MDV 2012: Lions tagen in Duisburg - Lions Club Garching Campus
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Kurzfassungen der Referate<br />
Chancen und Hemmnisse der Integration<br />
von Migranten (aus psychologischer Sicht)<br />
Referent: Prof. Haci-Halil Uslucan<br />
In den sozialwissenschaftlichen Diskursen um Migranten wird oft<br />
der Begriff der Parallelgesellschaft als e<strong>in</strong> Erklärungskonstrukt verwendet:<br />
Damit werden symbolisch migrantische Gegenwelten errichtet,<br />
die angeblich der Mehrheitsgesellschaft entgegenstehen. Bei diesen<br />
Konstrukten werden jedoch nicht selten lediglich zwischenmenschliche<br />
Unterschiede zu Unrecht kulturalisiert.<br />
Alternativ hierzu werden im Vortrag <strong>in</strong>teraktive Akkulturationsmodelle<br />
vorgestellt, die die unterschiedlichen Akkulturationsorientierungen<br />
von Migranten und E<strong>in</strong>heimischen aufe<strong>in</strong>ander beziehen<br />
und dadurch von e<strong>in</strong>er dynamischen Sichtweise ausgehen. Dabei<br />
wird verdeutlicht, dass gelungene Integration von Familien mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />
nicht nur von ihrem eigenen Verhalten, sondern<br />
zugleich auch von dom<strong>in</strong>anten Haltungen und <strong>in</strong>stitutionellen Vorgaben<br />
der Mehrheitsgesellschaft abhängt.<br />
Zuletzt werden Bed<strong>in</strong>gungen genannt, welche Chancen sich mit<br />
e<strong>in</strong>er gelungenen Integration für Zuwanderer, aber auch für E<strong>in</strong>heimische<br />
bieten.<br />
Situation der Migranten und ihrer K<strong>in</strong>d<br />
(aus soziologischer Sicht)<br />
Referent<strong>in</strong>: Prof. Anja Weiß<br />
Menschen, die im Laufe ihres Lebens Ländergrenzen überschreiten,<br />
wurden lange mit besonderem Misstrauen beobachtet, m<strong>in</strong>destens<br />
als „fremd“ und „exotisch“, oft auch als Problem angesehen. In<br />
den letzten Jahren hat sich hier e<strong>in</strong>iges getan. Zum Beispiel ermöglicht<br />
es der Mikrozensus – also die größte regelmäßige amtliche Erhebung<br />
der gesamten Wohnbevölkerung Deutschlands – Migranten<br />
sehr viel differenzierter zu beschreiben als bisher. Jetzt beschränkt<br />
sich der Blick nicht mehr nur auf Ausländer (also Menschen ohne<br />
deutschen Pass), sondern wir können das Fünftel der Bevölkerung<br />
genauer beschreiben, das entweder selbst gewandert ist oder bei<br />
dem m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Elternteil im Ausland geboren ist. Damit verschw<strong>in</strong>den<br />
die K<strong>in</strong>der aus b<strong>in</strong>ationalen Ehen oder die E<strong>in</strong>gebürgerten<br />
nicht mehr aus der Statistik und wir können sehen, dass sich Migration<br />
ganz unterschiedlich auf die Chancen der Nachgeborenen auswirkt.<br />
Unter den Menschen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund s<strong>in</strong>d 22 Prozent<br />
Deutsche, die <strong>in</strong> Deutschland geboren s<strong>in</strong>d. M<strong>in</strong>destens 43%<br />
s<strong>in</strong>d sogenannte Bildungs<strong>in</strong>länder, d.h. sie haben den größeren Teil<br />
ihrer Schullaufbahn <strong>in</strong> Deutschland absolviert. Unter allen Menschen<br />
mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund verfügt jeder Zehnte über e<strong>in</strong>en Hochschulabschluss<br />
und im Erwerbsalter hat fast e<strong>in</strong> Drittel e<strong>in</strong>e Hochschulzugangs-berechtigung.<br />
Der Vortrag gibt e<strong>in</strong>en Überblick über empirische Befunde zur<br />
Situation von Migranten und ihren K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> Deutschland. Zum<br />
e<strong>in</strong>en sollen Ressourcen hervorgehoben werden, die unter Menschen<br />
<strong>MDV</strong> – 60 JAHRE LIONS DEUTSCHLAND TITELTHEMA<br />
mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund häufiger anzutreffen s<strong>in</strong>d als unter Sesshaften.<br />
Das betrifft zum Beispiel Mehrsprachigkeit und den damit verbundenen<br />
Zugang zu verschiedenen Ländern, der sich nicht zuletzt<br />
<strong>in</strong> entsprechenden ökonomischen Aktivitäten niederschlägt. Typisch<br />
ist aber auch e<strong>in</strong>e hohe Aufstiegsorientierung, die K<strong>in</strong>der ermutigt, es<br />
zu „schaffen“, auch wenn ihren Eltern viele Wege versperrt blieben.<br />
Zum anderen sollen Hürden angesprochen werden, die Migranten<br />
und Migrant<strong>in</strong>nen auf ihrem Lebensweg belasten. Das beg<strong>in</strong>nt mit<br />
rechtlichen E<strong>in</strong>schränkungen, die e<strong>in</strong>en Teil der Migranten vom<br />
Arbeitsmarkt fernhalten und endet mit öffentlichen Diskursen, die<br />
von sehr e<strong>in</strong>seitigen Bildern dom<strong>in</strong>iert werden. H<strong>in</strong>zu kommt die relative<br />
Armut vieler Migranten. Sie kamen mit ger<strong>in</strong>gen Ressourcen <strong>in</strong>s<br />
Land und die Qualifikationen, über die sie verfügten, wurden entwertet.<br />
In wirtschaftlich guten Zeiten waren sie überdurchschnittlich oft<br />
erwerbstätig, aber heute s<strong>in</strong>d sie überdurchschnittlich oft von Armut<br />
betroffen – Armut, die auch den Aufstieg auch der K<strong>in</strong>der nachhaltig<br />
erschweren kann. Außerdem ist das Bildungswesen bis heute nicht<br />
gut auf K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>gestellt, die während der Schullaufbahn das Land<br />
wechseln. An vielen dieser Hürden können s<strong>in</strong>nvolle Aktivitäten des<br />
<strong>Lions</strong>clubs ansetzen. Der Vortrag schließt mit e<strong>in</strong>igen Vorschlägen für<br />
mögliche Aktivitäten.<br />
Vortrag: Öffnung für Vielfalt<br />
Referent<strong>in</strong>: Claudia Walther, Bertelsmann Stiftung<br />
Das Bild von „den Migranten“ <strong>in</strong> Deutschland ist häufig geprägt<br />
von Puzzleteilen, angefangen von „Integrationsunwilligkeit von Muslimen“<br />
bis h<strong>in</strong> zu „jugendlichen Schulabbrechern“. Aber wer s<strong>in</strong>d<br />
eigentlich „die“ Migranten? Anhand der Erkenntnisse der Milieustudie<br />
sowie weiterer wissenschaftlicher Erkenntnisse soll hier e<strong>in</strong>e Differenzierung<br />
verschiedener Bevölkerungsgruppen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />
vorgenommen werden.<br />
In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt werden die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen skizziert,<br />
die e<strong>in</strong>e Öffnung unserer Gesellschaft für Vielfalt für s<strong>in</strong>nvoll<br />
und notwendig ersche<strong>in</strong>en lassen.<br />
Lernen können wir dabei von Ländern wie Kanada, wo e<strong>in</strong>erseits<br />
die bereichernden Seiten von Vielfalt wertgeschätzt werden und<br />
andererseits gezielt die <strong>in</strong>terkulturelle Orientierung und Steuerung<br />
von allen gesellschaftlichen Bereichen erfolgreich angegangen wird.<br />
Welche Chancen dies bietet und was all dies für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terkulturelle<br />
Öffnung von Verbänden (z.B. <strong>Lions</strong>) und der verschiedenen gesellschaftlichen<br />
Bereiche bedeutet, soll schließlich herausgearbeitet werden.<br />
LION Mai <strong>2012</strong> 45