br />

fünf Franken pro Liter). Wie stark E-<br />

Fuels kommen (sollen), werden Politik, Menge<br />

und Preis bestimmen. Wird es 2035 noch neue<br />

Verbrenner geben? Wohl ja <strong>–</strong> die Frage ist nur,<br />

wie viele. E-Fuels werden wohl erst auf breiter<br />

Front verfügbar sein, wenn bereits fast alle<br />

Autos elektrisch sind. Und auch dann werden<br />

diese Treibstoffe in erster Linie für die Luftund<br />

Schifffahrt benötigt werden. Möglich,<br />

dass der Verbrenner mit E-Fuels eine neue<br />

Nische <strong>–</strong> zum Beispiel bei Sportwagen <strong>–</strong> findet<br />

oder Diesel-Nutzfahrzeuge damit doch noch<br />

weiterleben.<br />

5. Wie steht es allgemein um<br />

Wasserstoff?<br />

Die Energiewirtschaft schwärmt vom Wasserstoff<br />

(H 2 ), weil er das Speicherproblem lösen<br />

könnte. Nur ein Beispiel: Eine 800 mal 800 Kilometer<br />

grosse Fotovoltaik-Anlage in der Sahara<br />

könnte den Weltenergiebedarf decken.<br />

Doch Energie will transportiert sein <strong>–</strong> als H 2<br />

ginge das; als Beimischung in bestehenden<br />

Erdgas-Leitungen oder in reiner Form. Aber<br />

H 2 hat Tücken: Die Infrastruktur für den<br />

Transport von reinem Wasserstoff in grösseren<br />

Mengen fehlt praktisch noch. Und die<br />

Erzeugung braucht ungeheuer Energie. Die<br />

stammt bislang erst zu kleinen Teilen aus erneuerbaren<br />

Quellen.<br />

6. Würde Wasserstoff im Auto eher<br />

verbrannt oder verstromt?<br />

Bei Strassenanwendungen wohl eher in der<br />

Brennstoffzelle verstromt. Zwar kann Wasserstoff<br />

im Verbrennungsmotor verfeuert werden.<br />

Direktverbrennen erfordert jedoch spezielle<br />

Beschichtungen und Dichtungen, weil<br />

H 2 quasi nicht schmiert und höchst flüchtig<br />

ist. Vor allem aber ist ein Brennstoffzellen- im<br />

Prinzip ein Elektroauto. Bei modularem Aufbau<br />

steckt darin anstelle eines sehr grossen<br />

Akkus die Brennstoffzelle, in welcher durch<br />

Wasserstoff und Sauerstoff chemisch Strom<br />

erzeugt wird <strong>–</strong> für Autohersteller wegen der<br />

Umstellung auf E-Antrieb wohl der gangbarere<br />

Weg. Eine kleinere Batterie reicht als Ergänzung,<br />

um die Spitzenleistung abzudecken.<br />

Aber: Die Brennstoffzelle ist so teuer wie ein<br />

Kleinwagen, und der «Umweg» über Wasserstoff<br />

vernichtet viel Energie. Der Wirkungsgrad<br />

reiner batterieelektrischer Autos liegt viel<br />

höher, was bei knapper Energie entscheidend<br />

sein kann. Für die Direktverbrennung von H 2<br />

spricht, dass die Qualitätsanforderungen und<br />

die Reinheit des H 2 weniger hoch sein müssen<br />

wie für die Brennstoffzelle.<br />

7. Aber Lastwagen setzen doch<br />

auf Wasserstoff. Warum nicht mehr<br />

Personenwagen?<br />

Mit Wasserstoff kommen Lastwagen auf Fernverkehrs-Reichweiten,<br />

die mit Batterien heute<br />

nur schwerlich zu erreichen sind. Wie es weitergeht,<br />

ist schwer abzuschätzen: Einerseits<br />

fahren immer mehr Hersteller auf H 2 ab, andererseits<br />

legen E-Laster an Reichweite nach<br />

und das Schnellladenetz wächst <strong>–</strong> Ausgang<br />

offen, wobei hier auch die Entwicklung der<br />

Infrastruktur (Beispiel Schweiz: derzeit 16<br />

Wasserstoff-Tankstellen) mitspielt. Denkbares<br />

Szenario: Vielleicht fährt 2035 ein guter<br />

Teil schwerer Nutzfahrzeuge mit H 2 , aber bei<br />

den Autos nur einige eher grosse Modelle.<br />

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<strong>Januar</strong> <strong>2024</strong> | <strong>AUTOINSIDE</strong>

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