Art Quarterly - Luxury can be Art

ART METIER
Warum das aber so ist, möchte ich Ihnen im folgenden
Abschnitt aufzeigen:
WAS MACHT EIN KÜNSTLER?
Betrachten Sie auf der vorherigen Seite das Bild
von Caravaggio. Halten Sie kurz inne und nehmen
Sie sich Zeit, es bewusst zu betrachten, dabei in sich
selbst hinein hörend. Was bewirkt das Bild in Ihnen?
Was sagt es Ihnen?
Und nun betrachten Sie bitte das Bild von Claude
Monet, gehen Sie genau gleich vor.
Wahrscheinlich werden Sie die Erfahrung gemacht
haben, dass das eine Bild, andere Gefühle, Gedanken,
Erinnerungen und möglicherweise andere innere
Bilder, sonstige Assoziationen und Regungen
in Ihnen ausgelöst hat als das andere.
DER KÜNSTLER
Lassen Sie uns nun untersuchen, worin die Arbeit
eines Künstlers besteht. Was ist der Inhalt eines
künstlerischen Werks? Was ist die Botschaft der
Kunst? Worüber „sprechen“ Künstler in ihren Bildern
und wie geht ein Künstler vor?
Künstler bringen in ihrer Arbeit etwas zum Ausdruck,
was mit dem Verstand allein nicht begreifbar ist; so
wie Sie es gerade möglicherweise erfahren haben.
Die Aufgabe des Künstlers ist es also, unter anderem
Gefühle, innere Bilder, Zustände, Erfahrungen,
Erlebnisse in sichtbare Bilder zu übersetzen
und diese den Menschen zu präsentieren, um sie
innerlich zu bewegen. Bilder erzählen Geschichten,
die das Leben schreibt und die jeder Mensch
auf die eine oder andere Art bestimmt kennt:
Dramen, Tragödien, Komödien. Geschichten von
Liebe und Hass, Sehnsucht, Schmerz und Leid,
Angst, Verlust, Tod, Trauer, Vergänglichkeit, Macht
und Ohnmacht, Opfer, Scham, Armut, Reichtum,
Sinn, Verzweiflung, Schuld und Sühne, Hochmut,
Demut, Einsamkeit, Melancholie, Freude, Krieg
und Frieden und vieles mehr. Künstler erreichen
das, indem sie den Inhalt ihrer Werke aus den
Schichten des Unbewussten beziehen. Dabei nutzen
sie ihre Kreativität, welche letztendlich auch
von dort kommt, gepaart mit der bewussten Entwicklung
ihres Handwerks, jahrelangen Beobachtungen
und Studien künstlerischer Techniken, um
ihre einzigartigen Kunstwerke hervorzubringen.
DER BETRACHTER
Wenden wir uns nun dem nächsten Standpunkt zu:
dem des Kunstbetrachters.
MARK ROTHKO, ohne Titel (Black on Grey) – Ausschnitt, 1970, Acryl auf Leinwand, Solomon
R. Guggenheim Museum, New York City
Indem Sie ein Bild betrachten, gehen Sie, ob bewusst
oder unbewusst, augenblicklich mit dem Bild
in einen inneren Dialog. Wenn man sich dem Bild
öffnet, fühlt man Gefühle und Gedanken aus dem
Inneren heraus aufsteigen. Dabei entscheidet der
Betrachter mit seiner Haltung, was er sehen möchte
und wie er das Bild bewertet. Inspiriert durch das
Bild kann es in diesem Reflexionsprozess vorkommen,
dass man eigene bisherige Sicht-, Denk- und
Handlungsweisen infrage zu stellen beginnt, was
weite Kreise ziehen kann. Das auch deshalb, weil
die Kunst wie eine Art Spiegel wirkt, in dem man
etwas in seinem Inneren erkennt, was einem selbst
bisher verborgen war.
Außerdem können Bilder auch trösten, Mut machen,
als abschreckendes Beispiel dienen, warnen,
friedlich stimmen, durch ihre Schönheit auf eine
Art Ordnung schaffen, beruhigen oder aufregen,
aber auf jeden Fall bewegen sie auf eine einzigartige
Weise das Innere des Menschen.
Der Besucher einer Ausstellung von Mark Rothko
berichtet: „Wie wirkt das Bild auf mich? Was genau
empfinde ich beim Betrachten? Ich schaue auf
zwei monochrom-Farben, sehe nur schwarz und
grau. Im ersten Moment wirkt es einfach, wie wenn
zwei Farbflächen auf die Leinwand gemalt wurden.
Je länger ich auf das Bild aber schaue, desto mehr
trete ich mit mir selbst in Resonanz. Ich empfinde
die Ganzheit, die Unfassbarkeit dieser Welt – des
Universums. Alles erscheint für mich, vereint klar
und begreifbar; das Wunder als Mensch auf dieser
Erde leben zu dürfen. Ich sehe Tag und Nacht, Hell
und Dunkel, Licht und Schatten, oben und unten.
Ein anderes Mal empfinde ich Leere, Einsamkeit,
begrenzt sein, Widerstand, Trostlosigkeit, Monotonie.
Das Bild wirft mich beim Betrachten auf mich
selbst zurück. Es ist fast wie mit einem Spiegel –
wer blickt mir im Spiegel entgegen?“
Vielleicht fragen Sie sich nun: „Wie kann ich selbst
mit Kunst ein glücklicheres Leben führen?“
EIN MÖGLICHER WEG ZUM GLÜCK
Neben Malkursen aller Art ladet die Maltherapie
ein, auf eine Art selbst zum Künstler und Betrachter
in einer Person zu werden: Zuerst wird gemalt
und dann das Bild betrachtet.
Als Maltherapeutin und Kreativtrainerin begleite
ich Menschen darin, Bilder zu malen, die aus
ihrem Inneren kommen, in Zusammenhang mit
dem Problem, das sie lösen möchten. Allein indem
der Klient malt, können Probleme in den tieferen
Schichten des Unbewussten gelöst werden. Zum
anderen findet durch das anschließende Gespräch
ein Reflexionsprozess statt. Bei diesem lernt der
Klient seine Bildsprache zu verstehen und seinem
gegenwärtigen Problem zuzuordnen. Dadurch findet
er selbst zu einer Lösung und trainiert damit
auch seine Kreativität.
Durch Malerei können Sie Stück für Stück Inhalte,
so wie talentierte Künstler, ins Bewusstsein bringen
und aus einer anderen Perspektive betrachten.
Nicht nur unangenehme, verdrängte Seiten verbergen
sich im Unbewussten, sondern auch Talente
und Fähigkeiten. Manchmal braucht es auch Mut
dazu, uns von unserer besten Seite zu zeigen. Kreativität
ist ein Geschenk, das jeder Mensch von Natur
aus in sich trägt. Nicht selten liegt dieser Schatz
als ungenutztes Potenzial in unserem Unbewussten
verborgen und wartet nur darauf, ans Tageslicht zu
kommen, um unser Leben zu erleichtern und zu
bereichern. Ihn zu heben kann wiederum Basis für
Glück sein.
In diesem Sinne: Kunst macht glücklich – den Macher
und den Betrachter! Erlauben Sie sich, zum Glücksschmied
zu werden, indem Sie mal den Pinsel in die
Hand nehmen und ein Bild aus Ihrem Inneren malen!
Seien Sie sich bewusst, Sie schürfen nach verborgenen
Schätzen, so wie ein Bergarbeiter die Bodenschätze aus
dem Inneren des Berges zutage fördert. In diesem Sinne:
Glück auf!
www.allmer.palden.com
WALTRAUD ALLMER-PALDEN, Maltherapeutin, Kreativtrainerin
und Lifecoach
74 AQ FRÜHJAHR/SOMMER 2021 www.art-quarterly.com
www.art-quarterly.com
FRÜHJAHR/SOMMER 2021 AQ 75