25.01.2024 Aufrufe

AUTOINSIDE Ausgabe 2 – Februar 2024

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

HANDEL & AFTERSALES<br />

Elektrifizierung:<br />

Investitionen lohnen sich<br />

Die Auswirkungen einer zunehmenden Elektrifizierung<br />

des Fahrzeugbestandes auf die<br />

freien Werkstätten, wie in diesem Fall auch<br />

auf die Markenhändler, sind vielfältig. Den<br />

grössten Effekt haben die im Vergleich zu verbrennungsmotorbetriebenen<br />

Fahrzeugen geringeren<br />

Wartungsumsätze. Diese setzen sich<br />

sowohl aus längeren Wartungsintervallen,<br />

kleineren Wartungsumfängen sowie einem<br />

geringeren Teilebedarf zusammen. Dazu fallen<br />

besonders ertragreiche Tätigkeiten wie<br />

beispielsweise der Ölwechsel weg. Diese wegfallenden<br />

Wartungsumsätze werden nicht<br />

durch neue Komponenten oder höhere Reifenabnutzung<br />

kompensiert. Die Studie rechnet<br />

mit einem rund 50 Prozent tieferen Wartungsumsatz.<br />

Hingegen verortet die Studie neue Geschäftsfelder<br />

im Umfeld des batterieelektrischen<br />

Fahrzeuges. Beispielhaft können die sogenannte<br />

State-of-Health-Bewertung der Traktionsbatterie<br />

oder die Installation von Ladelösungen<br />

angeführt werden. Zur Ausweitung<br />

des Leistungsangebots in Richtung Installationsservices<br />

bieten sich für kleinere Betriebe<br />

Kooperationen mit Elektroinstallateuren an.<br />

Der Investitionsbedarf <strong>–</strong> massgeblich ausgelöst<br />

durch spezielle Werkstattausrüstung, Quarantäneplatz<br />

für verunfallte Elektrofahrzeuge und<br />

Mitarbeiterqualifizierung <strong>–</strong> fordert die tendenziell<br />

kleineren, freien Betriebe in besonderem<br />

Masse. Die Studie hält jedoch fest, «dass der<br />

sich auf rund 10 000 Euro je Arbeitsplatz belaufende<br />

Investitionsbedarf in Schutzausrüstung,<br />

Spezialwerkzeug und Sicherheitsmaterial<br />

auch für kleinerer Betriebe als realisierbar<br />

einzustufen ist».<br />

Weniger Unfälle, dafür teurer<br />

Eine Chance sind die Fahrassistenzsysteme<br />

(ADAS), deren Verbauungsrate in den letzten<br />

Jahren kontinuierlich angestiegen ist <strong>–</strong> und<br />

die Tendenz ist weiter steigend. Im Jahr 2030<br />

werden rund 65 Prozent der Fahrzeuge des<br />

PW-Bestands über ADAS-Systeme der Stufen<br />

1 bis 3 verfügen. Der sich in dieser Folge ergebende<br />

jährliche Rückgang der Unfallhäufigkeiten<br />

lässt sich bei rund zwei Prozent einordnen<br />

<strong>–</strong> insbesondere dürfte die Nachfrage nach<br />

Bauteilen wie Karosserieelementen, Glas oder<br />

Schweinwerfer zurückgehen. Dieser Entwicklung<br />

stehen jedoch die Hochpreisigkeit der<br />

Fahrerassistenzsysteme gegenüber. Fahrzeuge<br />

aller Klassen verfügen mittlerweile über komplexe<br />

Systeme sowie kostenintensive Sensorik<br />

und Aktuatorik. Die durchschnittliche<br />

Schadensumme stieg von 2021 zu 2022 von<br />

1422 Euro auf 1899 Euro (+33 %!). Auch deswegen<br />

geht die Studie von einer Steigerung<br />

des Servicevolumens bis 2040 um 38 Prozent<br />

und des Stundenverrechnungssatzes um 101<br />

Prozent aus.<br />

Download der Studie<br />

Die Studie «Servicemarkt 2040: Perspektiven<br />

und Strategien für freie Werkstätten» ist auf<br />

Deutsch verfügbar.<br />

Hier geht es zum Download<br />

Allerdings gilt auch hier, dass die Werkstatt<br />

entsprechend ausgerüstet sein und über genügend<br />

Platz für die Kalibrierung verfügen muss.<br />

Die Unterschiede in den Anforderungen zwischen<br />

den einzelnen Marken können kleinere<br />

und freie Werkstätten vor finanzielle und<br />

personelle Herausforderungen stellen. Zwar<br />

schliesst die Entwicklung der Fahrzeuge hin<br />

zu hochkomplexen und geschlossenen Systemen<br />

die Reparatur durch Privatpersonen zunehmend<br />

aus. Allerdings erschwert die Notwendigkeit<br />

des Zugangs zu den relevanten<br />

Informationen und Daten, der für Diagnose,<br />

Wartung und Reparatur erforderlich ist, die<br />

Arbeit von freien Werkstätten. Der EU Data<br />

Act sollte in diesem Fall allerdings für Rechtssicherheit<br />

für freie Werkstätten sorgen.<br />

Dies gilt in grösserem Ausmass für die Fahrzeugkonnektivität<br />

und beispielsweise Software-Updates.<br />

Ein vernetztes Fahrzeug generiert<br />

heute pro Tag rund 600 GB Daten; Tesla<br />

liefert 400 bis 500 Updates pro Jahr. Insbesondere<br />

der freie Markt läuft an dieser Stelle<br />

Gefahr, durch einen nicht vollumfänglichen<br />

oder zeitlich versetzten Datenzugriff einen relevanten<br />

Wettbewerbsnachteil gegenüber den<br />

Automobilherstellern und deren Vertragspartnern<br />

zu erleiden.<br />

Weiterbildung tut gut<br />

Klar ist: Nur wer sich regelmässig weiterbildet,<br />

bleibt konkurrenzfähig. Und hier gilt für<br />

Deutschland wie für die Schweiz: «Die Ausbildungen<br />

in den Autoberufen sind attraktiv<br />

und gehören zu den beliebtesten.» Das sagt<br />

Lukas Block vom Fraunhofer-Institut. Für<br />

Franz Loogen ist das nur logisch: «So nah wie<br />

in einer Werkstatt ist man sonst kaum an der<br />

Entwicklung von neuen Technologien.» Deshalb<br />

fordert er die Garagisten auf: «Schicken<br />

Sie die Leute auf Fortbildung; das tut dem<br />

Betrieb und Ihnen gut!»<br />

Die Herausgeber und Autoren der Studie «Servicemarkt 2040» (v. l. n. r.): Lukas Block (Fraunhofer-Institut für<br />

Arbeitswirtschaft und Organisation), Benedikt Maier (Institut für Automobilwirtschaft IFA, Zukunftswerkstatt 4.0),<br />

Franz Loogen (E-Mobil BW), Michael Ziegler (Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe ZDK), Stefan Reindl<br />

(Institut für Automobilwirtschaft IFA). Foto: E-Mobile Baden-Württemberg<br />

Die Studie listet vier Strategieoptionen auf, um<br />

das freie Servicegeschäft abzusichern: organisches<br />

Wachstum, externes Wachstum, Wachstum<br />

anhand Spezialisierung und Marktaustritt.<br />

Die Autoren machen zu jedem der vier<br />

Felder konkrete Vorschläge, wie die Ziele umgesetzt<br />

werden können. Dank diesen Toolboxen<br />

können freie Werkstätten trotz begrenzter<br />

personeller und finanzieller Ressourcen einen<br />

individuellen und langfristig angelegten Strategieprozess<br />

anstossen. Denn, wie sagt Benedikt<br />

Maier, vom IFA: «Freie Werkstätten werden<br />

wichtiger.».<br />

•<br />

<strong>AUTOINSIDE</strong> | <strong>Februar</strong> <strong>2024</strong> 53

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!