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2012 1. 2. 3. 5. 7. 9. 8. Wissenswerte Änderungen im neuen ... - Iurratio

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<strong>1.</strong> RECHTSGESCHÄFT<br />

§ 13 Abs. 2 GmbHG steht einer persönlichen Haft ung des Gesellschaft<br />

ers aufgrund einer selbstständigen Verpfl ichtung nach allgemeinen<br />

rechtlichen Grundsätzen nicht entgegen. 18 Jeder Gesellschafter<br />

kann die (Mit-)Haft ung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

durch Bürgschaft , Garantieversprechen, Schuldbeitritt oder dergleichen<br />

übernehmen. 19 Klausurrelevant ist in diesem Zusammenhang<br />

die Frage, ob bei einer Bürgschaft des Gesellschaft ers für eine Gesellschaft<br />

sschuld das Schrift formerfordernis des § 766 S. 1 BGB gemäß<br />

§ 350 HGB und die Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) nach § 349<br />

HGB ausgeschlossen sind. Dies setzt voraus, dass der Bürge Kaufmann<br />

und die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft ist. Zu bejahen<br />

ist dies, wenn sich <strong>im</strong> Konzern eine Mutterkapitalgesellschaft für ihre<br />

Tochter verbürgt. Die Muttergesellschaft ist Formkaufmann nach § 6<br />

Abs. 2 HGB, § 13 Abs. 1 GmbHG oder § 3 Abs. 1 AktG und die Bürgschaft<br />

gilt <strong>im</strong> Zweifel als Handelsgeschäft , §§ 343, 344 HGB. Ist der<br />

Gesellschaft er und/oder Geschäft sführer aber eine natürliche Person,<br />

so ist dieser in beiden Eigenschaft en nicht Kaufmann <strong>im</strong> Sinne des<br />

§ 1 HGB, sodass §§ 349, 350 HGB jedenfalls nicht direkt anwendbar<br />

sind. 20 Eine analoge Anwendung befürwortet Karsten Schmidt, falls<br />

es sich um die Bürgschaft eines geschäft sführenden (Allein-) Gesellschaft<br />

ers für die Schulden der eigenen Gesellschaft handelt. 21 Grund<br />

dafür sei, dass geschäft sführende Gesellschaft er in genau der Weise<br />

am Wirtschaft sleben teilnehmen wie sich der HGB-Gesetzgeber dies<br />

be<strong>im</strong> Kaufmann nach §§ 1 ff . HGB vorgestellt habe. 22<br />

<strong>2.</strong> RECHTSSCHEINHAFTUNG<br />

Eine persönliche Haft ung des Gesellschaft ers kann sich ebenso aus<br />

den Grundsätzen der Rechtsscheinhaft ung ergeben. Dies setzt voraus,<br />

dass ein handelnder Gesellschaft er gegenüber einem gutgläubigen<br />

Dritten in zurechenbarer Weise den Eindruck erweckt, er werde<br />

persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft einstehen. 23 Aus<br />

Gründen des Gläubigerschutzes ist eine Gesellschaft gemäß §§ 4, 35a<br />

GmbHG verpfl ichtet, unter dem Zusatz der Haft ungsbeschränkung<br />

<strong>im</strong> Geschäft sverkehr aufzutreten. Tritt eine Gesellschaft ohne den<br />

GmbH-Zusatz auf und erweckt dadurch den Anschein, es handele<br />

sich um eine Gesellschaft mit persönlicher Haft ung der Gesellschafter,<br />

können die Gesellschaft er auf Grund Rechtsscheintatbestandes<br />

haft bar gemacht werden. 24 Ebenso kann sich ein Alleingesellschaft er,<br />

der unter derselben Geschäft sadresse eine GmbH und ein Einzelunternehmen<br />

unter gleicher Firma, mit gleichem Briefk opf und Geschäft<br />

sgegenstand betreibt, der persönlichen Haft ung nicht mit dem<br />

Hinweis entziehen, er habe für die GmbH gehandelt, wenn für den<br />

Rechtsverkehr keine klare Zuordnungsmöglichkeit bestand. 25<br />

<strong>3.</strong> HAFTUNG AUS CULPA IN CONTRAHENDO<br />

Eine Eigenhaft ung des Vertreters und damit konkret des GmbH-<br />

Geschäft sführers oder der an den Vertragsverhandlungen beteiligten<br />

Gesellschaft er aus culpa in contrahendo (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2,<br />

311 Abs. 2, Abs. 3 BGB) kommt nur in zwei Fallgruppen in Betracht,<br />

18 Merkt, in: MünchKommGmbHG, 2010, § 13 Rn. 33<strong>1.</strong><br />

19 Emmerich, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl . 2006, § 13 Rn. 61 f.; Merkt, in: MünchKommGmbHG,<br />

2010, § 13 Rn. 33<strong>2.</strong><br />

20 K.Schmidt, in: MünchKommHGB, <strong>2.</strong> Aufl . 2009, § 350 Rn.10; Bitter, in: ZInsO 2010, 1561 (1562).<br />

21 K.Schmidt, in: MünchKommHGB, <strong>2.</strong> Aufl . 2009, § 349 Rn. <strong>5.</strong><br />

22 K.Schmidt, in: ZIP 1986, 1510 ff .; ders., in: MünchKommHGB, <strong>2.</strong> Aufl . 2009, § 350 Rn. 10; ablehnend<br />

aber BGHZ 165, 43 (43).<br />

23 Merkt, in: MünchKommGmbHG, 2010, § 13 Rn. 33<strong>5.</strong><br />

24 Michalski, in: Michalski, GmbHG, <strong>2.</strong> Aufl . 2010, § 13 Rn. 333; Merkt, in: MünchKommGmbHG,<br />

2010, § 13 Rn. 335; Scholz, in: Scholz/Emmerich, 10. Aufl . 2006, § 13 Rn. 6<strong>3.</strong><br />

25 Vgl. OLG Düsseldorf, ZMR 1972, 30<strong>7.</strong>; Merkt, in: MünchKommGmbHG, 2010, § 13 Rn. 33<strong>5.</strong><br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 1 / <strong>2012</strong><br />

nämlich der Sachwalterhaft ung und der Haft ung wegen Inanspruchnahme<br />

besonderen persönlichen Vertrauens. 26<br />

Bei der Sachwalterhaft ung geht es um Fälle, in denen der Gesellschaft<br />

er-Geschäft sführer bei Vertragsverhandlungen für die GmbH<br />

nicht über mangelnde Kreditwürdigkeit der Gesellschaft aufk lärt. 27<br />

Voraussetzung ist ein wirtschaft liches Eigeninteresse des beteiligten<br />

Gesellschaft ers. 28 Daran sind hohe Anforderungen zu stellen, um einen<br />

Wertungswiderspruch zu § 13 Abs. 2 GmbHG zu vermeiden. 29<br />

Unzureichend ist das allgemeine Interesse am Erfolg der Unternehmung<br />

30 oder eine maßgebliche Beteiligung 31 .<br />

Der in § 311 Abs. 3 S. 2 BGB genannte Fall einer Inanspruchnahme<br />

besonderen persönlichen Vertrauens setzt voraus, dass der Gesellschaft<br />

er-Geschäft sführer eine von ihm persönlich ausgehende Gewähr<br />

für die Seriosität und die Erfüllung des Geschäft s bietet oder<br />

den Eindruck vermittelt, er werde persönlich mit seiner Sachkunde<br />

die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäft s gewährleisten. 32 Der<br />

Gesellschaft er-Geschäft sführer muss „gleichsam <strong>im</strong> Umfeld einer<br />

Garantiezusage“ einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaff en<br />

und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss<br />

wesentlich beeinfl usst haben. 33<br />

4. AUSSENHAFTUNG NACH DELIKTSRECHT<br />

Titelthema<br />

Ein Gesellschaft er-Geschäft sführer kann sich durch eigenes Handeln<br />

nach §§ 823 ff . BGB gegenüber Gläubigern der GmbH schadensersatzpfl<br />

ichtig machen. Er haft et auch dann, wenn er in seiner<br />

Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter der GmbH gehandelt hat und<br />

die GmbH der Zurechnung wegen gemäß § 31 BGB neben ihm<br />

i. S. d. § 840 BGB haft et. 34<br />

Ein Gläubiger, der in der Insolvenz der GmbH mit seiner Forderung<br />

ausfällt, ist pr<strong>im</strong>är in seinem Vermögen geschädigt, sodass insbesondere<br />

§ 826 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, welche<br />

freilich mit den Tatbestandsmerkmalen der Sittenwidrigkeit und des<br />

Vorsatzes hohe Anforderungen stellt. 35 § 826 BGB ist erfüllt, wenn<br />

der Gesellschaft er-Geschäft sführer einen Vertragspartner vor Vertragsschluss<br />

über die Bereitschaft und Fähigkeit der GmbH zur Zahlung<br />

der bezogenen Waren oder Dienstleistungen getäuscht hat. 36<br />

Eine Pfl icht zur Off enbarung der wirtschaft lichen Lage der GmbH<br />

besteht nämlich dann, wenn die Durchführbarkeit des Vertrages bei<br />

Vorleistungspfl icht des Vertragspartners von vornherein schwerwiegend<br />

gefährdet ist oder zu erwarten ist, dass die Gesellschaft <strong>im</strong><br />

Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung zahlungsunfähig sein wird. 37<br />

Neben § 826 BGB greift in derartigen Fällen § 823 Abs. 2 BGB i. V. m.<br />

§ 263 Abs. 1 StGB, da der Geschäft sführer in der Regel vorsätzlich<br />

über die Fähigkeit und Bereitschaft der GmbH zur Erfüllung des<br />

Vertrags täuscht. 38 Denn die Eingehung jeder vertraglichen Verpfl<br />

ichtung enthält – sofern sich aus den Umständen nichts anderes<br />

ergibt – die stillschweigende Erklärung des Schuldners, dass er zur<br />

Vertragserfüllung willens und seiner Einschätzung nach bei Fälligkeit<br />

auch in der Lage sei. 39<br />

26 Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, <strong>2.</strong> Aufl . 2010, § 13 Rn. 334.<br />

27 Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, <strong>2.</strong> Aufl . 2010, § 13 Rn. 33<strong>5.</strong><br />

28 Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, <strong>2.</strong> Aufl . 2010, § 13 Rn. 33<strong>5.</strong><br />

29 Vgl. Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, <strong>2.</strong> Aufl . 2010, § 13 Rn. 33<strong>5.</strong><br />

30 BGH, NJW 1990, 389; BGH, NJW 1995, 1544.<br />

31 Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, <strong>2.</strong> Aufl . 2010, § 13 Rn. 33<strong>5.</strong><br />

32 Vgl. Kindl, in: Erman, BGB, 1<strong>3.</strong> Aufl . 2011, § 311 Rn. 48; Kindl, Gesellschaft srecht, 2011, § 26 Rn. 24.<br />

33 BGHZ 126, 181 (189); Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, <strong>2.</strong> Aufl . 2010, § 13 Rn. 336.<br />

34 Verse, in: Henssler/Strohn, Gesellschaft srecht, 2011, § 13 GmbHG Rn. 2<strong>7.</strong><br />

35 Bitter, in: ZInsO 2010, 1561 (1566).<br />

36 Bitter, in: ZInsO 2010, 1561 (1566).<br />

37 BGH, NJW-RR 1991, 1312; Bitter, in: ZInsO 2010, 1561 (1566).<br />

38 Bitter, in: ZInsO 2010, 1561 (1566).<br />

39 BGH, NJW-RR 1991, 131<strong>2.</strong><br />

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